Bottrop. Beim SSV Bottrop gehört zur Selbstverteidigung auch der soziale Faktor. Allerdings kann gerade nur online trainiert werden - und ohne Angreifer

Der Breitensport liegt brach, ganz besonders betroffen sind Sportarten und Trainingsaktivitäten, die den Körperkontakt zu anderen Menschen benötigen, oder die zu großen Teilen in Turnhallen stattfinden.

Gleich beides trifft auf alle Kontakt- und Kampfsportarten zu. Bis vor wenigen Wochen noch hofften die Mitglieder des SSV Bottrop auf eine Wiederaufnahme ihres Sports in diesem Frühling, die aktuelle Situation ist jedoch so, dass niemand eine Prognose wagt, wie es in den nächsten Wochen weiter gehen kann und soll.

SSV Bottrop hat ein Online-Trainingskonzept erarbeitet

Doch Not macht auch erfinderisch und setzt kreative Kräfte frei. So auch beim SSV Bottrop, bei dem Marco Alsen als Vorsitzender und Trainer gemeinsam mit den anderen Verantwortlichen des Vereins ein Online-Trainingskonzept für die Selbstverteidigung erarbeitet hat.

Selbstverteidigung online? Das klingt erst einmal seltsam, Marco Alsen erklärt: „Wir hatten bis November vergangenen Jahres gehofft, relativ zeitnah wieder unser Training aufnehmen zu können. Wir haben Übungen an die Sportler geschickt, die zu Hause durchgeführt werden können, viel kommuniziert.“

Auch der soziale Kontakt ist wichtig

Doch „dann war es so, dass sich die Situation zu Weihnachten zuspitzte, der Bedarf nach sportlicher Betätigung und Selbstverteidigungstraining bei unseren Vereinsmitgliedern immer größer wurde. Deshalb haben wir gehandelt und uns im Januar in einer Online-Konferenz beratschlagt, was zu tun sei“, so Alsen.

Der SVV Bottrop bietet in der Regel je zweimal wöchentlich Training für Erwachsene und Kinder an. Da alle Trainerinnen und Trainer des SVV berufstätig sind, war es nur begrenzt machbar, die Übungszeiten zu flexibilisieren. Also waren andere Wege gefragt.

Im Mittelpunkt der Ideenentwicklung stand dabei der Bedarf der Sportler, trotz der Pandemie die Gemeinschaft im Verein zu erleben.

„Das aktuelle Online-Trainingsangebot ist so konzipiert, dass Erwachsene und Kinder je zweimal wöchentlich trainieren können, dazu bietet der Verband einmal im Monat noch ein Online-Training für alle an. Unser Ziel war und ist es, dass die Trainingsgruppen weiter gemeinsam trainieren können, deshalb haben wir das Ganze über Zoom organisiert, da es damit möglich ist, viele Leute parallel zusammen auf einem Bildschirm zu haben und sich alle sehen und miteinander kommunizieren können.“

Es fehlen die Griffe, die Tritte und das Reagieren auf einen Angriff

Der Verein machte gute Erfahrungen. Alsen: „Das hat echt gut geklappt, vor allem freut mich, zu sehen, dass auch nach dem Training noch viel miteinander geredet und gelacht wird. Das ist ja beim echten Training auch so und ich halte es für sehr wichtig, den sozialen Kontakt zu haben. Es ist ja nicht nur ein: Ich gehe zum Training und danach fahre ich nach Hause, sondern viel mehr.“

Auch der SSV Bottrop hat feste Strukturen. Die Mitglieder sind untereinander befreundet, es gibt nicht nur ein sportliches, sondern auch ein soziales Miteinander.

Alsen erklärt weiter: „Klar fehlt aktuell der direkte Kontaktsport, also Griffe, Tritte, das Reagieren auf einen Angriff. Aber wir versuchen, das so gut es geht zu kompensieren. Das Adrenalin und die Atmosphäre eines echten Angriffs und die Reaktion darauf können wir aber leider nicht ansatzweise simulieren, das fehlt schon.“

Im Fokus steht die Beweglichkeit

Machbar sind dennoch verschiedene Trainingsschwerpunkte. „Im Fokus steht Beweglichkeit, das heißt Gymnastik, Dehnübungen, aber genauso geht es um technische Grundlagen, Übungen, die gewisse Automatismen verlangen“, sagt Alsen, der neben dem Sportlichen noch weitere Gründe dafür sieht, Selbstverteidigungstraining auch ohne Gegner durchzuführen.

„Es ist gerade im Moment sehr wichtig, unsere Sportler, die Kinder, die Jugendlichen, aber auch die Erwachsenen bei der Stange zu halten, ihnen eine Perspektive für die Zeit nach der Pandemie zu bieten. Unsere Sportler sollen die Gewissheit haben, dass wir jetzt für sie da sind und auch in Zukunft da sein werden“, sagt er.

Die Pandemie trifft den SSV Bottrop auch finanziell

Dennoch stellt sich die Frage, wie lange das so durchgezogen werden kann, und wo die Grenzen der Belastbarkeit für Trainerinnen, Trainer und auch für den Verein sind. Das ist ein Thema, das Alsen schon länger beschäftigt. Denn die Finanzen sind angespannt. Der SVV ist ein kleiner Verein, der nur selten Wettbewerbe ausrichtet. Die Einnahmen durch die Eintrittsgelder und den Verkauf von Speisen und Getränken fehlen somit.

„Wir finanzieren den Verein ausschließlich über die Mitgliedsbeiträge. Aufgrund der Situation haben wir die Beiträge für zwei Quartale nicht abgebucht, zwei Quartale mussten allerdings bezahlt werden, um laufende Kosten zu decken. Das größte Problem ist, dass durch die Pandemie derzeit keine neuen Mitglieder gewonnen werden können“, sagt Alsen.

Corona-Schnelltests sind ein Lichtblick

Und weiter: „Wir stagnieren also derzeit. Aber allen anderen geht es ja ähnlich und wir wissen, dass sich das bei Aufnahme des regulären Trainingsbetriebs nach und nach normalisieren wird. Trotzdem haben wir die Aufwendungen aktuell zu stemmen. Aber wir schaffen das.“

Den Optimismus hat der Trainer des SSV Bottrop also weiterhin nicht verloren. Für die Zukunft wünscht er sich erst einmal, „dass wir die Situation bewältigen. Und auf den Sport bezogen, freue ich mich, dass wir, wenn das Wetter passt, auch draußen trainieren können. Ganz wichtig sind in meinen Augen auch die Schnelltests. Die halte ich für einen Weg zurück zum regulären Trainingsbetrieb, wenn damit verantwortungsvoll umgegangen wird.“

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