Kirchhellen. Golfen konnten die Gründungsmitglieder noch nicht. Doch die Idee von einem Golfklub wurde zu einer Erfolgsgeschichte.
Nordwestlich von London in der Kathedrale von Gloucester gibt es ein fast 800 Jahre altes Glasfenster, das einen Golfer beim Schlag nach dem Ball zeigen soll. Die ersten Schilderungen des Sports gehen sogar ins 13. Jahrhundert zurück. Vergleichsweise bescheiden nimmt sich dagegen die noch junge Geschichte des GC Schwarze Heide Kirchhellen aus. Der Golfclub feiert am 21. Januar seinen 35. Jahrestag. Dieter Brauckmann gehörte zu den Gründungsmitgliedern, war der erste Präsident und erinnert sich noch lebhaft an die wilde Phase der Vereinsgründung. Der 83-Jährige schwärmt auch heute noch von „seinem“ Klub.
Herr Brauckmann, wie kam es, dass sie am 21. Januar 1986 zu den Personen gehörten, die den GC Schwarze Heide Kirchhellen im Gasthof Berger aus der Taufe hoben?
Brauckmann: Die Idee, einen Golfplatz zu bauen, gab es schon einige Jahre zuvor. Aber wirklich konkret wurde es erst ab 1984, als auch die Stadt Bottrop signalisierte, dem Vorhaben nicht mehr abgeneigt entgegen zu stehen. Vor dem Gründungstreffen im Januar 1986 hatte sich eine Gruppe von acht oder neun Mann formiert, die fest entschlossen war, das durchzuziehen. Wir haben uns wöchentlich getroffen, konnten Firmen, Unterstützer und am Ende auch die Bauern gewinnen, auf deren Land der Platz entstehen sollte. Es gab eine Interessensgemeinschaft, die vor allem Geld eingesammelt hat. Wir hatten also schon zwei Jahre Vorarbeit geleistet, als wir uns zur Gründung trafen. Eine Überraschung gab es an diesem Tag aber dennoch. Denn plötzlich gab es niemanden, der den Vereinsvorsitz übernehmen konnte. Ich hätte nicht gedacht, dass ich den Gasthof Berger als Präsident verlassen würde, aber so kam es dann tatsächlich.
Ein Golfplatz entsteht nicht über Nacht. Was waren die ersten Aufgaben des Vereins, wie haben Sie die Entstehung der Anlage an der Gahlener Straße erlebt?
Brauckmann: Das alles war gar nicht so einfach. Wir hatten zwar eine grobe Idee davon, wo wir den Platz bauen wollen, hatten aber noch nichts konkretisiert. Ich erinnere mich an einen Tag, an dem ich zur Jagd eingeladen war und mich Bauer Schulte-Pelkum plötzlich und ohne Umschweife fragte: Wollen Sie mein Land? Er war ein unglücklicher Bauer und hatte sich neue berufliche Ziele gesteckt. Wir sind schließlich ins Geschäft gekommen. In seiner Nachbarschaft konnten wir weitere Bauern für unser Vorhaben gewinnen. Mit Bauer Holtkamp liefen die Verhandlungen auf Plattdeutsch. Er starb, noch bevor der Pachtvertrag unterschrieben war, aber seine Frau teilte uns wenige Wochen später mit, ihr Mann habe auf dem Totenbett darauf bestanden: das Land bekommt der Brauckmann. Wir haben ihm viel zu verdanken und das dokumentiert auch heute noch das Holtkamps-Eck an den Spielbahnen 6, 7 und 8. In diesem Zusammenhang muss auch Bürgermeister Klaus Strehl genannt werden. Ohne ihn gäbe es den Klub wahrscheinlich nicht. Er hat uns unheimlich viele Türen geöffnet. Das war schon eine wilde Zeit. Man muss wissen, dass zu diesem Zeitpunkt noch niemand von uns Golf spielen konnte.
Sie waren also Präsident eines Golfclubs, ohne jemals zuvor einen Golfschläger in der Hand gehabt zu haben?
Damals war es gar nicht so einfach, diesem Sport nachzugehen: Bevor wir den Verein gründeten, war ich viele Jahre lang Mitglied in der Ruderriege des ETuF Essen. Interesse an Golf hatte ich und der Verein hatte auch eine Golfriege. Aber da kam man nicht so einfach rein. Und in der Umgebung gab es keine passenden Alternativen. Es ist also tatsächlich so, dass ich erst im eigenen Verein das Golfspielen erlernt habe.
Wie hat sich der Golfclub in den ersten Jahren entwickelt?
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Wir konnten den Mitgliedern anfangs nur eine Driving Range und einen provisorischen Sechs-Loch-Platz bieten. Das war eigentlich nur eine Wiese, auf der wir die sechs Grüns ausgemäht hatten. Und dennoch hatten wir schon zu Beginn einen riesigen Zulauf. 1988 haben wir unter der Leitung der Architekten Dr. Wolfgang Siegmann und Peter Drecker mit dem Bau der eigentlichen Golfanlage begonnen, die ersten neun Spielbahnen waren schnell fertig und 1993 war der Platz mit seinen 18 Bahnen komplett. Da hatten wir schon rund 500 Mitglieder.
Erinnern Sie sich noch an ihre erste offizielle Runde beim GC Schwarze Heide?
Das nicht, aber ich erinnere mich an den Tag, als ich zur offiziellen Einweihung des Platzes als Präsident den „Goldenen Ball“ schlagen musste. Um mich herum standen viele Menschen, von denen die meisten befürchteten, ich würde daneben hauen. Ich hatte bis dahin ja kaum einen Ball geschlagen. Aber ich habe mein 7er Holz mutig in die Hand genommen. Der Ball flog 100 Meter weit, alle waren erleichtert (Brauckmann lacht).
Wie haben Sie die ersten Jahre des Vereins erlebt?
Das war eine sehr intensive Zeit, aber wir hatten damals auch ein fantastisches Vorstandsteam. Alle haben sich mit ihren Stärken eingebracht. Es wurden Ideen entwickelt und gemeinsam umgesetzt. Da gab es ein großes Wir-Gefühl. Wenn man über diese Zeit spricht, muss man Heribert Protzek erwähnen. Er war der Schatzmeister des Klubs und hat dem Verein jede Minute gewidmet, die er neben seiner Arbeit erübrigen konnte. Er war praktisch Tag und Nach für den Golfklub da. Aber auch unter den Mitgliedern hat sich schnell ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Ich erinnere mich daran, dass wir ein riesiges Areal von groben Steinen befreien mussten, damit dort unsere Rasenmäher fahren konnten. Über 150 Mitglieder haben sich an dieser Aktion beteiligt. Viele brachten Essen und Trinken mit. Am Ende war es trotz der schweren Arbeit ein Freudentag für alle. Diese Momente machen das Vereinsleben aus, die Gemeinschaft ist das wichtigste.
35 Jahre sind eine lange Zeit. Der Golfsport ist in diesem Zeitraum zum Volkssport geworden. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Brauckmann: Ich war vom ersten Tag meiner Präsidentschaft an der Überzeugung, dass wir offen für alle sein müssen. Wir hatten damals in Bottrop die bundesweit höchste Dichte an Tennisvereinen. Und Tennis ist – wenn man das über das komplette Kalenderjahr betrachtet, teurer als Golf. Wenn du das ganze Jahr über Tennis spielst, musst du mehr Geld ausgeben. Golfen ist nicht elitär. Wir haben uns von Beginn auch um den Nachwuchs bemüht. Wir sind an die Schulen gegangen, hatten sogar eine AG, für die einige Kinder von weit her mit dem Rad zu uns gekommen sind. Ich persönlich finde es toll, dass heute immer mehr Menschen zum Golf finden, das ist ein faszinierender Sport.
Was genau macht diese Faszination aus?
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Ich bin jetzt 83 Jahre alt und der festen Überzeugung, dass die vergangenen 33 Jahre Golfsport dafür mitverantwortlich sind, dass ich mich heute fit und gesund fühle. Was mich am Golfen immer wieder begeistert hat, ist diese spezielle Mischung. Du benötigst Verstand und Kondition, der Golfer ist immer körperlich, aber auch geistig gefordert. Der Erfolg seines Spiels hängt von vielen kleinen Entscheidungen und einer Strategie ab. Oft bist du dein größter Gegner, das ist dann ein Kampf mit dem eigenen Kopf und den Nerven. Golfen verlangt dir viel Disziplin ab, du musst dich konzentrieren können. Das hört sich nach einer komplizierten Sache an. Aber es dauert nicht lange, um sich von dieser Faszination anstecken zu lassen. Als ich den ersten Ball in die Luft gebracht habe, war ich hin und weg. Das lässt einen auch nicht mehr los.
In den vergangenen 35 Jahren sind in Deutschland viele Golfplätze entstanden. Bundesweit gehören mittlerweile fast 650.000 Menschen einem Golfverein an. Dennoch kämpfen viele Klubs darum, ihre Mitgliederzahlen konstant zu halten und überlebensfähig zu bleiben. Wie sehen sie den Kirchhellener Verein aufgestellt?
Brauckmann: Ich bin der Meinung, dass der Verein wirklich sehr gut gerüstet ist. Der Klub hat es in den vergangenen Jahren nicht versäumt, auch junge Leute in den Vorstand zu holen. Das ist ein gutes Zeichen. Die Arbeit, die dort geleistet wird, ist für den Verein existenziell. Denn auch hier gilt Stillstand ist Rückschritt.
Momentan müssen auch die Golfer wegen der Corona-Pandemie auf ihr Hobby verzichten. Dennoch gehört der Golfsport zu den Profiteuren der Krisensituation. Viele Vereine verzeichneten in den vergangenen Monaten einen ungewöhnlichen Mitgliederzuwachs. Auch der GC Schwarze Heide. Wie erklären Sie sich das?
Brauckmann: Das ist ein Phänomen, das ich mir nicht erklären kann, über das ich mich aber sehr freue. Dass wir in Nordrhein-Westfalen aktuell nicht Golfen dürfen, kann ich trotz aller Argumente für die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht nachvollziehen. Dahinter verbergen sich auch viele Vorurteile. Wenn ich jetzt mit meiner Frau regelmäßig durch den Köllnischen Wald spaziere, begegne ich in der kurzen Zeit deutlich mehr Menschen. Und die kommen mir dabei auch deutlich näher, als das auf dem Golfplatz der Fall wäre. Eine Logik liegt also nicht dahinter, die Golfanlagen landesweit zu sperren.
Sie selbst spielen schon seit über 30 Jahren Golf. Gibt es da noch etwas, das sie unbedingt noch erreichen wollen?
Brauckmann: Nein, denn alle Ziele, die ich mir gesteckt hatte, habe ich erreicht. Ich war einmal Clubmeister, hatte ein einstelliges Handicap und ganz viele großartige Erlebnisse. Golf ist heute immer noch eine faszinierende Beschäftigung. Ich spiele so häufig und noch solange ich kann.
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