Bottrop. Can Ucar ist Fußballer, Trainer und Personal Football Coach. Die Corona-Pandemie stellt den Bottroper vor eine harte Prüfung.

Noch weiß niemand, ob und wann die laufende Fußball-Saison fortgesetzt werden kann. Fest steht aber, dass Can Ucar ab der neuen Saison eine neue Aufgabe übernimmt. Der Kicker des FC Bottrop beerbt Mevlüt Ata an der Seitenlinie. Die Zeit des Corona-Lockdowns nutzt der 29-jährige zur intensiven Vorbereitung.

Fußball von früh bis spät und das seit rund 25 Jahren. Can Ucar macht keinen Hehl aus seiner großen Leidenschaft. Auf der nach oben offenen Skala der Fußballverrücktheit erreicht er locker Champions League-Niveau. Und genau deshalb könnte man glauben, Ucar sei von der momentanen Lage besonders betroffen. Auf der einen Seite entspricht das auch der Wahrheit.

Ucar: Der Kühlschrank ist voll, mir geht es gut

Denn Ucar kann weder selbst spielen, noch kann er seine Jobs als U19-Trainer des FC Bottrop oder als selbständiger Personal Football-Coach ausüben. „Ich bin ganz offen: das nimmt mich schon sehr mit“, sagt Ucar und ergänzt: „mich bedrückt am meisten, dass niemand sagen kann, wie lange uns Corona noch beschäftigen wird. Finanziell werde ich die Lage meistern. Das ist klar. Der Kühlschrank ist voll, mir geht es gut.“

Auf der anderen Seite zieht Ucar auch bei Corona Parallelen zum Fußball. Er begreift die Pandemie als einen unbequemen und gefährlichen Gegner, der unbedingt zu besiegen ist. Ucar zeigt Corona motiviert die Stirn: „Ich kann zwar momentan nicht viel machen, aber hängen lasse ich deswegen nicht.“

Jeden zweiten Tag rauf zum Tetraeder

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Um körperlich fit zu bleiben, fährt Ucar jeden zweiten Tag an den Fuß der Halde Beckstraße, erklimmt dort die Stufen zum Tetraeder und spult kilometerlanges Lauftraining ab. In den eigenen vier Wänden komplettiert Krafttraining das persönliche Corona-Sportprogramm. Ucar: „Ich habe auf Youtube die Videos von Pamela Reif für mich entdeckt. In Summe sind das alles gute Alternativen, aber auf dem Platz zu stehen und Fußball zu spielen, ist doch schon eine ganze Ecke geiler.“

Beruflich durchläuft Ucar momentan eine Flaute. Seinen Job als (vermutlich) erster Personal Football Coach Deutschlands darf er wegen der hohen Corona-Infektionszahlen schon seit einigen Wochen nicht mehr ausüben. „Die Sportanlagen sind auch für mich geschlossen. Dafür kann ich Verständnis aufbringen“, sagt er, schickt aber gleich hinterher: „Das heißt aber nicht, dass ich den Kontakt zu meinen Schülern abreißen lasse. Die Kids werden von dieser Krise besonders in Mitleidenschaft gezogen. Ich erkundige mich telefonisch bei allen, wie sie mit der Lage zurechtkommen und versuche positiven Einfluss zu nehmen.“

Erfahrungen als Pädagoge helfen bei der Arbeit mit den Fußball-Schülern

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Ucar will seinen Schülern Wege aufzeigen, wie man auch diese schwere Phase durchsteht. Dabei kommt ihm die Erfahrung als Pädagoge entgegen: „Viele Kinder sind noch sehr unselbständig, sie wissen in der momentanen Situation nichts mit sich anzufangen, können sich selbst noch keine Lösungen erarbeiten. Dabei kann ich helfen.“

Ucar arbeitet aber auch an sich selbst. Die 288 Seiten, auf denen Schalkes Jungendtrainer-Legende Norbert Elgert unter dem Titel „Gib alles, nur nicht auf“ über Erfolgsstrategien schreibt, hat er gerade erst zugeklappt. Das nächste Buch liegt schon parat. „Zwei gegen Eins, starke Entscheider auf dem Platz“, lautet der Titel der neuesten Fachlektüre. „Ich lese momentan sehr viel. Die Bücher liefern unheimlich viele und wertvolle Anregungen.“

Ucar übernimmt zur neuen Saison die Trainerstelle beim FC Bottrop

Davon sollen später seine Schüler, aber auch die Bezirksliga-Mannschaft des FC Bottrop profitieren, die Ucar im Sommer hauptverantwortlich übernimmt. Dafür tritt Mevlüt Ata in die zweite Reihe. Der aktuelle Trainer des FCB schlüpft dann in die Rolle des Sportlichen Leiters. „Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe. Die Verantwortlichen im Verein bringen mir viel Vertrauen entgegen“, sagt Ucar.

Bammel, in die Fußstapfen einer gestandenen Fußballinstanz zu treten, hat der 29-Jährige nicht: „Mevlüt hat einen großen Namen in Bottrop, ich bin von seiner Art, eine Mannschaft zu führen, immer wieder beeindruckt. Aber er selbst war der größte Befürworter dieser Personalentscheidung. Und ich bin sehr froh, dass Mevlüt weiter ganz nah bei der Mannschaft bleibt. Ich werde auch weiterhin von seinem enormen Erfahrungsschatz profitieren, aber auch eigene Ideen und viel Energie mitbringen.“

Der Werdegang von Can Ucar

Mit fünf Jahren schloss sich Can Ucar der Jungendabteilung von Blau-Weiß Gelsenkirchen an, wechselte mit zehn Jahren zum VfB Kirchhellen. Über die Jugend des SV Schermbeck gelang ihm der Sprung in die U17-Bundesligamannschaft von RW Essen. Als Senior spielte er unter anderem für die Oberligisten SV Schermbeck, SuS Stadtlohn und SV Zweckel. Später schloss er sich dem Team von Dostlukspor Bottrop und schließlich dem FC Bottrop an.

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Mit sportlichem Ehrgeiz verfolgte Ucar bislang auch seine beruflichen Ziele. Der 29-Jährige studierte Sport und Deutsch auf Lehramt, arbeitete eine Zeit als Grundschullehrer. „Lehrer werden zu wollen, ist etwas ganz anderes als Lehrer sein zu wollen“, sagt Ucar über diese Phase seines Lebens. Er ließ die Schule hinter sich, schrieb ein Buch über Mobbing (Das Leben eines Schülers) und verwirklichte schließlich Ende 2019 den Traum von der eigenen Selbständigkeit. Seitdem ist Ucar Personal Football-Coach.

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