Bottrop. Der Coronavirus versetzt auch den Amateurfußball in den Krisenmodus. Bottrops Kicker setzen vorerst für einen Monat alle Spiele aus.

Nach Geisterspielen in der Bundesliga und den europäischen Pokalwettbewerben versetzt das grassierende Coronavirus jetzt auch den Amateurfußball in den Krisenmodus. Die Fußballverbände Niederrhein und Westfalen verkündeten am Freitag den sofortigen Meisterschafts-Stopp. Betroffen von dieser Entscheidung sind allein in Bottrop 15 Vereine und 178 Mannschaften.

Bottrops Fußballvereine sind auf zwei Verbände verteilt. Der VfB Kirchhellen, der VfL Grafenwald und der TSV Feldhausen zählen zum Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW), die zwölf weiteren Bottroper Klubs zum Fußballverband Niederrhein (FVN). Beide Verbände schlossen sich am Freitag einer gemeinsamen Linie aller 21 deutschen Landesverbände an und verkündeten den sofortigen Stopp des Spielbetriebs.

Verband räumt ein: Keine leichte Entscheidung

Der Fußballverband Niederrhein erklärte in einer Mitteilung: „In enger Abstimmung mit seinen 13 Fußballkreisen hat der Fußballverband Niederrhein (...) entschieden, den gesamten Spielbetrieb im Jugend- und Seniorenbereich mit sofortiger Wirkung einzustellen. Diese Regelung betrifft sämtliche Meisterschafts- und Pokalspiele und gilt bis zum Sonntag, 19. April.“

FVN-Präsident Peter Frymuth kommentierte: „In den vergangenen 48 Stunden hat sich die Anzahl der Vereine, die große Sorgen hatten und um Spielverlegungen baten, dramatisch erhöht. Daher wurde in einem Gespräch mit den Kreisen die Entscheidung getroffen. Es war keine leichte Entscheidung. (...) Es gilt die Sorgen der Vereine ernst zu nehmen, die Gesundheit aller steht im Vordergrund.“

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Ähnlich liest sich die Stellungnahme des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen. „Es ist uns bewusst, dass es eine drastische Maßnahme ist. Wir sahen aber im Sinne der Verantwortung für unsere Aktiven und Fans keine andere Möglichkeit“, erklärt FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski, „Nur gemeinsam können wir die Ausbreitung des Coronavirus eindämmen, dazu müssen auch der Fußball und die Leichtathletik beitragen. Wir hoffen im Sinne der Solidarität vor allem mit älteren und gesundheitlich vorbelasteten Menschen auf das Verständnis unserer Vereine.“ Mit Blick auf die weitere Entwicklung teilte der FLVW mit, die Zielsetzung eines sportlichen Saisonabschlusses bleibe von der Maßnahme unberührt. Man wolle ein entsprechendes Konzept entwickeln.

Saison-Stopp sorgt in den Vereinen für viele Fragezeichen

Auf dieses Konzept warten die Amateurfußballer mit großer Spannung. Denn der Saison-Stopp sorgt für viele Fragezeichen. Manfred Schnieders, Vizepräsident Amateurfußball im FLVW gibt sich mit Blick auf die Zukunft vorsichtig optimistisch: „Uns ist durchaus bewusst, wie viel organisatorischer Aufwand diese Entscheidung für unsere Kreise und Vereine bedeutet. Wir hoffen, dass wir nach der genannten Zeitspanne den Spielbetrieb wieder aufnehmen und die Saison zu ende führen können.“

Das sagen Bottrops Fußballer zum Meisterschafts-Stopp

Thilo Grollmann, Kapitän der Bezirksligamannschaft vom SV Fortuna Bottrop: Angesichts der Diskussion über Schulschließungen oder Ein- und Ausreiseverboten ist die Entscheidung vollkommen nachvollziehbar. In unseren Ligen verdient niemand sein Geld damit, wir gehen zum Training, weil wir es gern machen, weil Fußball unsere Leidenschaft ist. Ich glaube aber nicht, dass wir sechs, sieben Wochen gar nichts machen werden. Jetzt haben wir etwas Zeit, es zu besprechen, wie ein Training aussehen kann. Dabei kommt es auf die Eigenverantwortung der Spieler an, daran teilzunehmen, je nach persönlicher Situation. Aber wir sind Seniorenspieler, da erwarte ich diese Eigenverantwortung auch.

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Sascha Carl, Vorsitzender des SV Rhenania Bottrop: Wir haben auch den Trainingsbetrieb komplett eingestellt. Als Verein haben wir schließlich etwas vorzuleben. Man muss sich klarmachen: Wir haben im Blankenfeld einen Sieben-Tage-Betrieb, ab 16 Uhr bis in die späten Abendstunden, mit einer Unmenge von Spielerinnen und Spielern und zahlreichen Eltern, die auf die Anlage kommen. Wobei es natürlich für die Kinder sehr schade ist, dass sie sich nicht sehen können. Auch sollte man nicht aus den Augen verlieren, was durch die Aussetzung finanziell auf die Vereine zukommt - wenn bei uns zum Beispiel die Pacht für das Vereinsheim ausfällt, weil der Pächterin über Wochen die Einnahmen fehlen. Aus sportlicher Sicht ist es natürlich nicht schön, dass der Spielbetrieb ausfällt, wo viele unserer Mannschaft sehr erfolgreich sind. Aber die Gesundheit geht vor. Der Verband steht jedenfalls vor einer Mammutaufgabe, über die Fortführung und die Wertung dieser Saison zu entscheiden.

Uwe Dahl regt die Verschiebung der Europameisterschaft an

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Uwe Dahl, Vorsitzender Sparte Fußball: Keiner soll zu Schaden kommen, der Versuch, die Verbreitung des Virus einzudämmen, ist richtig. Und die Entscheidung von Vereinen mit großen Jugendabteilungen, auch den Trainingsbetrieb einzustellen, ist vollkommen verständlich. Die Frage ist natürlich: Wie geht es weiter? Ich denke, die Amateurverbände werden sich an der Bundesliga orientieren. Meiner Meinung nach sollte man darüber nachdenken, die EM zu verschieben. Dann könnte die Meisterschaft im Sommer zu Ende gespielt werden. Auch auf Funktionärsebene muss man überlegen, wie die Arbeit weitergeht - ob wir zum Beispiel unsere nächste Spartensitzung nicht verschieben sollten.

Sebastian Stempel, Trainer der Bezirksligamannschaft SV Fortuna: Sicherheit geht vor, keine Frage. Man soll die Lage ernstnehmen. Wenn man kleine Kinder zu Hause hat, sieht man das vielleicht noch einmal kritischer. Auch wenn ältere Menschen in der Familie leben. Was das Training angeht, muss der Vorstand entscheiden. Ich kann mir vorstellen, in Abstimmung mit meinem Co-Trainer und den Spielern, dass wir ein Training anbieten. Ein bisschen zusammen spielen, um auch einen Ausgleich zu schaffen, den jeder braucht. Ein paar Vorsichtsmaßnahmen müssen da sein. Jeder sollte sich selbst mit Wasser versorgen oder die üblichen Abklatschrituale vermeiden.

Hoffmann-Kovac: Wir müssen die Entscheidung jetzt annehmen

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Martin Kohlhaw, Jugendleiter VfB Kirchhellen: Seit zwei Tagen informieren wir unsere Trainer kontinuierlich über die Entwicklungen. Sie werden ja auch von den Eltern mit Fragen überhäuft, wie es weitergeht. Ich bin froh darüber, dass sich der Verband jetzt zu einer Aussetzung des Spielbetriebes durchgerungen hat, auch wenn ich es schade finde, dass man sich da nicht besser abspricht. Wir beim VfB haben beschlossen, auch den Trainingsbetrieb für Jugend, Senioren und Altsenioren bis Ende März einzustellen. Unsere Mannschaft hatte von sich aus gesagt, dass sie erst einmal nicht weitertrainieren wird. Ehrlich gesagt, ich habe mir gewünscht, dass die Pause kommt. So sehr ich den Fußball liebe und so gern ich auf den Platz gehe, muss der Sport jetzt mal ruhen können.

Mirsada Hoffmann-Kovac, Trainerin der Landesligamannschaft von Blau-Weiß Fuhlenbrock: Ich habe es gehofft, dass diese Entscheidung kommt. Die Menschlichkeit gebietet es. Ich hätte diese Entscheidung von vornherein getroffen. Ich fürchte, jetzt überrollt uns alles. Aber es gibt Leute, die sich über die Situation sogar lustig machen - ich hasse so ein Verhalten. Wir müssen diese Entscheidung jetzt annehmen. Es geht um alles. Jeder sollte sich zu Hause Gedanken machen, was er tun kann, um die Lage zu verbessern und unsere Alten und Kranken zu schützen. Ich habe gerade selbst eine angehende Grippe und da ist es selbstverständlich, dass ich nicht zum Training gehe, um niemanden zu gefährden.