Bottrop/Gelsenkirchen. Schalke gegen Dortmund: Vor dem Revierderby haben wir uns mit einem Polizisten unterhalten. Wir haben ihn auch gefragt: Haben Sie Angst?
Ganz Fußballdeutschland blickt am Samstag zusammen mit Fernsehzuschauern aus fast 200 Ländern auf das Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund. Kevin Nurkowski ist hautnah dabei, wird vom Spiel aber nichts mitbekommen. Der 28-jährige Tischtennisspieler des TSSV Bottrop ist Polizeikommissar. Und als solcher für die Sicherheit rund um die Schalke-Arena mitverantwortlich.
Ein Tor, ein böses Foul eine strittige Entscheidung des Schiedsrichters: Kevin Nurkowski wird vom Derby nur das Auf und Ab der Geräuschkulisse, das Pfeifen und Jubeln mitbekommen. Seine Augen hat der Bottroper auf Szenen abseits des Spielfeldes gerichtet. „Ich bin ja kein Zuschauer. Ich werde mir die Zusammenfassung später im Fernsehen anschauen“, tröstet sich Nurkowski, „aber während des Spiels bin ich Polizist.“
Vor, während und nach dem Spiel ist Kevin Nurkowski Teil der Hundertschaften der Polizei, die während des Derbys für die Sicherheit rund um das Stadion verantwortlich sind. Die Einsatzkräfte sichern die Wege ins Stadion, halten die rivalisierenden Fangruppen auseinander und greifen ein, wenn es zu Auseinandersetzungen kommt. Der Bottroper mag diese Sondereinsätze: „Das ganze Drumherum bei Bundesligaspielen ist schon fantastisch. Die Stimmung ist angeheizt. Das meine ich nicht im negativen Sinn. Diese große Emotionalität wird im normalen Leben ja sonst nicht ausgelebt, zumindest nicht so öffentlich.“
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Wegen der normalen Zuschauer, die ihre Mannschaft beherzt anfeuern und friedlich mitfiebern, ist Nurkowski beim Derby nicht auf Schalke, sondern für die wenigen, die das Derby als Bühne für ihre Aggressionen begreifen, die Stunk machen, Gewalt ausüben und sich daneben benehmen. Nurkowskis Sinne sind ganz auf die Chaoten gepolt.
Die Antenne des Polizisten
„Man muss immer schauen, wo sich die problematischen Gruppierungen aufhalten, wo sich die Stimmung aufschaukelt. Man entwickelt als Polizist ein Gefühl, man hat eine Antenne dafür“, sagt er. Ob er während seiner Einsätze beim Fußball schon mal Angst gespürt hat? Nurkowski lacht und erklärt: „Nein, Angst hat man keine. Man begegnet problematischen Situationen viel eher mit dem notwendigen Respekt. Wir sind gut ausgebildet, können uns zu 100 Prozent auf die Kollegen verlassen. Und wir sind niemals allein. Ich kann mir rund um ein Fußballstadion keine Situation vorstellen, der wir nicht gewachsen wären.“
Ein kleines Dankeschön
Für die Sicherheit eines Fußballspiels zu sorgen, ist zwar eine notwendige, aber nicht unbedingt dankbare Aufgabe. Profis wie Kevin Nurkowski sorgen dafür, dass die wenigen Chaoten nicht die Überhand gewinnen. Lohn sind kleine Aufmerksamkeiten der ganz normalen Zuschauer. „Wir werden häufig angesprochen. Viele bedanken sich für unseren Einsatz. Das tut gut“, sagt Nurkowski.
Ein leichter Job ist die Verantwortung für die Sicherheit von mehr als 50.000 Zuschauern aber nicht. „Die Einsätze sind lang, dauern über mehrere Stunden. Da kann es schon herausfordernd sein, den Fokus zu halten und aufmerksam zu bleiben“, erklärt Nurkowski. Zu tun gibt es genug. „Bei so vielen Menschen gibt es immer Chaoten“, sagt Nurkowski. Die Gruppe der gewaltbereiten Fans sei jedoch überschaubar, die Entwicklung in den letzten Jahren positiv. Aber: „Überflüssig werden unsere Einsätze so schnell nicht. Die Menschen, die Randale suchen, würden das sofort ausnutzen. Unsere Präsenz allein sorgt schon dafür, dass weniger passiert. Gruppierungen gewaltbereiter Fans testen immer wieder aus, was möglich ist.“
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Der Einsatz hunderter Polizeikräfte ist kostspielig. In einigen Bundesländern gibt es konkrete Bestrebungen, die Vereine an den Kosten zu beteiligen. Etwa in Bremen. Kevin Nurkowski hält wenig von dieser Idee: „Viele Vereine beteiligen sich schon an der Sicherheit rund ums Stadion. Etwa durch Präventionsarbeit. Es gibt Fanprojekte und intensiven Austausch zwischen den Vereinen und ihren Fangruppen. Das sind wertvolle Beiträge. Schuld an dem Verhalten der Chaoten sind die Vereine jedenfalls nicht.“
Klares Nein zu Pyrotechnik
Auch zu Pyrotechnik, Bengalos und Böller hat Nurkowski eine klare Meinung: „Ich bin auch Rettungshelfer und weiß wie viele giftige Stoffe durch Pyrotechnik freigesetzt werden, das sollte wirklich niemand einatmen. Auch die Böller sind gefährlich. Sie haben das Potenzial, das Gehör ernsthaft zu schädigen. Das alles muss doch nicht sein.“ Mit Blick auf die Atmosphäre in den Stadion ergänzt er: „Das hat die Bundesliga gar nicht nötig, darunter würde die Stimmung in keiner Weise leiden.“
Was er sich für das Revierderby wünscht: „Dass es friedlich bleibt, dass die Menschen das Fußballspiel genießen. Und dass wir unseren Job gut machen“, sagt Nurkowski.