Vonderort. Warum es beim SV Vonderort immer etwas auf die Gabel, ganz oft aber auch hinter die Löffel gibt: Die schwierige Lage eines Traditionsvereins.

In dieser Saison läuft es nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Verein Spieler abgeben musste, die zu ihren Blütezeiten einen Marktwert von einer Million Euro hatten und in der vergangenen Spielzeit 93 der insgesamt 127 Saisontore erzielten. Doch der SV Vonderort jammert nicht, auch wenn die Zeit des sportlichen Neuaufbaus keine leichte ist. Die Mannschaft von Trainer Peter Arndt steht nach acht Spieltagen mit nur einem Punkt im Tabellenkeller der Kreisliga C1 und muss am Sonntag beim Tabellendritten PSV Oberhausen antreten (13 Uhr).

Es ist Sonntag, kurz nach Fünf: Die Spieler des SV Vonderort kommen nach und nach ins Clubheim. Frisch geduscht. Das Team hat gerade gegen Spitzenreiter Hibernia Alstaden verloren. 2:4. Doch die Stimmung ist gut. Das gemeinsame Essen steht auf dem Programm. Die Vereinswirte Michael und Barbara haben gekocht, heute wird Rindergulasch mit Spätzle serviert. Den Kickern schmeckt’s.

Der kommende Sonntag gehört den Amateuren.
Der kommende Sonntag gehört den Amateuren. © funkegrafik nrw | Marc Büttner

„Wir machen das nach jedem Heimspiel, ganz gleich wie das Spiel ausgegangen ist“, sagt Markus Ochmann. Der Vorsitzende des Vereins ist stolz darauf, dass seine Vereinsfamilie zusammen anpackt und dieses für einen C-Ligisten eher ungewöhnliche Zeremoniell pflegt. „Was uns über Wasser hält, sind nicht die Siege auf dem Fußballplatz, sondern das Familiäre, der Zusammenhalt“, erklärt Ochmann.

Noch kein Sieg in dieser Saison

So gab es in dieser Saison zwar immer etwas auf die Gabel, meistens aber auch hinter die Löffel: Sieben der acht Spiele gingen verloren, dabei kassierte der SVV 44 Gegentore. Das 2:4 gegen Hibernia erscheint im Vergleich mit dem bisherigen Saisontiefpunkt – einer 0:15-Pleite gegen die Welheimer Löwen – fast schon wie ein Sieg. „Meine Spieler sind keine Ronaldos und das werden sie auch nicht mehr“, sagt Trainer Peter Arndt, „aber das sind gute Jungs, die sich im Training bemühen und während der Spiele alles geben.“

Der ausbleibende Erfolg nach drei Spielzeiten, in denen man um den Aufstieg in die Kreisliga B mitspielte, hat Gründe. Der SV Vonderort steckt mitten in einem sportlichen Neuaufbau. Nicht mehr dabei sind beispielsweise die ehemaligen Profis Stefan Lorenz und Dennis Brinkmann. Und dann wäre da noch der Verzicht auf Sven Laufhütte und Moris Schmitz. Beide schlossen sich zu Saisonbeginn anderen Vereinen an. Laufhütte hatte in der Vorsaison 59 Tore, Schmitz 23 erzielt. Das Gesicht der Mannschaft hat sich also deutlich verändert.

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Da, wo in der letzten Saison noch Spieler mit Bundesliga-Erfahrung und ausgeprägtem Torriecher am Ball waren, muss Trainer Peter Arndt nun mit Fußballern arbeiten, die zum Teil erst im Erwachsenenalter mit Deutschlands liebstem Sport angefangen haben. „Ich kann jetzt von niemandem Wunderdinge erwarten. In den Trainingseinheiten konzentrieren wir uns vor allem auf unsere Stärken. Natürlich arbeiten wir auch daran, unsere Fehler zu minimieren. Aber da müssen wir sehr geduldig sein“, gibt Arndt einen Einblick in seinen Trainingsalltag.

Vor elf Jahren noch Bezirksligist

Der SV Vonderort hat in seiner 70-jährigen Geschichte schon erfolgreichere Zeiten erlebt. In der Saison 2007/08 spielten die Blau-Weißen noch drei Klassen höher. An Bezirksliga-Fußball ist am Wienberg aktuell aber nicht mehr zu denken. „Vielleicht gelingt uns mal der Aufstieg in die Kreisliga B“, sagt Markus Ochmann etwas nüchtern. Die ambitionierten Träume des Vorsitzenden sind in den Amtsjahren zunehmend gebröckelt: „Es ist unheimlich schwer, etwas in Bewegung zu bringen. Überall lauern Widerstände“, sagt Ochmann. Was den SV Vonderort wohl am heftigsten getroffen hat, ist das gescheiterte Kunstrasenprojekt vor einigen Jahren.

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Kaum einer der 140 Vereinsmitglieder kann nachvollziehen, warum das Vorhaben damals scheitern musste. Fakt ist: Heute leiden alle unter den Nebenwirkungen. „Für den Stadtteil sind wir enorm wichtig, hier gibt es nur einen Kiosk und den Sportplatz. Die Platzanlage ist top in Schuss, aber die Spielfläche ist halt ein Ascheplatz“, sagt Vonderorts Geschäftsführer Christian Schröer und ergänzt mit Blick auf die Bemühungen Nachwuchs für die eigene Jugendabteilung zu rekrutieren: „Natürlich haben wir im Wettbewerb mit anderen Vereinen schlechte Karten. Die Jungs spielen lieber auf Rasen oder Kunstrasen. Vielen Eltern ist das auch lieber.“

Große Identifikation mit dem Stadtteil

Aufgeben kommt dennoch nicht in Frage. Aktuell spielen drei Jugendmannschaften am Wienberg, zwei E-Junioren- und ein D-Junioren-Team. Der Klub bemüht sich, weitere Mannschaften auf die Beine zu stellen. „Wir wollen eine Anlaufstelle für die Kinder in Vonderort bleiben und vermitteln, dass es bei uns genauso schön ist, wie in Vereinen, die einen Rasenplatz haben“, sagt Schröer. Punkten können die Verantwortlichen aber auch gegen die stärkste Konkurrenz. Ochmann erklärt: „Wir sind Vonderorter, wir leben diesen Stadtteil. Hier gibt es die Kirche, die Feuerwehr, die Grundschule, den Kindergarten. Und es gibt uns!“