Bottrop. . Die Schwimmerin aus Bottrop studiert seit einem Jahr in Ohio. Dort hat sie die Lust am Sport wieder gefunden und ist wieder gut in Form.
- Seit einem Jahr studiert die Bottroper Schwimmerin Kathrin Demler in Ohio
- Sie hat die Lust am Leistungssport dort wieder gefunden und kratzt an ihren Bestzeiten
- Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin gewann sie zuletzt zwei Medaillen
Die Momente sind selten geworden, in denen die Eltern von Kathrin Demler ihrer Tochter beim Schwimmen zuschauen können. Seit dem vergangenen Sommer besucht die 21-Jährige die Ohio-State-University. Ihr Lebensmittelpunkt liegt jenseits des Atlantiks. Den Sommer verbringt sie in ihrer Heimat – und hat den Besuch gleich mit einem Start bei den Deutschen Meisterschaften verknüpft.
Eigentlich wollte es Kathrin Demler in diesen Tagen etwas ruhiger angehen lassen. Die großen Wettkämpfe – mit dem Höhepunkt der nationalen Collegemeisterschaften, für die sie sich qualifiziert hatte – liegen hinter ihr. Die Ferien in Deutschland knüpfte ihr Trainer aber an eine Bedingung. „Ich sollte zumindest einen Wettkampf schwimmen“, sagt Demler. Da kamen die Deutschen Meisterschaften gerade recht.
Für die SG Essen steigt die gebürtige Bottroperin, die das Schwimmen bei der SVg 1924 lernte, schon seit einigen Jahren ins Becken – so auch am vergangenen Wochenende in Berlin. Vor den Augen ihrer Eltern fischte sie gleich zwei Medaillen aus dem Becken. Bronze über 400m-Lagen, Gold mit der Lagen-Staffel, in der sie über die Freistil-Distanz ins Becken ging. „Zwei Jahre bin ich nicht annähernd an meine Bestzeit gekommen. Und jetzt war ich, obwohl ich aus dem Training heraus geschwommen bin, nah dran“, sagt Demler. „Und ein deutscher Meistertitel ist ein deutscher Meistertitel“, fügt sie hinzu.
Die Leidenschaft wieder entdeckt
Dabei wollte sie eigentlich gar nicht in Deutschland schwimmen. Nach erfolgreichen Jahren, in denen sie unter anderem den Deutschen Meistertitel über 400m-Lagen gewann und an den Olympischen Jugendspielen teilnahm, folgte ein Tal. „Ich habe die Lust am Schwimmen verloren. In jedem Training auf die Uhr geschaut, wie lange es noch geht“, sagt Demler. Gleichzeitig wollte sie aber auch ihre Leidenschaft, in die sie über viele Jahre sehr viel investiert hat, nicht einfach so aufgeben. „Es war Zeit für einen Neustart.“
Den passenden Ort dafür hat sie in den USA gefunden. In Columbus, der Hauptstadt des Bundesstaates Ohio. Dort, wo im Sommer bis zu 40 Grad sind, der Winter mit bis zu -15 Grad aber ebenso erbarmungslos zuschlägt. „Es war mir wichtig an eine Uni zu gehen, die mich auch als Mensch haben wollte“, sagt Demler. Wenn sie erzählt, ist zu spüren, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Eingeschrieben ist sie im Fach Psychologie, hat aber noch bis ins dritte Studienjahr Zeit, sich für ein anderes Fach zu entscheiden.
Die Leistungen in der Uni sind dabei ebenso wichtig wie die im Becken. „Wenn ich einen bestimmten Notendurchschnitt nicht erreiche, darf ich nicht für das Uni-Team starten“, erzählt die Schwimmerin. Droht ein Student den Anschluss zu verlieren, stehen jederzeit Betreuer zur Seite und unterstützen, wo sie nur können. Um den Sportlern die besten Voraussetzungen zu bieten, wird der Stundenplan dem Trainingsplan angepasst.
Drei Einheiten stehen täglich an
Morgens von 6 bis 7.30 Uhr steigt Kathrin Demler zum ersten Mal ins Becken, die zweite Schwimmeinheit folgt zwischen 14 und 16 Uhr. Abends steht dann noch Krafttraining auf dem Programm. „So bleibt genügend Zeit zum Lernen“, sagt die Studentin.
Die gewünschte Klimaveränderung hat bei Kathrin Demler viel Positives bewirkt, obwohl es am Anfang nicht immer leicht war. Dass die Schwimmbecken in den USA in Yards und nicht in Meter gemessen werden, und die Distanzen andere sind als in Deutschland, fiel da wohl am wenigsten ins Gewicht. „Natürlich vermisse ich meine Familie und hatte auch die Sorge, den Kontakt zu meinen Freunden hier zu verlieren“, erzählt die 21-Jährige. Der sei aber nach wie vor vorhanden, die Zeit mit ihrer Familie genießt sie jetzt umso mehr.
Tokio 2020 ist im Hinterkopf
Auch, weil sie in den USA gut aufgenommen wurde. „Wir unternehmen auch außerhalb des Trainings viel mit dem Team. Es ist immer jemand da, der einem den Rücken frei hält“, sagt Demler. So will sie mindestens die nächsten drei Jahre in den Staaten verbringen. Bis 2020 hat sie ihren Aufenthalt zunächst geplant. Dann stehen auch die Olympischen Spiele in Tokio an. Ein Ziel? „Mal schauen. Ich mache mir keinen Druck“, sagt Demler. „Ich will einfach eine gute Zeit haben und eine andere Kultur kennenlernen. Den menschlichen Aspekt darf man nie vergessen.“
Das sie sportlich wieder auf dem Vormarsch ist, hat sie mit ihren Medaillen in Berlin unter Beweis gestellt. Auch mit der deutschen Spitze kann sie wieder mithalten. Bald geht es erst einmal in den Urlaub. Mit der Familie fliegt sie nach Spanien. Dort wird es für die Eltern bestimmt noch einmal die Möglichkeit geben, ihrer Tochter beim Schwimmen zuzusehen. Ohne das eine Stoppuhr mitläuft.
In einem Lauf mit Olympiasiegerin Katie Ledecky
Der Wettkampfkalender von Kathrin Demler ist gut gefüllt. In den USA stehen regelmäßig Wettkämpfe mit anderen Universitäten an, um sich mit der Konkurrenz zu messen. Dann werden andere Hochschulen eingeladen, die Schwimmer gehen über mehrere Distanzen ins Becken. „Da schwimmt man an einem Tag so viel, wie sonst in einer ganzen Woche“, sagt Kathrin Demler.
Ihre Uni gehört der Big10 Conference an, zu der 13 weitere Colleges zählen. Der erste Höhepunkt im Jahr ist das große Aufeinandertreffen dieser 14 Universitäten. Die besten Schwimmer schaffen die Qualifikation zu den NCAA-Championships, den nationalen College-Meisterschaften. Bereits in ihrem ersten Jahr, als sogenannter Freshman, schaffte Demler die Qualifikation für die NCAA-Finals und vertrat dort die Farben der Ohio State Buckeyes. Nur knapp verpasste sie den Sprung in den Endlauf. Im kommenden Jahr finden die Meisterschaften in Ohio statt. „Vor eigenem Publikum dabei zu sein, das wäre schon cool“, sagt Demler.
Welchen Stellenwert die College-Meisterschaften in den USA haben, zeigt die Tatsache, dass mit Katie Ledecky eine mit Olympiagold dekorierte Athletin für die Stanford-Universität am Start war. „Die ist verdammt groß, ein echtes Tier. Und schon sehr schnell“, erinnert sich Demler mit einem Augenzwinkern an ihr Duell mit der Weltrekordlerin.
Wenn in Ohio Football gespielt wird, strömen die Massen ins Stadion. Foto: KD 120 000 Zuschauer beim Football
Wenn Stars wie Ledecky ins Becken steigen, sind die Hallen voll. Dann kommen auch die Zuschauer, die mit dem Schwimmsport ansonsten nicht so viel anfangen können. Aber auch, wenn die ganz großen Stars nicht dabei sind, hat Demler die Erfahrung gemacht, dass Sportler in den USA einen hohen Stellenwert genießen. „Andere Studenten sind sehr interessiert, kommen dann auch mal zu einem Wettkampf und schauen zu“, sagt sie.
Die Studenten haben freien Eintritt wenn Basketballer, Schwimmer oder Eishockey-Cracks gegeneinander antreten. Nur die Footballspiele kosten Geld. „Da kommen dann 120 000 Zuschauer zu einem Spiel“, berichtet Kathrin Demler aus eigener Erfahrung.
Im August geht es zurück in die USA
Zum „Derby“ gegen die Uni aus Michigan war sie selbst im Stadion. Nach dem Spiel strömten die Zuschauer auf den Rasen, wie es in Deutschland nur bei einer Meisterfeier in der Bundesliga passiert. Die Studentin gerät ins Schwärmen, wenn sie vom amerikanischen Volkssport erzählt. „Man trifft sich schon vor dem Spiel, hängt etwas ab und dann geht es ins Stadion.“ Die Footballspieler sind an der Uni in Ohio kleine Stars. Auf dem Campus werden sie auch erkannt, wenn sie gerade nicht ihr Trikot tragen.
Ein Star ist Kathrin Demler auf dem Campus noch nicht, die Unterstützung bei Wettkämpfen und auch im Training ist aber so, wie sie es sich gewünscht hat. „Das Team steht immer hinter mir und ich komme mit den Trainern super klar“, sagt sie. Im August ist sie zurück in den Staaten, dann beginnt die Vorbereitung auf die neue Collegesaison. Mit dem Ziel, die NCAA-Finals im heimischen Becken zu erreichen. Kathrin Demler wird alles daran setzen, dann dabei zu sein.