Belgrad. Patrick Schneider ist einer der erfolgreichsten deutschen 400-Meter-Läufer. Dabei ist der Wattenscheider ein Leichtathletik-Spätstarter.

Als Patrick Schneider noch deutlich jünger war, zeichnete sich eine Tendenz ab. Der gebürtige Ansbacher legte bei einem Schulwettbewerb über 1000 Meter eine Fabelzeit hin. Niemand aus seiner Schule war zuvor schneller gewesen als er. Da hätte es klingeln müssen.

Tat es aber nicht, Schneider blieb zunächst dem Fußball treu. Dort, so erzählt der 29-Jährige, sei er zwar immer der schnellste gewesen. Dass er in der für ihn falschen Sportart steckte, wollte ihm trotzdem noch nicht einleuchten. Das kam erst später.

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Am Freitag, rund acht Jahre nach seinem Wechsel zur Leichtathletik, startet der 400-Meter-Läufer vom TV Wattenscheid 01 bei den Hallen-Weltmeisterschaften in Belgrad. Über die Vorläufe am Vormittag will er ins Halbfinale. Einen Schritt weiterzugehen „wäre schon geil“, erklärt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Kurz zuvor hatte er sein Training beendet.

Patrick Schneider bei der Hallen-WM: Respekt hat er, mehr aber nicht

Ganz bewusst war er dafür in die Wettkampf-Halle in der serbischen Hauptstadt gegangen. Dort tummelte sich bereits die Konkurrenz. Allesamt starke Sprinter, mit denen sich der Wattenscheider Starter messen will. Ein grummeliges Gefühl aber habe sich bei ihm nicht breit gemacht, berichtet er.

„Klar, ich habe Respekt. Aber wenn ich bei mir selbst bin, lasse ich mich nicht beirren.“ Patrick Schneider sagt das nicht einfach so daher. Bereitwillig erklärt er, was ihn in seiner Kindheit und Jugend stark gemacht hat. Und auch, wie er mit Rückschlägen in seiner Leichtathletik-Karriere umgegangen ist.

Bei der Deutschen Hallen-Meisterschaft in Leipzig wehrte Patrick Schneider einen Angriff von Marvin Schlegel auf den letzten Metern ab und sicherte sich Gold.
Bei der Deutschen Hallen-Meisterschaft in Leipzig wehrte Patrick Schneider einen Angriff von Marvin Schlegel auf den letzten Metern ab und sicherte sich Gold. © dpa | Martin Schutt

Wie etwa im vergangenen Jahr, als er zunächst einen Muskelfaserriss im hinteren Oberschenkel hatte und sich schließlich einen Teilanriss der Achillessehne zuzog. Trotz längerer Pause und verpasster Olympia-Qualifikation war er schnell wieder in Topform.

Schneider kann mit großen Herausforderungen umgehen

So große Herausforderungen nimmt er gern an. Seine Kindheit habe ihm den Umgang damit gelehrt. Im Alter von neun Jahren kam er zu Pflegeeltern, zog mit ihnen nach Bayern. Sein neues Zuhause war ein Reiterhof, nach der Schule musste Patrick Schneider Pferdeställe misten. Während seine Freundinnen und Freunde spielten. „Manche verzweifeln in so einer Situation und lassen sich gehen“, weiß er. „Ich habe dadurch wohl gelernt, besser mit Stress umzugehen.“

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Heute gehört der Stress zum Alltag. Patrick Schneider lebt in Frankfurt, arbeitet in Teilzeit bei einem Sportartikel-Hersteller, hat außerdem ein Fernstudium begonnen. Seine Freundin lebt in Nürnberg, außerdem nimmt das Training viel Zeit in Anspruch. Unterstützung bekommt er vom TV Wattenscheid, sein Ausrüster hat die Verbindung hergestellt. „Ich bin darüber sehr glücklich. Leichtathletik ist eben nicht Fußball. Jede Geldquelle ist für unseren Sport wichtig.“

Die Hallen-WM in Belgrad ist seine nächste Möglichkeit, sich zu zeigen. „Wenn ich die Gelassenheit mitnehme, kann ich eine neue Bestzeit laufen“, ist sich der 29-Jährige sicher.

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