Bochum. Der Bochumer Kanute Nico Pickert steht bei der U23-EM im Zweier-Canadier-Finale. Dabei stand er 2019 kurz davor, mit dem Kanusport aufzuhören.

Nico Pickert hat nicht zu viel versprochen. Bei den U23-Kanu-Europameisterschaften in Polen wollte der Bochumer Kanute zusammen mit Moritz Adam ins Finale des Zweier-Canadiers. Am Sonntag fahren die beiden jungen Deutschen im Finale nun um eine Medaille. Es ist Entwicklung, die bei Pickert so zwar zu erwarten war, die es aber so fast gar nicht hätte geben können. 2019 war er kurz davor, seine Kanu-Laufbahn zu beenden – und dann kam Corona.

„Da hatte ich zwei schlechte Saisons hinter mir“, sagte Pickert nun wenige Tage vor den Europameisterschaften. „Ich wollte lieber studieren, da ich mich sportlich kaum weiterentwickelt habe. Ich habe dann in Bochum angefangen zu studieren. Als Corona kam, habe ich wieder angefangen, intensiver zu trainieren.“

Was er im Stande ist zu leisten, zeigte Pickert zuletzt bei den Finals, den Finalrennen um die Deutschen Meisterschaften in Duisburg Anfang Juni Er sicherte sich über die 160 Meter den Titel.

100 Kilogramm und 1 Meter 90 Körperhöhe

„Über diese kurze Strecke hatte ich mit meinen 100 Kilogramm und 1 Metern 90 Vorteile“, sagte er. „Das war damit gemeint, als ich sagte, der größte und schwerste Athlet hat dieses Rennen gewonnen.“

Es war und ist ein weiter Weg bis zur nationalen Spitze. Es war und ist vor allem ein harter Weg dahin. Pickert aber will ihn weitergehen. Olympia in Paris 2024 ist sein großes Ziel. Die 500 Meter mit dem Zweier sind dann olympisch. Sich dafür zu qualifizieren, wird noch einmal deutlich schwerer, als sich den DM-Titel zu sichern.

In Deutschland gebe es im Kanu-Sport acht Männer, die auf einem sehr hohen Niveau fahren würden, sagt Pickert. Da sei es schwierig ganz nach vorne zu kommen. „Die Kraftausdauer ist das Problem. Ich fahre erst seit einem Jahr auf dem allerhöchsten Niveau. Kanu ist eine Arbeitersportart.“

Kanu ist eine Arbeitersportart

Am Ende werde der belohnt, der am meisten gearbeitet, also trainiert habe. „Für die letzten Sekunden zur Spitze braucht man Jahre. Ich sammele in den nächsten Jahren jetzt möglichst viele Kilometer und hoffe dann, mich für die Olympischen Spiele in Paris qualifizieren zu können.“

Es wäre auch eine große Auszeichnung für den Linden-Dahlhauser Kanu-Club. Das ist Pickerts Heimatverein. Für den startet er bei nationalen Wettkämpfen. „Der Verein bietet für Nachwuchssportler gutes Training an“, sagt er. „Aber wenn man mehr als 20 Stunden in der Woche trainiert, die Hälfte davon auf dem Wasser, kann man das besser an einem Bundesleistungs-Stützpunkt wie in Leipzig machen. Deswegen bin ich 2020 dorthin gewechselt.“

Geboren ist Pickert in Bochum-Stiepel. Angefangen mit dem Kanu-Sport hat er, als er zehn Jahre alt war. „Der Vater eines Bekannten hat mich mitgenommen. Vorher habe ich Fußball und Tennis gespielt.“

Mit 13 folgt der Wechsel auf ein Sportinternat

Die ersten Schritte mit dem Kanu seien ihm leicht gefallen. „Bis ich aber vernünftig mit dem Kanu geradeaus fahren konnte, hat es eine gewisse Zeit gedauert. Wenn die ersten Schritte gelingen, dauert es ungefähr zwei Jahre, bis man an Wettkämpfen teilnehmen kann.“

Bei denen war er dann immer erfolgreicher. Der Wechsel im Alter von 13 Jahren auf ein Sportinternat in Essen war der logische Schritt. Inzwischen hat er sich in der Deutschen Kanu-Spitze etabliert. Die Teilnahme an den U23-Europameisterschaften ist der vorläufige Höhepunkt. Auf den werden in diesem Jahr noch weitere folgen.

„Nach der EM in Polen starte ich in diesem Jahr noch bei einer Regatta in Italien, den Deutschen Meisterschaften in Hamburg und der U23-WM in Portugal. Wenn ich mich bei diesen Wettkämpfen gut schlage, kann ich danach voraussichtlich auch bei den offenen Weltmeisterschaften starten.“

Es wäre der nächste Schritt auf dem langen und arbeitsintensiven Weg nach Paris.