Wattenscheid. Norman Jakubowski ist Wattenscheid 09 treu geblieben, auch als die Situation des Vereins schwierig war. Nun führt er das Team als Kapitän an.

Ein Fünftel der Partien ist gespielt, vier von acht Spielen hat Fußball-Oberligist SG Wattenscheid 09 gewonnen. Im WAZ-Interview spricht Kapitän Norman Jakubowski (27) über die sportliche Zwischenbilanz, die Entwicklung der Mannschaft und die mentale Stärke der SG Wattenscheid 09.

Norman Jakubowski, ist Ihnen bei Wattenscheid 09 noch nicht langweilig?

(lacht) Nein, langweilig wird’s nicht, auch wenn derzeit nicht viel los ist. Zumindest nichts Negatives. Zum Glück!

Ihre Karriere weist aber eine Reihe Stationen auf, bei denen Sie von wirtschaftlichen Turbulenzen begleitet waren. KFC Uerdingen, TSV Marl-Hüls und zuletzt die SGW. Jetzt scheint es sehr ruhig zu sein.

Ja, ruhiger ist es auf jeden Fall. Trotzdem ist es immer noch total interessant, was in Wattenscheid passiert. Es ist ein großes Projekt mit einer jungen Mannschaft, die in der Entwicklung ist.

Wie groß war denn für Sie die Belastung, die mit unklaren finanziellen Rahmenbedingungen einherging

Mich hat es nie so belastet, auch wenn es manchmal nervig und störend war. Ich war finanziell nie so aufgestellt, dass ich am Existenzminimum gekratzt habe, wenn ein Verein nicht mehr zahlen konnte. Es gehört wohl zu meiner Laufbahn, dass ich damit groß geworden bin.

Christian Britscho hat Sie vor der Saison zum Kapitän ernannt. Was hat er Ihnen dafür mit auf den Weg gegeben?

Er sieht mich dem Amt entsprechend als Führungsspieler. Meine Aufgaben sind die Klassiker. Ich soll mit großem Willen vorangehen. Sicher passt zum Amt, dass ich durch mein Bleiben eine Identifikation mit dem Verein bewiesen habe.

Fühlen Sie sich gut in Ihrer Rolle?

Auf jeden Fall, ich bin sehr zufrieden und kann mich gut mit der Funktion identifizieren.

Der Fokus in Wattenscheid liegt endlich nur auf dem Fußball. Wie fällt da nach acht Saisonspielen Ihr Zwischenfazit aus?


Zunächst einmal: Ich bin froh, dass der Fokus auf dem Fußball liegen kann. Wir haben als Verein die Chance, etwas Neues entstehen zu lassen. Bisher ist das Fazit positiv. Es gehört dazu, dass man mal unglückliche Fehler macht und dann bestraft wird. Mit der Entwicklung und unserer bisherigen Ausbeute in der Liga bin ich absolut einverstanden.

Von vielen Seiten ist zu hören, dass die Mannschaft schon sehr weit ist, obwohl sie noch nicht so lange zusammenspielt. Woran liegt’s?

Wir haben eine Menge Qualität in der Mannschaft. Und es geht im Sport um Leistung. Wer gute Leistung bringt und auch Bock darauf hat, ist innerhalb des Teams gut angesehen. Von den Leuten, die bei uns spielen, hat jeder Bock. Demnach stimmt die Chemie.

Die Mannschaft wirkt auf dem Platz extrem selbstsicher und souverän. Woher kommt die mentale Stärke?


In der Vorbereitung haben wir uns zusammengesetzt und einfach mal locker geredet. Dann fiel der Satz: „Wir müssen zeigen, dass wir die Geilsten der Liga sind.“ Das probieren wir nach außen zu demonstrieren. Denn niemand muss sich verstecken, wenn er bei Wattenscheid 09 spielt. Im Gegenteil.

Ein krasser Gegensatz zur Vereinsführung, die beim Wiederaufbau sehr demütig vorgehen musste.

Ja, das habe ich hautnah mitbekommen. Das hat sich inzwischen zum Glück verändert. Jetzt gehen verstärkt Leute auf den Verein zu und wollen mitwirken. Es ist gut, dass sowohl der sportliche als auch der organisatorische und wirtschaftliche Bereich Selbstbewusstsein ausstrahlen.

In Wattenscheid setzt man seit dieser Saison auf eine Systemische Coachin und einen Mentaltrainer. Wie darf man sich diese Arbeit vorstellen?

Ich selber habe das im Mannschaftssport noch nie erlebt. Es ist vielfältig und auch ungewohnt. Wir haben mit den beiden zusätzliche Termine, bei denen wir reden, uns Gedanken machen – es ist etwas ganz Neues und daher sehr interessant.

Gibt es im Spiel Momente, in denen Sie gemerkt haben, dass diese Arbeit Früchte trägt?

Ich glaube, das kann man nicht an einzelnen Momenten festmachen. Ich bin ohnehin sehr dicht bei mir selbst und benötige selten Hilfe, um mich aus Löchern herauszuholen. Das bedeutet aber nicht, dass es bei anderen Spielern anders ist. Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich dafür sehr offen bin. Dass ich am letzten Spieltag nach langer Zeit mal wieder ein Tor geschossen habe, lag aber nicht zwingend daran.

Spüren Sie in dieser Saison großen sportlichen Druck?


Jeder Sportler hat an sich selbst eine Erwartung. Ich persönlich würde gern oben mitspielen, weiß aber, dass derzeit noch nicht machbar ist. Wir haben uns als Mannschaft das Ziel gesetzt, im gesicherten Mittelfeld zu landen. Das ist realistisch. Bisher liegen wir gut im Plan und empfinden es als großes Privileg, dass wir überhaupt wieder zocken können. Deshalb haben wir den Anspruch, dem Verein etwas zurückzugeben.

Angenommen, die SGW bliebe so stabil, das Team bliebe zusammen und entwickelte sich weiter. Was wäre möglich?

(lacht) Da war jetzt aber viel Konjunktiv bei. Ich glaube nicht, dass Wattenscheid den Anspruch hat, langfristig in der Oberliga zu bleiben. Klar: Um mehr zu erreichen, müssten wir uns extrem verbessern und auch verstärken. Aber es steht ein Grundgerüst, und damit ist viel möglich.