Wattenscheid. Die Fans der SG Wattenscheid 09 stehen dem Neuanfang positiv gegenüber. Das lässt sich gut an der Zahl der verkauften Dauerkarten festmachen.

Der Stellenwert des Vereins im Ruhrgebiets-Fußball ist den Verantwortlichen der SG Wattenscheid 09 bewusst. Der ehemalige Fußball-Bundesligist kämpft seit einigen Jahren gegen den schleichenden Niedergang der Abteilung, die 2019 einen bitteren Schritt gehen musste. Zuerst machten Nachrichten von ausstehenden Zahlungen die Runde, dann meldete der Verein die Insolvenz an. Gut drei Wochen nach Eröffnung des Verfahrens zog sich die SGW vom Spielbetrieb in der Regionalliga zurück. Ein bitteres Jahr für Verein und Stadt. Das ist die Vergangenheit. Das Kapitel ist – zum Glück – abgeschlossen.

Wie die Zukunft aussieht, lässt sich nur erahnen. Zu groß ist die Unsicherheit, die das sich immer noch ausbreitende Coronavirus verursacht. Doch ungeachtet der Frage, wann wieder Zuschauer in die Stadien dürfen, hat sich ein Teil der Wattenscheider Anhängerschaft bereits mit Dauerkarten versorgt. Über 215 waren es am vergangenen Wochenende.

Vorjahresergebnis verzehnfachen

Um diese im Vergleich zu den Branchen-Riesen kleine Dimension zu begreifen, langt ein Blick auf das vergangene Jahr. Da hatte die SGW lediglich 29 Saison-Tickets verkauft. „Wir könnten das Vorjahresergebnis verzehnfachen“, mutmaßt Vorstandsmitglied Christian Pozo y Tamayo.

Stefan Beermann, im Führungs-Gremium zuständig für Marketing und Vertrieb, gibt zu, dass ihn dieser Zulauf überrascht: „Wir haben im kleinen Kreis auf ein paar Zahlen gewettet“, sagt der 55-Jährige, „aber damit hätten wir nicht gerechnet. Die Leute sind wieder heiß auf Fußball. Ich finde, dass es ein große Vertrauensvorschuss ist, dass jetzt schon so viele Fans eine Dauerkarte haben.“

Besondere Rabatt-Aktion

Um den Verkauf der Abo-Tickets anzutreiben, hatte der Klub eine besondere Rabatt-Aktion gestartet und stets neue Ziele ausgegeben. In Anlehnung an das SG-Gründungsjahr 1909 enden diese Meilensteine selbstverständlich auf 9. Wird die nächste Marke – 299 Dauerkarten – erreicht, dann gibt es eine Belohnung.

Neu-Trainer Christian Britscho hatte die Idee, aus den Inhaberinnen und Inhabern zu losen: „Er oder sie wird ausgestattet, darf beim Auswärtsspiel hautnah mit dabei sein, mit in den Mannschaftsbus, sich bei der Ansprache unter die Mannschaft mischen und nach dem Spiel beim gemeinsamen Snack dabei sein.“ Für den leidgeprüften Klub, der sich vor der wann auch immer startenden Saison einer radikalen Umwandlung vollzogen hat, ist der Vertrauensbeweis der Fans ein ganz wichtiges Signal.

Der „Neue Wattenscheider Weg“

Denn der viel zitierte „Neue Wattenscheider Weg“ scheint der richtige zu sein. Marketing-Vorstand Beermann sieht daher ein weiteres Ziel: „Wir müssen es schaffen, eine Saison zu spielen, ohne dass Nachrichten über Zahlungsschwierigkeiten oder Ähnliches auftauchen.“ Das spiele insbesondere bei der Suche nach neuen Sponsoren eine Rolle - obschon dieser Prozess gerade pausieren muss.

„Viele Unternehmer haben ihre Mitarbeiter gerade in Kurzarbeit geschickt. Zu so einem Zeitpunkt kann und möchte kaum jemand darüber nachdenken, einen Fußballverein zu unterstützen“, sagt Beermann. Bevor das Coronavirus vieles lahmlegte, hatten er und sein Team aber ordentlich gearbeitet und die Basis der Geldgeber verstärkt. Der selbstständige Kommunikationsberater berichtet: „Es gab natürlich einige Vorbehalte, weil in der Vergangenheit zu viel passiert ist. Wir haben mögliche Sponsoren seriös und mit der entsprechenden Demut angesprochen. Ich glaube, das kam gut an.“