Bochum. Von 1999 bis 2001 spielte Matthias Lust beim VfL Bochum. Jetzt ist er zurück als Trainer des U19-Teams und Co-Trainer beim Zweitliga-Team.
Mitte Juni hat Matthias Lust als neuer Cheftrainer der U19 und Co-Trainer der Profis seinen Dienst beim VfL angetreten. Der Heilbronner hat von 1999 bis 2001 selbst das Bochumtrikot getragen und später in Unterhaching und Augsburg seine ersten Erfahrungen als Trainer gemacht. Nach vier Jahren bei Dynamos U19, mit der er in die Bundesliga aufstieg und zweimal den Sachsenpokal holte, ist der Fußballlehrer nun an alter Wirkungsstätte zurück. Im Interview mit WAZ-Mitarbeiter Felix Kannengießer verrät der 49-Jährige, was ihn dazu bewogen hat.
Wieso entstand nach vier Jahren in Dresden der Wunsch nach Veränderung? Die vier Jahre in Dresden waren eine unheimlich intensive Zeit. Im Trainingslager im Winter haben die Gespräche über eine Verlängerung stattgefunden, aber irgendwie sind wir nicht richtig zusammengekommen. Da sind bei mir die Antennen ausgefahren, und ich habe mich nach einem Plan B umgeschaut. Der Kontakt zum VfL ist über Sebastian Schindzielorz zustande gekommen – ihn kenne ich noch aus meiner aktiven Zeit beim VfL. Wir haben uns im April erstmals getroffen, dann ist alles recht schnell gegangen, über die Ostertage sind wir uns einig geworden.
Sind Sie mit den ehemaligen VfL-Mitspielern immer in Kontakt geblieben? Ich habe den VfL immer weiter verfolgt, hatte aber relativ wenig Kontakt. Über Thomas Stickroth und Thomas Ernst habe ich mich ab und zu informiert. Und Sebastian Schindzielorz habe ich zum Beispiel bei den Heimspielen von Dresden gegen Bochum getroffen.
Wie blicken Sie auf die Zeit in Dresden zurück? Dresden ist buchstäblich ein dynamischer Verein. Mit Uwe Neuhaus war da ein toller Trainer am Werk und im Stadion herrscht immer eine unglaubliche Stimmung. Einige hatten mich vorher vor Dresden gewarnt, vor allem vor der Dynamik, die im Umfeld herrscht. Das habe ich lange nicht so erlebt. Erst im letzten Jahr, wo es gegen den Abstieg ging, habe ich die ganze Wucht des Vereins kennengelernt. Insgesamt habe ich in den vier Jahren viele Dinge mitgenommen. Was mir immer in Erinnerung bleiben wird, ist die größte Fan-Flagge Europas, die 2015 gegen Magdeburg enthüllt wurde. Wenn ich daran denke, bekomme ich heute noch Gänsehaut.
Wie erleben Sie den VfL nach ihrer Wiederkehr? Von der Infrastruktur hat sich vieles verändert. Allein das Nachwuchsleistungszentrum und das Stadioncenter, aber auch beim Personal. Früher bestand die Geschäftsstelle gefühlt aus fünf, sechs Mitarbeitern, heute ist das ganz anders. Wenn ich den VfL jetzt erlebe, dann sind das Quantensprünge im Vergleich zu früher.
Ein Stürmer fehlt noch
Aktuell ist der U19-Kader des VfL inklusive der vier Jungprofis 25 Mann groß. „Ein Offensivspieler soll noch dazukommen“, sagt Lust.
Durch die Einbindung beim Profitraining hat er momentan einen vollen Terminkalender. „Ich kenne das aber aus Dresden, das ist kein Problem, auch wenn es in der Vorbereitung sicher ein Tick schärfer ist. Es hat sich schon gut eingespielt.“
Fühlen Sie sich in Bochum denn schon wieder heimisch? Ich wurde super gut aufgenommen, aber das dauert noch ein bisschen. Ich kann auf jeden Fall sagen: Es fühlt sich hier alles nicht fremd an. Es ist ein gutes Gefühl, in Bochum zu sein. Ich habe jetzt gerade meine Wohnung bezogen. Meine Frau bleibt in München, das war auch schon in Dresden so.
Was für Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit beim VfL? Ich habe 1999 in Bochum unterschrieben, weil ich in der Bundesliga spielen wollte. Dann ist ausgerechnet der VfL abgestiegen und mein damaliger Verein, die SpVgg Unterhaching, aufgestiegen. Aber ich wollte unbedingt hier hin, und wir sind dann ja auch sofort wieder aufgestiegen. Zu Beginn hatte ich in Bochum eine erfolgreiche Zeit, war unter Trainer Ernst Middendorp sogar Kapitän. Dann war ich lange verletzt oder krank. Diese Zeit war eher eine Achterbahnfahrt für mich.
Wieso ist die Bindung zum Verein bestehen geblieben? Weil der VfL einfach ein geiler Verein ist! Ich fand auch das Ruhrstadion als richtiges Fußballstadion schon immer toll. Und Grönemeyers Bochum-Song habe ich in meiner Jugendzeit immer gerne gehört.
Haben Sie bei der Kaderplanung der U19 mitgewirkt? Da erst im April alles in trockenen Tüchern war, hatte ich wenig Einfluss auf die Planung. Alex Richter und David Siebers haben das hauptsächlich gemacht. Wir haben eine gute Mannschaft. Jetzt müssen wir sehen, dass wir es insgesamt zum Laufen bringen.
Welche Ziele haben Sie sich vorgenommen? Die Richtung ist klar, wenn man die Platzierungen der letzten Jahre sieht. Wir haben viele Talente, das erste Ziel bleibt es, so viele wie möglich an den Profikader heranzuführen. Vier Jungprofis haben wir ja schon dabei. Sie stehen uns punktuell zur Verfügung.
Wie ist ihre Philosophie als Jugendtrainer? Als Trainer will ich vor allem guten Fußball spielen lassen. Die Mannschaft steht dabei für mich über allem, auch wenn natürlich ein Augenmerk auf der individuellen Förderung liegt. Ich will Spieler haben, die Freude am Fußball haben und die Mentalität mitbringen, Widerstände zu überwinden. Nur mit den Grundtugenden kann man erfolgreich sein. Spieler, die sich nur auf ihr Talent verlassen, dulde ich nicht.