Essen. Vor dem Rest-Rückrundenstart äußert sich der RWE-Vorsitzende im Interview zur Situation in der Liga und zu aktuellen Aufreger-Themen.
Am Wochenende startet die Rest-Rückrunde in der Fußball-Regionalliga. Und wie! Rot-Weiss Essen gegen den Wuppertaler SV – Spitzenreiter gegen seinen ärgsten Verfolger. Die Spannung steigt, auch beim RWE-Vorsitzenden Marcus Uhlig, der sich dennoch die Zeit für ein ausführliches Interview nahm. Das Gespräch erscheint in mehreren Teilen.
Marcus Uhlig, am Sonntag kommt der Wuppertaler SV an die Hafenstraße. Der Erste trifft auf den Zweiten. Unter normalen Voraussetzungen würden wohl 15.000 Zuschauer kommen, jetzt werden es wegen Corona 750 sein. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?
Wir haben keine Zeit, um uns zu ärgern oder in die politische Debatte einzumischen. Wir müssen Veranstaltungen organisieren und halten uns an die Vorgaben. Corona ist nicht statisch, sondern dynamisch. Daher gibt es ständig sehr dynamische Veränderungen der Verordnungslagen. Das kostet uns seit zwei Jahren viel Kraft. Wir müssen flexibel sein und stets verschiedene Szenarien durchdenken und dafür Lösungen parat halten. Das ist sehr anstrengend. Deswegen winke ich ab, wenn Leute eine Corona-Diskussion mit mir führen wollen. Wir unterstützen lieber alles, was dazu führen kann, wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Wie wir das Thema Impfen sehen, haben wir schon häufig kommuniziert. Dass wir Sonntag 750 Menschen im Stadion haben werden, ist wirtschaftlich im Vergleich zu einem Geisterspiel fast egal. Für die wenigen Dauerkarteninhaber und Sponsoren ist es eine Einladung. Die anderen Dauerkarteninhaber haben als Äquivalent den kostenlosen Stream-Zugang. Wirtschaftlich ist es also fast egal, insgesamt aber ein Desaster. Jeder weiß, wie sehr Rot-Weiss Essen davon lebt, Spiele an der Hafenstraße vor vielen Fans austragen zu können. Stimmungsmäßig sind 750 allerdings besser als Null.
Beim MSV Duisburg hat die Vergabe der 750 Heimspiel-Karten für Ärger gesorgt. 600 Tickets gehen an Sponsoren. Was hat Rot-Weiss Essen geplant?
Sowohl die Fans, die nach Belek gereist sind, als auch die Fans, die aufgrund unserer Trainingslager-Absage nicht gefahren sind, werden von uns für das Wuppertal-Spiel eingeladen. Ich habe gelesen, was in Duisburg los war. Wir halten es mit dem Verhältnis zwischen Fans und Sponsoren, ohne genaue Zahlen zu nennen, ziemlich genau andersherum.
Seit zwei Jahren muss Ihr Verein mit finanziellen Einbußen leben. Wie schwer wiegen nun die erneuten Fast-Geisterspiele?
Es ist seit zwei Jahren ein Tanz auf der wirtschaftlichen Rasierklinge. Für alle Vereine. Wir haben die genauen Zahlen zu Beginn der Pandemie schon kommuniziert. Jetzt haben wir ein Spitzenspiel gegen Wuppertal und das Spiel gegen Düsseldorf. Für diese Spiele kennen wir die Verordnungslage. 15.000 Fans gegen Wuppertal wären realistisch. Gegen Düsseldorf kämen auch etwa 10.000 Zuschauer. Wenn wir von einem Deckungsbeitrag von ungefähr 20 Euro netto pro Zuschauer ausgehen, den wir einnehmen würden, kann sich jeder ausrechnen, welche Summe hier zunächst einmal im Feuer steht. Die aktuelle Verordnung ist bis zum 7. Februar gültig. Für die nächsten beiden Heimspiele müssen wir also entsprechend umplanen.
Wird es wieder eine Entschädigung der Landesregierung geben?
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In der letzten Saison hatte es zwei Entschädigungen durch die Landesregierung gegeben. Im Sommer 2021 sah es weitestgehend nach Normalität aus, so dass keine weiteren Fördermittel vorgesehen waren. Nun sind die Themen wieder auf der Agenda. Die Reaktivierung der Gespräche, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene, stimmt mich vorsichtig optimistisch, dass wir zumindest einen Teil an Kompensationszahlungen bekommen können.
Wie gehen die Sponsoren mit der erneut kritischen Corona-Lage um?
Auch das ist sehr kompliziert. In einem Spiel ohne Zuschauer kann Rot-Weiss Essen nicht alle Leistungen erfüllen. Man kann sich anschließend mit jedem einzelnen Sponsor hinsetzen und überlegen, wie viel wir von unserer vertraglich festgelegten Werbeleistung erfüllt haben. Vom Hauptsponsor bis zum kleinen Banden-Kunden. Da war bislang viel Goodwill von Seiten der Sponsoren, wir erfahren sehr viel Rückendeckung. Immerhin haben wir den Stream, darüber erfüllen wir gewisse Werbeleistungen. Außerdem gehen wir davon aus, dass am Sonntag sicherlich sehr viele Fans zuschalten.
Wird er denn halten? Nicht immer lief der Stream reibungslos.
Das stimmt so nicht. Als wir mit dem Stream begonnen haben, stellten wir nach den ersten Spielen fest, dass hier im Stadion ein Leitungsproblem herrschte. Das haben wir behoben und seitdem ist der Stream technisch stabil.
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Reden wir über Fußball. Wie groß ist die Vorfreude auf Sonntag?
Ich freue mich total darüber, dass es losgeht. Und ich freue mich, wie es losgeht, in welcher Intensität. Wuppertal, Fortuna Köln, Ahlen, Düsseldorf, Homberg und dann Münster. Das sind sechs tolle Spiele in vier Wochen.
Man kann in diesen Spielen viel gewinnen, aber auch eine Menge verlieren.
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Ist das so? Wer kann denn mehr verlieren? Wir oder Wuppertal?
Das ist eine Frage der Erwartungshaltung. Von Wuppertal erwartet keiner den Aufstieg, von Rot-Weiss schon. Der Druck liegt bei RWE – oder sehen Sie das anders?
Am Sonntag wird zunächst einmal gar nichts entschieden. Danach haben wir noch 17 Spiele. Gewinnen wir, bauen wir unseren Vorsprung auf vier Punkte aus und haben noch ein Nachholspiel. Verlieren wir, haben wir durch das Spiel in der Hinterhand noch einen kleinen Vorteil. Also liegt doch der Druck auf Wuppertal. Sie wollen genauso aufsteigen, haben Blut geleckt. Daher sage ich: Der Druck liegt am Sonntag bei Wuppertal.
Im zweiten Teil des Interviews geht es morgen um das abgesagte Trainingslager und den Fall Dennis Grote.