Bochum. So erfolgreich war der VfL Bochum lange nicht. Großen Anteil daran hat Trainer Reis. Das sehen auch die Fans so. Dabei waren sie erst skeptisch.
Thomas Reis hat nicht vergessen, wie er beim VfL Bochum vor eineinhalb Jahren begrüßt wurde. Als er den Trainerposten beim Zweitligisten übernahm, bekam er häufiger zu hören, dass er ein Jugendtrainer sei und damit wohl kaum der richtige für den schwierigen Posten beim VfL. Der spielte da gegen den Abstieg. Nun spielt er um den Aufstieg. Die Kritiker von damals revidieren ihre Meinung nun. Thomas Reis hat auch sie überzeugt.
Im blauen Nike-Kapuzenpulli stellt er sich am Mittwoch den Fragen von WAZ-Sportredakteur Ralf Ritter und den WAZ-Lesern und VfL-Fans. Es ist die Premiere des WAZ-Live-Talks „anne Castroper“. Gut 40 Minuten lang antwortet Reis. Entspannt sieht er dabei aus. Gerne nimmt er dabei das Lob eines Fans an, der ihm dafür dankt, dass der VfL in dieser Saison an die Tür zur 1. Bundesliga klopft.
Die Fans haben scheinbar eine gute Nase dafür einzuordnen, warum sich der VfL sportlich so positiv entwickelt. „Tagina4“ ließ beispielsweise als Kommentar zu einem WAZ-Text online wissen: „Thomas Reis kommt für mich auch zu selten als positiver Faktor vor. Was er, in Zusammenarbeit mit Sesi [Sebastian Schindzielorz, die Red.], hier aufgebaut hat und moderiert, kann man nicht hoch genug anerkennen. Auch ich war bei Sesi und Reis zunächst skeptisch. Was hier aber nach Dutt passiert ist verdient höchste Anerkennung.“
Täglicher Umgang mit Medienvertretern
Ähnlich äußert sich „soistdasalso“: „Bei seiner Verpflichtung war ich eher skeptisch, ob dieser Mannschaft von einem Trainerneuling geführt und entwickelt werden kann. Als Person war er schon immer positiv aufgefallen. Reis macht es für mich als Außenstehenden optimal. Die Mannschaft hat Struktur und mittlerweile auch Möglichkeiten, das System zu variieren. Junge Spieler werden an den Stamm herangeführt, Etablierte werden durch Neuverpflichtungen angespornt.“
Es sind nur zwei von vielen Fan-Meinungen, die zeigen, dass die Fans mit der Arbeit von Thomas Reis zufrieden sind. Wobei, na, klar, der Erfolg da viel dazu beiträgt. Der aber ist mit Reis zum VfL zurückgekehrt.
Bemerkenswert bei ihm ist in der Tat, dass er von Beginn an, als der VfL in Abstiegsnöten war, genauso ruhig und verbindlich war, wie er es jetzt ist, wo der der VfL die 2. Bundesliga anführt. Wobei er in der Außendarstellung durchaus eine Entwicklung genommen und an Profil gewonnen hat. Den täglichen Umgang mit Medienvertretern war er als Jugendtrainer beim VfL Wolfsburg und zuvor als Trainer verschiedener Teams beim VfL Bochum so nicht gewohnt. Längst ist es Alltagsgeschäft für ihn.
Klare Worte in Richtung Silvere Ganvoula
Wo Reis in Pressekonferenzen zu Beginn seiner VfL-Cheftrainer-Tätigkeit vielleicht noch etwas unsicher rüber kam, hat er sich nun entwickelt. Inzwischen weiß er, was er wem wann wie sagen darf und was wem wann wie eben nicht. Interview-Situationen arbeitet er mittlerweile so gekonnt weg, wie er es früher als Außenverteidiger mit den Angriffen des Gegners gemacht hat.
Mehr und mehr traute er sich in den vergangenen Monaten auch, den einen oder anderen lockeren Spruch zu bringen und Sportliches mit seinem trockenem Humor zu würzen. Auf die per E-Mail eingereichte Frage eines Fans, wie viel Liter Bier denn die Mannschaft den Fans beim Aufstieg spendieren würde, sagte er: „Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Erst einmal müssen wir aufsteigen. Aber vielleicht wollen die Fans ja auch mir einen ausgeben.“ Das könnte passieren.
Reis liefert druckfähige Zitate und findet klare Worte, wenn es darum geht seine Entscheidungen zu erklären. So äußerte er sich im WAZ-Talk eindeutig dazu, warum Silvere Ganvoula, der beste Torschütze der Vorsaison, in dieser Saison deutlich weniger spielt. „Für mich ist es immer wichtig, dass man trotzdem mit den Spielern spricht und ihnen auch Parameter an die Hand gibt, wo sie sich verbessern können. Sie haben immer die Gelegenheit, nach dem Training zu arbeiten, um sich mehr Sicherheit zu holen.“
Zum Beispiel, Flanken zu verwerten in der Extraschicht. „Da würde ich mir von ihm wünschen, dass er das mehr in Anspruch nehmen würde. Es liegt an ihm, wann er durchstartet. Er muss im Training alles dafür investieren, mich und die Mannschaft zu überzeugen.“