Der Vivawest-Marathon wird zum persönlichen Lauflabor
•
Lesezeit: 5 Minuten
Dortmund. Unser Laufblogger will den Vivawest-Marathon finishen. Eine neue Diät hat er getestet, jetzt fesselt ihn der Name einer ganz besonderen Renntaktik.
Am Sonntag ist es soweit: Der vierte (oder fünfte - das kommt auf die Zählweise an) Lauf über die fabulösen, von Mythen umrankten 42,195 Kilometer steht an. Um 9.30 Uhr fällt in Gelsenkirchen der Startschuss zum Vivawest-Marathon. Wenn ich schon dabei bin, will ich auch Erfolg haben.
Dazu muss ich zunächst definieren, was für mich ein Erfolg wäre. Ich werde nach verletzungsbedingt quasi ausgefallener Vorbereitung wohl kaum eine neue Bestzeit anpeilen. Derzeit stehen da 3:58 Stunden. Die werde ich nicht unterbieten können. Ich wäre allerdings schon gerne schneller als bei meinem Debüt, damals waren es 4:38 Stunden. Ich denke, "erfolgreich" werde ich den Lauf bestritten haben, wenn ich schmerzfrei und in einer akzeptablen Zeit ins Ziel komme. Welche Zeit ich für akzeptabel halte, werde ich spontan entscheiden. Das mit der neuen Bestzeit verschiebe ich auf Berlin, Ende September.
Gedanken über Taktik und Verpflegung
Trotzdem läuft sich so ein Marathon nicht von alleine. Ein bisschen sollte man sich doch überlegen, wie man das Rennen - oder besser: den Lauf - angeht und den Tag plant. Was frühstücke ich? Wann fahre ich zum Start? Wann trinke ich? Nehme ich eigene Getränke mit oder verlasse ich mich auf die Verpflegung am Streckenrand? Nehme ich Gels mit? Wie viele Päckchen? Viel Grübelei. Am Ende ergibt sich das dann ohnehin beim Rennen, aber wenigstens hat man drüber nachgedacht.
In der Woche vor dem Marathon habe ich die Saltin-Diät ausprobiert. Carboloading - die Muskeln werden drei Tage lang nicht mit Kohlehydraten gefüttert, um dann an den drei Tagen vor dem Lauf ordentlich gefüllt zu werden. Angeblich sollen die Muckis dadurch eine Speicherkapazität von 125% erhalten. Ich bin ja wirklich kein Diät-Typ. Ich lasse mir ungern vorschreiben, was ich essen darf, bzw. was ich nicht essen darf. Dennoch habe ich die drei kohlehydratlosen Tage überstanden, ohne mürrisch zu werden. Da war die 5:2-Diät deutlich härter. Und durch den Verzicht auf Kohlehydrate fiel auch der nachmittägliche Gang zum Süßigkeitenautomaten flach.
Lauf-Methode erinnert an Rinderzucht
Fehlt noch die richtige Renntaktik, um das Projekt "schmerzfreier Marathon" erfolgreich umzusetzen. Beim Stöbern im Internet bin ich da auf eine Methode gestoßen, die mich sofort in ihren Bann gezogen hat. In erster Linie ihres Namens wegen: die Galloway-Methode. Der Name stach mir ins Auge, weil ich mich aus kulinarischen Gründen gerade ein bisschen für Rinderrassen interessiere.
Was also steckt hinter der Galloway-Methode? Zunächst klingt das Konzept total unsportlich und somit für den ambitionierten Freizeitsportler abstoßend. Denn das Herzstück der Methode sind regelmäßige Gehpausen. Gehpausen? Die macht man doch nur, wenn man beim Laufen schlapp macht. Ein Tabu! Jede Gehpause ist doch eine Niederlage. Ja, aber nur vor dem eigenen Ego. Das glaubt zumindest der hartgesottene Hobbyläufer. Doch der denkt beim Wort Galloway auch an Rinder und nicht an den amerikanischen Marathonläufer Jeff Galloway, nach dem die Methode benannt ist.
Galloway hat 1972 immerhin bei den Olympischen Spielen als Marathoni teilgenommen. Ganz schlecht kann er also nicht gewesen sein. Offenbar stellt die Methode für Freizeitläufer, die länger als drei Stunden für einen Marathon brauchen, eine ideale Renntaktik dar.
So funktioniert die Galloway-Methode
Ab einer bestimmten Schwelle kommt der Körper nicht mehr mit dem eingeatmeten Sauerstoff aus, um den Stoffwechsel in Gang zu halten. Laktat, Milchsäure also, ensteht. Eine Übersäuerung der Muskeln durch Laktat äußert sich durch ein unangenehmes Brennen. Genau das soll durch Galloway verhindert werden. Der Läufer soll nach der Methode nur zwei bis drei Kilometer laufen und danach eine Gehpause von einer Minute einlegen. Danach werden wieder zwei bis drei Kilometer gelaufen. Wer etwa einen Schnitt von 6 Minuten je Kilometer läuft, soll nach Galloway drei Minuten laufen und 30 Sekunden gehen. Wer 5:40 min/km läuft, rennt vier Minuten und geht eine Minute lang. Durch die Erholungsphasen haben die Muskeln immer Gelegenheit zum Regenerieren. Der Zeitgewinn soll dennoch enorm sein. Die schnellste nach Galloway-Methode gelaufene Marathonzeit liegt bei rund 2:40 Stunden. Detailliertere Infos gibt es auf der Website von Jeff Galloway.
Beschlossene Sache: Ich werde beim Vivawest-Marathon die Galloway-Methode testen. Mal sehen, was es bringt. Zu verlieren habe ich ohnehin nichts. Und wenn die Methode hilft, schmerzfrei zu finishen, ist alles gut. Als kleines Goodie werde ich mich beim Start ganz, ganz, ganz hinten einreihen und dann schauen, wie weit ich mich nach vorne arbeiten kann. So wird der Marathon zu meinem persönlichen Lauflabor.
Nur eine Frage treibt mich um: Ist man überhaupt noch Läufer oder eher Geher, wenn man beim Laufen so viele Gehpausen einlegt?
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.