Doha. . Nach den missglückten Playoffs wollen die deutschen Handballer am Freitag einen guten WM-Start hinlegen. Das Spiel gegen Polen ist etwas Besonderes.
Einen ersten Ausflug in die bizarre Welt Dohas haben die deutschen Handballer schon hinter sich. Ziel: die Villagio Shopping-Mall, eine Hunderttausend Quadratmeter große Retortenstadt im Stile Venedigs, wo man in Gondeln von Geschäft zu Geschäft schippern kann. Auch Achterbahn, Wasserrutsche und Eishockeyhalle gibt es hier, inmitten der Wüste. Die Reaktionen auf diese Scheinwelt fielen unterschiedlich aus. „Shopping-Malls sind nicht so mein Ding“, meinte Steffen Weinhold, Rückraum-Linkshänder des THW Kiel. „Das ist ein Wahnsinn“, sagte Klubkollege Patrick Wiencek.
Dagur Sigurdsson war zufrieden. „Das war gut, um etwas Ablenkung vom Handball zu haben“, erklärte der Bundestrainer, immerhin bereite sich die Mannschaft seit zwei Wochen auf die WM in Katars Hauptstadt vor. Beim Auftakt gegen Polen (17 Uhr, live bei Sky) weist sich heute der Weg für die völlig neuformierte Auswahl des Deutschen Handballbundes. „Die Stimmung ist gut“, sagt Sigurdsson, „wir sind gut vorbereitet.“
Ausgerechnet Polen. Gegen das Team des deutschen Trainers Michael Biegler waren die Deutschen in den WM-Playoffs im Juni knapp gescheitert, weshalb Sigurdssons Vorgänger Martin Heuberger seinen Hut nehmen musste. Erst eine äußerst umstrittene Wildcard des Weltverbandes IHF ermöglichte den deutschen Handballern die Reise in den Wüstenstaat.
Reichlich Unruhe beim Gegner Polen
Biegler heizte die Debatte kürzlich an, als er behauptete, die Wildcard habe schon vor den Playoffs festgestanden: Dafür musste Biegler zum Rapport in die Baseler IHF-Zentrale. Seitdem schweigt er beharrlich. Unruhe im polnischen Team stiftete auch die Nachricht, dass er sich mit dem HSV einig sein soll, ab Februar in Hamburg zu arbeiten. „Darüber müssen wir noch reden“, sagt Polens Verbandspräsident Andrzej Krasnicki. „Aber erst nach der WM, im Februar oder März.“
Derlei Nebengeräusche belasten Sigurdsson nicht. Der Isländer setzt sich weder mit sportpolitischen Dingen noch mit der Vergangenheit seines Teams auseinander, sondern nur mit der Gegenwart. „Die Playoffs sind lange her“, sagt der Isländer. Auch die meisten Profis betrachten das Duell nicht als Revanche. „Wir sind eine völlig neue Mannschaft“, sagt Weinhold.
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Und dennoch ist der Klassiker gegen die Polen etwas Besonderes. Bekanntlich sind die Osteuropäer, von denen viele in der Bundesliga spielten (z.B. Torwart Kasa Szmal, Michal Jurecki) oder wie Kreisläufer Bartosz Jurecki (Magdeburg) noch als Legionär aktiv sind, gegen die Deutschen extrem motiviert. Nicht nur Weinhold erwartet daher einen brachialen Kampf auf allerhöchstem Niveau. „Vor solch einem Spiel weiß man, dass wenn man die Nase in die Abwehr steckt, sie auch brechen kann“, sagt der Profi, dessen Markenzeichen der Weg in die Zone des Schmerzes ist. Dem Kollegen auf halbrechts, Michael Müller, leuchten die Augen: „Das wird eine große Schlacht.“
Tiefstapeln als DHB-Turnierplan
Weinhold freilich sagt, dass sein Team klarer Außenseiter sei. „Wir stapeln weiter tief“, ergänzt Michael Kraus, letzter verbliebener Feldspieler aus dem Weltmeister-Team von 2007. „Aber die Polen haben vor uns auch großen Respekt.“ Sigurdsson hat zwar seinem 18er-Kader um Kapitän Uwe Gensheimer schon mitgeteilt, welche zwei Spieler vorerst zuschauen müssen, öffentlich wollte er dies aber noch nicht verkünden.
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Geradezu paradiesisch ist die Infrastruktur für das Team. Die Hallen, das Fünf-Sterne-Hotel am Strand – all das sei „unglaublich“, sagt Teamchef Oliver Roggisch. Auch die moderne Halle in Lusail scheint einem Märchen aus 1000 und einer Nacht zu entspringen. Aber mit solch fantasievollen Geschichten geben sich die deutschen Handballer jetzt noch nicht ab.