Essen. Philipp Lahm hat jede Lobeshymne verdient. Aber wenn der Kapitän der Weltmeistermannschaft jetzt überraschend von Bord geht, steht der logische Nachfolger in Bastian Schweinsteiger schon bereit. Der deutsche Fußball wird diese Lücke schließen können. Ein Kommentar.
Deutscher Fußball-Star aus der Nationalmannschaft zurückgetreten! Mal ehrlich: Wer hätte mit dieser Nachricht im Nachgang zur WM nicht gerechnet? Der Mann hatte mit dem Titelgewinn in Brasilien das Sahnehäubchen auf eine lange Karriere gesetzt, in der er jede Menge Trophäen und – auch nicht unwichtig – hohe Reputation gewann. Das Dumme ist nur: Nicht Miroslav Klose (36) hat seinen Abschied verkündet, sondern der sechs Jahre jüngere Philipp Lahm.
Die reflexartig zu hörende Floskel vom Aufhören, wenn es am schönsten ist, wird dem Sportler und Menschen Philipp Lahm nicht gerecht. So einfach wird es sich einer wie er nicht gemacht haben. Aber so irritierend sein Entschluss für viele Fans auch sein mag, so müßig ist es, über seine Gründe zu spekulieren. Es ist seine Entscheidung, und damit ist alles gesagt.
Eher lohnt es sich, noch einmal eine Karriere – wie Horst Hrubesch sagen würde – Paroli laufen zu lassen, die, so paradox es klingt, gerade in ihrer Unauffälligkeit einzigartig ist. Kein Star mit Glamour-Status für die bunten Blätter, wird Philipp Lahm immer nur – das ist als Kompliment zu verstehen – als Sportler wahrgenommen. In dieser Rolle blieb er makellos und wird dies, davon ist auszugehen, auch weiter beim FC Bayern bleiben.
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Lahms vielleicht größte Qualität, die sich nie angemessen in den großen Fußballer-Wahlen niederschlug, bei denen (leider) andere Kriterien gefragt sind, war seine Vielseitigkeit. Vor diesem Hintergrund mag es wie ein Widerspruch aussehen – aber die jetzt viel beschworene Lücke, die er im Nationalteam hinterlässt, ist rein sportlich betrachtet wohl nicht ganz so gewaltig wie vermutet. Weil der deutsche Fußball inzwischen über ein großes Reservoir an hochbegabten Spielern verfügt und weniger von einzelnen Akteuren abhängt als früher. Obendrein steht der logische Nachfolger als Kapitän der Nationalmannschaft in Bastian Schweinsteiger bereit, der diese Rolle de facto schon im Finale von Rio ausgefüllt hat.
113 Länderspiele - Ein Schuss Pathos sei erlaubt
Dass wir den 113-maligen Nationalspieler bei Länderspielen schon deshalb vermissen werden, weil er stets als Erster ins Mikrofon sprach, ist nur eine Fußnote. Aus Anlass seines Rücktritts sei aber auch ein Schuss Pathos erlaubt: Lahm hat sich in der DFB-Auswahl durch seine Leistung und sein Auftreten um sein Land verdient gemacht.