Essen. Die Nachricht kam aus heiterem Himmel: Kapitän Philipp Lahm beendet seine Karriere in der Nationalmannschaft. Auch die deutsche und internationale Fußballprominenz wurde von der Meldung vollkommen überrascht - und bedauert den Schritt des Münchners.

Die fußballbegeisterte Kanzlerin zollte Respekt, aber nur der Bundestrainer wusste Bescheid: Mit seinem Rücktritt aus der Nationalelf hat Philipp Lahm nur fünf Tage nach dem WM-Triumph in Brasilien ganz Fußball-Deutschland überrascht. "Er war in den zehn Jahren bei der Nationalmannschaft nicht nur ein herausragender Spieler, sondern immer ein absolutes Vorbild. Ich habe ihm für all das gedankt, was er für den DFB geleistet hat", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, nachdem Nationalmannschaftskapitän Lahm ihn am Freitag von seinem unerwarteten Entschluss unterrichtet hatte. Es sei aussichtslos, ihm die Entscheidung ausreden zu wollen, so Niersbach.

Weltmeister-Coach Joachim Löw wusste als einziger seit dem Rückflug am Montag Bescheid, dass sein erst 30 Jahre alter Kapitän nach 113 Länderspielen im DFB-Team nicht weitermacht. "Er ist ein Musterprofi, der alles dem Erfolg unterordnet", lobte Löw den "Weltklassespieler", den er bei der WM erst als "Sechser" im defensiven Mittelfeld und in den entscheidenden Spielen als Rechtsverteidiger eingesetzt hat. "Mit dem WM-Titelgewinn habe er seine "herausragende Laufbahn gekrönt." Eine "große Persönlichkeit" nannte DFB-Teamchef Oliver Bierhoff den Musterprofi. "Er ist ein absolutes Vorbild, als Fußballer wie als Mensch. Bei der Nationalmannschaft konnten wir uns immer hundertprozentig auf ihn verlassen. Auf dem Platz genauso wie als Kapitän."

"Lahm ist ein Vorbild"

Kanzlerin Angela Merkel, die beim WM-Finale in Rio als Edelfan dabei war, würdigte vor allem den Führungsspieler Lahm. "Weltmeister zu werden im Fußball ist sicherlich eine Mannschaftsleistung, aber der Kapitän hat damit auch etwas zu tun", betonte die Regierungschefin. Und nutzte zugleich die Gelegenheit, "ihm meinen großen Respekt auszusprechen für das, was er für die Nationalmannschaft getan hat". FIFA-Chef Joseph Blatter twitterte: "Lahm ist ein Vorbild & seine brillante Karriere wird nach seinem DFB-Rücktritt weitergehen." Via "Facebook" erklärte Mit-Weltmeister Lukas Podolski: "Philipp, es war mir eine Ehre mit Dir Seite an Seite 10 Jahre beim DFB und 3 Jahre für Bayern München zu fighten, spielen und Erfolge zu feiern."

Viele erfolgreiche Ex-Nationalspieler äußerten Verständnis für den Rücktritt auf dem WM-Gipfel. "Na ja, er hat jetzt den WM-Titel. Mehr kann er als Fußballer ja nicht erreichen", meinte Fußball-Idol Uwe Seeler. "Mehr geht halt nicht", stimmte ihm der frühere Torjäger und DFB-Teamchef Rudi Völler zu. "Lahm hat jetzt zehn, zwölf Jahre auf allerhöchstem Niveau gespielt. Immer in der Weltspitze. Aus meiner Sicht ist das ein richtiger Moment für eine solche Entscheidung", merkte Rainer Bonhof, Weltmeister von 1974 aus Mönchengladbach, an.

"Nicht einfach zu ersetzen"

"Es gibt kaum einen besseren Abschied, als als Weltmeister", befand auch Karl-Heinz Rummenigge. Doch der Vorstandschef vom Lahm-Club FC Bayern München erkannte auch die Kehrseite der Medaille. "Für die Nationalmannschaft wird es aber nicht einfach, Lahm als Spieler, Mensch und Kapitän zu ersetzen." Es sei "schade für den deutschen Fußball, dass so ein toller Spieler aufhört", merkte Ex-Nationaltorhüter Sepp Maier an. Auch für Seeler ist Lahms Rückzug "ein großer Verlust", den er aber zu kompensieren hofft: "Gott sei Dank haben wir in Deutschland viele gute Nachwuchsleute, das hat ja gerade die WM gezeigt. Ich hoffe, dass man die Lücke schließen kann."

"Hauptsache, er bleibt dem FC Bayern noch lange erhalten", erkannte Maier auch einen Vorteil für seinen Münchner Stammverein. Was man wie Bayer Leverkusens Kapitän Simon Rolfes durchaus als Drohung auffassen kann. "Jetzt kann er seine ganze Energie für den FC Bayern nutzen - was vielleicht schlecht ist für Bayer Leverkusen." (dpa)

Weitere Reaktionen zum Rücktritt von Philipp Lahm 

Rudi Völler: "Das ist sicher eine Überraschung für viele. Philipp Lahm ist ein Spielertyp, dem man von der spielerischen Qualität und der Fitness die nächste WM noch zugetraut hätte."

Lothar Matthäus: "Mutige Entscheidung von Philip Lahm, seine Karriere im DFB-Team zu beenden. Er hat meinen höchsten Respekt dafür!"

Matthias Sammer (Sportvorstand FC Bayern München): "Dies ist eine sehr überraschende Nachricht für die Nationalmannschaft und die deutschen Fans. Aber: Dies ist eine Entscheidung, von der einzig Philipp fühlen kann, ob sie zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist. Sie nötigt mir auf jeden Fall allergrößten Respekt ab."

Arne Friedrich: "Ein ganz Großer tritt ab. Ich ziehe meinen Hut vor Philipps Leistungen im DFB-Team und seiner Entscheidung zurückzutreten."

Gary Lineker: "Philipp Lahm ist vom internationalen Fußball zurückgetreten. Ich dachte, er wartet noch ein bisschen und versucht dann auf dem Höhepunkt zu gehen."

Helmut Sandrock (DFB-Generalsekretär): "Philipp ist nicht nur ein herausragender Spieler, sondern auch neben dem Platz eine große Persönlichkeit. Ich habe ihn in den Gesprächen und Verhandlungen bei der Nationalmannschaft immer als absolut ehrlich, verlässlich und fair erlebt."