Essen. Es wird ein wunderschöner Tag in Rio de Janeiro, dieser 13. Juli 2014, dieser WM-Finaltag. Wunderschön für die neuen Weltmeister aus Deutschland. Aber auch Lionel Messi und Rihanna haben ihren Spaß. Nur Pepe und Luis Suarez gehen bedröppelt ins Bett. Ein Blick in die Glaskugel.
Rio de Janeiro, 10 Uhr: Ein wunderschöner Morgen. Die Sonne glitzert im Meer an der Copacabana. Die meisten Menschen haben Superlaune. Nur ein paar Leute in Hellblau und Weiß schleichen ein bisschen ängstlich daher. Einer von ihnen schleicht an eine Strandbar. "Och, Junge, was ist denn los?", fragt der brasilianische Barbesitzer. "Wir müssen gegen diese Deutschen spielen", flüstert der Hellblauweiße. Der Barbesitzer geht vor die Theke. "Keine Angst, ist alles ganz schnell vorbei", sagt er und nimmt den Hellblauweißen in den Arm. "Dauert nur so 29 Minuten." Es gibt Caipirinha. Aufs Haus.
Brasilia, 10.30 Uhr*: Arjen ist fix und fertig. Und ein bisschen blau. Dieses nervige Spiel um Platz drei. Und wieder keinen Titel geholt. Nervt. Er schmeißt sich aufs Hotelbett. Dann überkommt ihn doch noch ein schöner Gedanke. "Zum Glück nicht dieses Finale gegen diese Deutschen." Arjen lächelt. Er schläft glücklich und zufrieden ein.
Rio de Janeiro, 10.47 Uhr: Margarita hat Stress. Sie muss ihren Laden umräumen. Zehn Pakete mit Deutschlandtrikots sind gekommen. Diese dämlichen Brasilien-Shirts wollte seit Dienstag keine Sau mehr haben. Alles, was ansatzweise nach Schwarz-Weiß und Schwarz-Rot-Gold aussieht, kommt nach vorne, das gelbe Zeugs ins Lager. Vor der Tür wird's unruhig. Es klopft an die Scheiben.
Montevideo, 11.34 Uhr: Luis steht im Wettbüro. Irgendwie muss sich diese dämliche WM ja noch lohnen. Ein bisschen Geld dazu verdienen, er hat ja jetzt auch ein bisschen länger frei. Er ist sich unschlüssig. Zu null oder zu eins? Ach komm, der Messi macht schon irgendwie einen. Luis setzt auf 7:1.
Rio de Janeiro, 12.11 Uhr: Lukas und Basti machen sich Sorgen. Um Mario. Er ist nach dem Frühstück einfach abgehauen. Und er hat noch nicht einmal sein tägliches Daumen-Selfie gepostet. Sie klopfen an seine Zimmertür. "Geht weg", blökt Mario. "Och Mario, war doch klar, dass du nicht spielst", sagt Basti. "Ich heul' hier doch auch nicht rum", sagt Lukas. "Geht einfach weg." Mario widmet sich wieder der Frustbewältigung. Ein Teller. Und Pommes. Mit Mayo.
Dortmund, 12.36 Uhr: Marco kommt gerade von seiner ersten Reha-Einheit des Tages. Handy zücken. Nachricht von Basti. "Rede du mal mit dem Mario." Marco nimmt das Telefon. Mail schreiben. An: concierge@hilton-rio.com. "Bitte einmal Pommes zu Mario Götze. Schnell. Mit Mayo. Auf irgendeine Rechnung schreiben. Nur nicht auf Großkreutz. Mag keine Münchner." Nachricht an Basti: "Geht gleich wieder. Gruß, Marco."
Rio de Janeiro, 13.26 Uhr: Gute Ansprache, denkt sich Joachim. Högschd seriös, aber doch pathetisch. Er streicht sich durch die Haare und verlässt den Raum. Mit Oliver. Aber Oliver bleibt stehen. "Geh' schon mal vor, Jogi." Oliver geht noch mal zurück zu den Jungs. "Hörtma! Dat war ja alles schön und gut vom Jogi. Aber dat is Argentinien. Ihr macht auch nachm Siebten weiter! Ist dat klar?!". Zieht immer, der Essener Dialekt, denkt sich Oliver. Er geht raus und zückt sein Handy. "Läuft", tippt er ein. Senden. An: T. Frings.
In der Nähe von Lissabon, 14.08 Uhr: Ana Sofia macht den Fernseher an. Hätte sie besser nicht getan. Ihr Freund reißt ihr die Fernbedienung aus der Hand und schaltet aus. Wuchtet den Stecker raus. Samt Steckdose. "Och Schatzi", sagt Ana Sofia. "Heute nicht!" Pepe stampft raus in den Garten. Und rupft ein paar Gänseblümchen aus dem Boden.
Rio de Janeiro, 14.32 Uhr: Margarita macht ihren Laden zu. Fünf Stunden früher als geplant. Ist alles weg. Unfassbar. Sie ist reich. Ab zum Schwarzmarkt. Viele zwielichtige Typen da. Aber einer sieht ganz okay aus. Es wird ziemlich teuer. Aber egal, ist ja Finale. Und der Typ sagt: "Günstiger bekommen Sie es nicht." Er muss es ja wissen, denkt Margarita. Hatte ja einen Fifa-Ausweis um den Hals, dieser Typ.
Maracanã, 15.17 Uhr: "Alter, ist das geil", sagt Basti. "Aber nicht so geil wie in Dortmund", sagt Kevin. "Die pfeifen alle ganz schön laut", sagt Lionel auf der anderen Seite. "Hör' endlich auf zu flennen", sagt Lukas zu Mario. "Selbst der Mesut ist jetzt wach", sagt Philipp zu Mario. "Na gut", sagt Mario." "Die pfeifen alle ganz schön laut", sagt Lionel noch mal.
Maracanã, 16 Uhr: Anpfiff.
(* alle Zeitangaben in Rio-Zeit)
So läuft das WM-Finale (ganz bestimmt)
Maracanã, 16.04 Uhr: Ein bisschen rumpelig, der Beginn von Deutschland. Passt noch nicht alles. Argentinien hat viel Ballbesitz. Erstes Solo von Lionel. Rennt gegen Benedikt und fällt um. Benedikt bleibt stehen.
Maracanã, 16.08 Uhr: Erste dicke Chance von Argentinien. Javier aus 18 Metern. Hätte genau gepasst. Rechts oben. Manuel hält fest. Mit einer Hand.
Maracanã, 16.14 Uhr: Elfmeter für Argentinien. Ganz billige Schwalbe von Ezequiel. Mats muss lachen. Über den Schiedsrichter. Lionel schießt. Drin. 1:0 Argentinien. Lionel traut sich nicht zu jubeln. Wird ja auch ganz schön laut gepfiffen im Stadion.
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In der Nähe von Lissabon, 16.14 Uhr: Pepe hat heimlich durch die Terrassentür geguckt. Und setzt sich jetzt doch zu Ana Sofia auf die Couch.
Maracanã, 16.15 Uhr: Joachim muss kichern. Hans-Dieter fragt ihn, was das soll. Joachim hält sich die Hand vor den Mund und flüstert: "Ist doch viel besser für die Dramaturgie."
Maracanã, 16.20 Uhr: Jetzt läuft's bei den Deutschen. Lionel hat's noch zweimal versucht. Zweimal abgeprallt. An Benedikt und an Sami. Thomas hat schon zweimal knapp vorbei geschossen. Einmal mit dem Hinterkopf und einmal mit der Kniekehle. Im Fallen. Wird besser.
Maracanã, 16.23 Uhr: 1:1. Thomas. Mit dem Rücken. Keiner jubelt groß. Toni holt den Ball aus dem Tor und legt in schnell wieder in den Anstoßkreis.
Bogota, 16.23 Uhr: James ärgert sich ein bisschen.
Maracanã, 16.25 Uhr: 2:1. Mats. Nach Ecke von Toni. Ein bisschen Jubel.
Copacabana, 16.25 Uhr: Für den Himmelblauweißen an der Strandbar gibt's Tequila. Drei Stück. Aufs Haus.
Maracanã, 16.30 Uhr: 3:1. Toni. Einfach mal draufgehalten.
München, 16.31 Uhr: Kalle fängt sich einen bösen Blick von seiner Frau ein. "Wie doof seid ihr eigentlich?"
Maracanã, 16.36 Uhr: 4:1. Thomas. Nach Flanke von Philipp. Sieht jetzt nach Jubel aus.
In der Nähe von Lissabon, 16.36 Uhr: Pepe wirft den Fernseher in den Garten. Ana Sofia schreit ihn an und geht in die Kneipe zum Gucken. Pepe nimmt sich die Lilien vor.
Maracanã, 16.50 Uhr: Halbzeit. Joachim: "Fein, Jungs, aber gähd reschpegdwoll damit um." Oliver: "Quatsch." Joachim: "Oli!" Oliver: "Weiter!" Joachim: "Och Oli." Oliver: "Wat denn. Sind doch erst vier." Lukas schickt beide raus und legt Helene Fischer auf.
Montevideo, 16.57 Uhr: Luis googlet nach Ferienwohnungen auf Bali.
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Maracanã, 17.01 Uhr: Geht weiter. André kommt. Für Mesut.
Maracanã, 17.09 Uhr: 5:1. Basti per Freistoß.
Algier, 17.10 Uhr: In der Redaktion des Staatsfernsehens droht der Chefredakteur jedem, der das Wort "Panzer" in einem Bericht erwähnt, mit Kündigung. "Die spielen viel zu schön."
Maracanã, 17.17 Uhr: Joachim bringt Erik und Kevin. Weil er's kann.
Maracanã, 17.23 Uhr: 6:1. Kevin. Nach Traumkombination über Philipp, Sami, André und Miro. Lionel ist entzückt. Und ballt heimlich eine Jubelfaust.
Copacabana, 17.25 Uhr: Der Himmelblauweiße schläft.
Maracanã, 17.33 Uhr: 7:1. André. Nüchterner Jubel. Oliver schreit von außen irgendwas rein. Sieht unentspannt aus.
Maracanã, 17.49 Uhr: 8:1. Miro. Mit dem Abpfiff. Jubel.
Montevideo, 17.49 Uhr: Luis beißt ins Sofa.
New York, 17.50 Uhr: Rihanna twittert einen Heiratsantrag an Miro.
Bremen, 17.52 Uhr: Torsten schreibt eine Nachricht. "Danke!" Senden. An: "Oliver".
Maracanã, 17.55 Uhr: Margarita erlebt den Tag ihres Lebens. Die Jungs in den weißen Trikots auch. Oliver hat sich beruhigt. Auch Mario jubelt.