Recife. Vor dem WM-Achtelfinale gegen Algerien bleibt in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft eine zentrale Frage offen. Es ist nur ein Platz im defensiven Mittelfeld frei, doch mit Schweinsteiger und Khedira gibt es zwei Kandidaten. Bundestrainer Löw muss eine Entscheidung treffen.

Die Welt von Bastian Schweinsteiger war wieder in Ordnung. Dieser Abend von Recife fühlte sich für ihn aus zwei Gründen gut an. Erstens: Deutschland hatte die USA im letzten Vorrundenspiel mit 1:0 geschlagen und damit als Gruppenerster den Zugang zum WM-Achtelfinale gegen Algerien am Montag erhalten. Und zweitens: Bastian Schweinsteiger hatte dazu von der ersten Sekunde an einen erheblichen Teil beigetragen.

Das war in den ersten beiden Spielen dieser WM nicht so gewesen. Anstelle von Sami Khedira war der bislang zumeist als Reservist vorgesehene Stratege dann aber gegen die USA aufgeboten worden und rechtfertigte dies mit einer sehr ansprechenden Leistung, die durch eine großes Laufpensum und erhebliche Widerstandsfähigkeit gegen kämpferische Amerikaner gekennzeichnet war. Nach 70 Minuten ließen Schweinsteigers Kräfte nach, er wurde ausgewechselt. Aber als die 90 Minuten längst vorbei waren, stand er noch immer in einer Traube von Fans an der Tribüne, schrieb Autogramme, ließ Fotos anfertigen, lächelte. Alles wieder in Ordnung.

Eine Entscheidung zwischen Stratege und Dampfhammer

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Nicht viel später nahm Joachim Löw im Kellergeschoss des Stadions Platz und war angetan von seinem zentralen Mittelfeld, in das er neben Schweinsteiger natürlich auch Kapitän Philipp Lahm und Toni Kroos beordert hatte. Ein Trio vom FC Bayern München. Ein gutes Trio an diesem Abend.

„Im Mittelfeld waren wir heute sehr, sehr stark, das Mittelfeld hat das Spiel beherrscht“, bilanzierte der Bundestrainer zufrieden und ließ wissen, dass es „nach zwei harten Spielen eine gute Möglichkeit war, Sami mal eine Pause zu geben.“ Eine Pause. Nichts weiter. Nichts weiter?

Die Personalie bleibt eine spannende. Denn Löw hat sich für jene taktische Aufstellung entschieden, die ihm neben den beiden gesetzten Lahm und Kroos noch genau eine Besetzung im Herzen des deutschen Spiels zubilligt: Schweinsteiger oder Khedira? Stratege oder Dampfhammer? Bayer oder Madrilene?

Beide waren lange verletzt, möglich, dass der Bundestrainer eine Art Jobsharing-Modell für das Traum-Duo der WM 2010 bei diesem Turnier vorgesehen hat. Aber es wäre jedem der beiden Stars sicher schwer vermittelbar, wenn er im nahenden Achtelfinale gegen Außenseiter Algerien wieder auf der Bank säße.

Münchner Allianz spricht sich klar für Schweinsteiger aus

Aber so wird es kommen. Es ist eine brisante Debatte, wer von beiden der Mannschaft mehr hilft. Innenverteidiger Mats Hummels bewies Dortmunder Diplomatie: „Wenn ich jetzt etwas für den einen sage, kann das gegen den anderen ausgelegt werden.“ Das ist ein gar nicht mal so abwegiger Gedanke, umso interessanter daher die weiteren Reaktionen.

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„Es ist ja kein Geheimnis, dass die beiden unterschiedliche Spielertypen sind“, sagt Toni Kroos über seinen Bayern-Kollegen: „Wir haben das zu dritt mit Philipp sehr oft bei den Bayern gespielt. Wir harmonieren da sehr gut. Das hat man glaube ich auch gesehen.“ Und Torwart Manuel Neuer, ebenfalls Bayern München, wurde noch deutlicher. „Bastian ist ein Stratege. Man sieht, dass er das Spiel kontrolliert und auch den Rhythmus vorgibt. Wenn er eine Führungsrolle einnimmt, ist das immer gut für unser Spiel.“

Es ist eine schwergewichtige Münchner Allianz, die Schweinsteiger da protegiert. Und sie hat seit Recife beste Argumente. Die Münchner gewannen innerhalb der vergangenen 14 Monate jede Menge Titel. Mit Neuer, Lahm, Kroos, Jerome Boateng und Thomas Müller gelten fünf Bajuwaren als gesetzt, Schweinsteiger wäre der sechste. Alles Bayern oder was? Löw wird entscheiden müssen. Häufig genug lässt er sich dabei aus München beeinflussen.

Die Handschrift des FC Bayern München im Nationalteam

Dass Lahm in der Gegenwart unverzichtbarer Bestandteil seines Mittelfelds ist, resultiert aus der Versetzung im Verein, für die Trainer Pep Guardiola vor der vergangenen Saison verantwortlich zeichnete. Und selbst die jetzige Nationalmannschafts-Rolle eines anderen Mannes geht auf den FC Bayern zurück. Jahre hatte er auf den Seiten weit draußen vom eigentlichen Spielgeschehen zugebracht bis er von Louis van Gaal für die zentrale Rolle entdeckt wurde.

Sein Name: Bastian Schweinsteiger, in Recife der Boss des deutschen Spiels. Und möglicherweise auch künftig.