Rotterdam. Kevin Prince Boateng, der Star des FC Schalke 04, beendete am Samstagabend das erste WM-Vorbereitungskapitel der ghanaischen Nationalmannschaft mit einer 0:1-Testspielniederlage in Holland. Er wurde nur eingewechselt, konnte wenig Akzente setzen und wirkte auch außerhalb des Platzes fremd im Team.
Die dicken Designerkopfhörer, die seit einiger Zeit zu den angesagtesten Accessoires modebewusster Teenager gehören, waren ein wichtiges Utensil für Kevin Prince Boateng während der vergangenen Tage. Der Star des FC Schalke 04 beendete am Samstagabend das erste WM-Vorbereitungskapitel der ghanaischen Nationalmannschaft mit einer 0:1-Testspielniederlage in Holland, und nach der Partie nutzte Boateng die Kopfhörer, um den Eindruck zu erzeugen, er höre die Reporter nicht. Das ist eine durchaus übliche Strategie unter Fußballern, die keine Lust auf lästige Fragen haben. Die Bilder des isoliert wirkenden Boateng, die das niederländische Fernsehen in der Halbzeit der Partie ausstrahlte, waren da schon überraschender.
Alle tanzten – bis auf Boateng
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Minutenlang waren dort sehr lustige Aufnahmen aus dem Mannschaftsbus der Ghanaer zu sehen, ein Teambetreuer hieb virtuos auf eine Trommel ein, die Spieler sangen und tanzten voller Hingabe, nur Boateng machte nicht mit. Er hatte sich in die letzte Reihe zurückgezogen. Äußerster Sitz, die eigene Musik auf dem Ohr, der Blick finster. Gerne hätte man den in Berlin aufgewachsenen Fußballer gefragt, ob ihm die afrikanischen Rituale doch ein wenig fremd seien, erst recht jetzt, wo ihm im Gegensatz zur WM 2010 der Kumpel Hans Sarpei als vermittelnde Instanz fehlt. Aber das ging ja nicht, wegen der Kopfhörer.
Immerhin durfte Boateng in der zweiten Hälfte des Testspiels mitmachen, und das waren die „45 Minuten, in denen wir besser waren“, sagte Kapitän Asamoah Gyan. Wobei „besser“ in dieser sehr mittelmäßigen Partie noch lange nicht „gut“ heißt. Sowohl die Ghanaer als auch die Niederländer haben allenfalls Ansätze jenes Fußballs aufgeführt, den sie bei der WM zeigen wollen. „Mein Plan war heute, mit den jungen Spielern zu beginnen, um zu sehen, wie die auf diesem Niveau zurecht kommen“, sagte Ghanas Trainer Kwesi Appiah, der neben Boateng auch Gyan, André Ayew, Jonathan Mensah und Sulley Muntari erst in der zweiten Halbzeit oder sogar gar nicht einwechselte. Er sei „sehr zufrieden“ mit den gewonnenen Erkenntnissen, sagte Appiah, dessen Team in 90 Minuten nicht eine Torchance hatte.
Und Berti Vogts, der in seiner Funktion als Berater von US-Trainer Jürgen Klinsmann angereist war, kann seinem Chef ebenfalls ein paar interessante Informationen überbringen. Zum Beispiel, dass die rechte Seite mit Außenverteidiger Samuel Inkoom erschreckend instabil wirkt. Oder dass die Ghanaer ein unangenehmes Pressing spielen können. „Unser Plan war, die Holländer zu lange Bällen zu zwingen, das hat gut geklappt“, sagte Appiah. Und die positiven Auswirkungen der Rückkehr des Strategiechefs Michael Essien, der die WM 2010 verpasst hatte, dürften die Spione auch notiert haben.
Auch Huntelaar nicht mittendrin
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Die vielen Holländer im Stadion, die vor allem ein unterhaltsames Fußballspiel sehen wollten, mussten sich da mit einem geringeren Ertrag begnügen. Robin van Persie erzielte bereits nach fünf Minuten das Tor des Tages, vorausgegangen war ein Spielzug über Arjen Robben und Wesley Sneijder.
Viel mehr bekam das Publikum nicht geboten. Die Holländer haben sich grundlegend verwandelt, von den etablierten Stars, die vor vier Jahren das WM-Finale erreichten, ist nur noch ein Quartett übrig: die Angriffsachse Sneijder-Robben-Van Persie und Nigel de Jong, der sagte: „Wir haben jetzt eine gute Balance zwischen alt und jung.“ Klaas-Jan Huntelaar kam hingegen überhaupt nicht zum Einsatz, der Schalker wird wohl auch diese WM als Ergänzungsspieler erleben. Und nimmt man die miese Laune seines Klubkollegen Boateng als Indiz, ist nicht ausgeschlossen, dass es ihm ähnlich ergeht.