Amsterdam. Teil eins von Oliver Bierhoffs Fünf-Jahres-Masterplan ging beim 3:2-Sieg in den Niederlanden besser auf als erwartet.
Es war kurz vor Mitternacht am späten Sonntag, als Leroy Sané nach dem 3:2-Sieg der deutschen Mann-schaft gegen die Niederlande zum letzten Tanz des Abends bat. Als letzter Deutscher defilierte der Wuschelkopf gekonnt durch die sich ihm entgegenstreckenden Mikrofone und Aufnahmegeräte im Bauch der Johan-Cruyff-Arena. Hier machte er eine unerwartete Finte, als ob er kurz anhalten würde, dort beschleunigte er schon wieder in Richtung des bereits wartenden Mannschaftsbusses. Ein paar Sekunden später hatte der Star von Manchester City den Parcours der Medienvertreter tatsächlich ohne allzu viel Eigenlob überwunden.
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An ausreichend Lobhudeleien für die hinreißenden Auftritte von Sané und seinem kongenialen Offensivpartner Serge Gnabry sollte es im Anschluss an den späten 3:2-Sieg gegen die Elftal aber nicht fehlen. „Ich finde vor allen Dingen, dass vorne der Serge und der Leroy ein Super-Spiel gemacht haben“, gab der durchaus stolze Bundestrainer Joachim Löw zu Protokoll. „Der Serge hat sich gegen den van Dijk ständig im Zweikampf behauptet, er war gefährlich. Der Leroy auch. Sie haben das hervorragend gemacht.“
"Der Sieg tut der Seele gut"
Der Serge und der Leroy also. Mit dieser Offensivvariante (inklusive Leon Goretzka, dem dritten im Bunde) hatte vor dem Auftaktspiel in diese EM-Qualifikation kaum einer gerechnet. Und so gab sich DFB-Manager Oliver Bierhoff nicht einmal Mühe, die überschwängliche Freude über den Scoop seines zuletzt arg kritisierten Trainers zu verbergen. „Der Sieg tut der Seele und der Moral gut“, sagte Bierhoff, der natürlich auch nicht ohne Sonderlob für Gnabry und Sané davon kam: „Die Entwicklung von Serge und Leroy ist sehr erfreulich. Sie sind Spieler, die von der geforderten Dynamik des Trainers alle Dinge erfüllen. Wir sind froh, dass wir sie haben.“
Bierhoff selbst hatte es gewagt, sich am Tag des Spiels von der „Bild am Sonntag“ vor einer Tafel ablichten zu lassen, auf die er „Zurück an die Weltspitze“ mit einem schwarzen Edding geschrieben hatte. Der Satz stehe für den Fünfjahresplan, den er und das Trainerteam ausgetüftelt hätten, erklärte der 50-Jährige, der mit diesem Auftritt mindestens so viel Mut bewiesen hatte wie die deutsche Mannschaft in den ersten 45 Minuten in Amsterdam. „Die Trainer sind von dem Weg voll überzeugt.“ Was wohl aber die Reaktionen gewesen wären, hätte das DFB-Team erneut gegen die Niederlande verloren?
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Hätte, hätte, wenn und aber. Nach 90 herrlich anzusehenden Minuten war der Mut der DFB-Verantwortlichen glückli-cherweise belohnt worden. „Es war eine tolle Leistung“, sagte Bierhoff. „Für die junge Mannschaft war der späte Sieg eine tolle Belohnung.“
Druckphase der "Elftal"
Toll, toll, das alles. Wahrscheinlich hätte man der Vollständigkeit halber auch erwähnen können, dass dieser jungen Mannschaft neben dem löw’schen Mut, Bierhoffs Fünfjahresplan und der geballten Gnabry-Sané-Power auch ein wenig das Spielglück geholfen hatte. Denn anders als in den vergangenen beiden Partien gegen die Niederlande, in denen die Deutschen über lange Zeit gar nicht mal so schlecht waren, dann aber doch nur 0:3 und 2:2 spielten, hatte sich Fortuna diesmal das schwarz-weiße Jersey des DFB-Teams übergezogen. Immerhin betrug das Schussverhältnis zwischen der 46. und der 80. Minute 8:0 für Oranje.
Doch bekanntlich hat ein Spiel nicht 80, sondern 90 Minuten. Oder eben auch 93 Minuten, wie am Sonntagabend. Statt also nach dem Spiel zu lamentieren, dass die junge, deutsche Mannschaft die hochverdiente 2:0-Führung noch aus der Hand gegeben und genauso verdient nur 2:2 gespielt hatte, durften die Protagonisten des Abends Erfreulicheres in die Blöcke diktieren. „So ein Spiel schweißt zusammen“, sagte etwa Goretzka, der bereitwillig die Rolle des nicht weniger wichtigen Standardtänzers in der Offensive der Samba- und Salsatänzer übernahm. „Dieser Sieg hilft auch bei der Entwicklung unseres Teams.“
Neuer mit Weltklasse-Paraden
Bei all dem (berechtigten) Lob für Löws neue Offensive ging in Amsterdam fast ein wenig unter, dass es bei der angepeilten Rückkehr in die Weltspitze auch in der Defensivabteilung Erstaunliches zu vermelden gab. Zum einen Manuel Neuers Paraden, die ohne Wenn und Aber das Prädikat „weltklasse“ verdienten. Und zum anderen Nico Schulz‘ Auftritt als linker Hin-und-her-Flitzer, der mit seiner Gesamtperfor-mance sogar die kongenialen Break-dancer Gnabry und Sané in den Schatten stellte. Was denn dieser Sieg über die deutsche Mannschaft verrate, wurde der Hoffenheimer gefragt, kurz bevor Sané als letzter Nationalspieler wortlos in die holländische Nacht verschwand. Schulz‘ Antwort: „Dass wir vielleicht doch nicht so schlecht sind. Deutsch-land hat noch immer eine ganz gute Mannschaft auf dem Platz.“
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Genau das soll und wird man dann vermutlich auch bei Teil zwei und drei dieser EM-Qualifikation im Juni beobachten können. Statt der Niederlande heißen die Gegner dann Weißrussland und Estland. Und natürlich wird bis dahin noch jede Menge passieren. Nur eines ist schon jetzt klar: Ein weiteres Mal tanzen darf diese deutsche Mannschaft natürlich auch im Sommer.