Berlin. Zwischen den Zeilen von Löw und Grindel kann man lesen, dass es knirscht beim DFB nach der Ausbootung von Hummels, Boateng und Müller.

Nachdem er in Deutschland aus dem Flugzeug gestiegen war, versuchte Reinhard Grindel seine Worte irgendwie wieder einzufangen. Er sei missverstanden worden, meinte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes nun. „Meine Aussage ist keine Kritik an Joachim Löw gewesen“, ergänzte er. Dabei hatte er kurz zuvor am Rande der Fifa-Sitzung in Miami den Bundestrainer eigentlich ziemlich unmissverständlich kritisiert, ihm Kommunikationsfehler vorgeworfen. Löw hätte die Ausmusterung der Bayern-Profis Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller schon früher in einer Pressekonferenz erklären müssen, sagte Grindel in einem Interview mit dem ZDF.

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Am Sonntag war es dann allerdings der DFB-Präsident, der die eigene Kommunikation korrigierte. „Ich selbst hätte auf die Idee kommen können, eine solche Pressekonferenz anzuregen“, meinte er. Außerdem habe er lediglich deutlich machen wollen, "dass wir im DFB die Abläufe in dieser Sache selbstkritisch analysiert haben. Das darf nicht als Schuldzuweisung an irgendeine Person missinterpretiert werden".

Doch schwirren Worte einmal in der Welt umher, lassen sich genauso schwer einfangen wie ein Schwarm Fruchtfliegen. Zumal Grindels Seitenhieb in Richtung Löw die Risse verdeutlicht, die längst offensichtlich sind, hinter verschlossen Türen beim DFB auch bestätigt werden. Das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und seinem Bundestrainer ist angespannt. Nach dem WM-Aus und dem Abstieg aus der Nations League gilt Löw schon lange nicht mehr als unersetzbar. Deswegen muss der 59-Jährige nun in den kommenden beiden Länderspielen gegen Serbien am Mittwoch in Wolfsburg und gegen die Niederlande am Sonntag in Amsterdam (EM-Qualifikation) beweisen, dass seine Maßnahmen greifen, will er eine erneute Personaldebatte vermeiden.

Löw hat sich angreifbar gemacht

In dieser für ihn so komplizierten Phase hat sich Löw mit der Ausmusterung der drei Weltmeister von 2014 weiter angreifbar gemacht. Weniger wegen der sportlichen Entscheidung, sondern vor allem, weil er bei seiner Entscheidungsfindung wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten seiner Vorgesetzten genommen hat. Den Entschluss diskutierte er nur mit seinem Trainerteam und Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff. Grindel selbst hat erst am Faschingsdienstag durch ein Telefonat mit Bierhoff von der Ausbootung erfahren. Da war Löw schon auf dem Weg nach München, um mit dem Bayern-Trio persönlich zu sprechen.

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Formal muss der Bundestrainer tatsächlich nur seinen Nationalmannschaftsdirektor informieren. Doch wie in jeder Firma sorgt es in der Regel für weniger Irritationen, wenn man den Chef mit einbezieht. Zumal andere wichtige Entscheidungsträger noch wesentlich später von der Nachricht erfuhren. „Es wäre möglicherweise richtig gewesen, und darüber sprechen wir auch noch einmal im Rahmen der Delegation, umfassend alle Mitglieder der Delegation zu informieren“, erklärte Grindel.

Auch die Begründung des Bundestrainers für seine Verschlossenheit setzt einiges an Misstrauen voraus. Weil er offen zugab, dass ansonsten etwas nach außen hätten dringen können. Das wollte er vermeiden, berichtete Löw auf der außerplanmäßig einberufenen Pressekonferenz am Freitag in Frankfurt. Mit der die Aufregung ja eigentlich wieder gedämmt werden sollte. Schon zu diesem Termin musste der Bundestrainer vom DFB-Präsidium gedrängt werden. Was sich auch darin zeigte, dass Löw mehrfach gegen Grindel stichelte und demonstrativ zu verstehen gab, dass er die ganze Debatte nicht nachvollziehen könne.

Kleinkrieg im Projekt "Neuanfang"

Eigentlich wollte sich der 59-Jährige Montag erklären, wenn sich die Nationalelf in Wolfsburg trifft. Dann soll der Auftakt gemacht werden vom viel beschworenen Neuanfang. Die Mannschaft, so die Hoffnung, soll sich wieder zu einer großen entwickeln.

Doch derzeit verheddern sich die Verantwortlichen eher in einem Kleinkrieg.