Essen. Die DFB-Spitze weist den Rassismus-Vorwurf von Mesut Özil zurück. BVB-Präsident Rauball sagt: “Von allen Seiten wurden Fehler gemacht.“
In den vergangenen Tagen kam es knüppeldick für den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Zuerst wetterte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, gegen die Verbandsspitze in Frankfurt: „Mir fehlt im Moment die klare professionelle Handhabe der Krisensituation. Es wundert mich nicht. Der DFB ist nur noch durchsetzt von Amateuren. Mir fehlt da die Fußball-Kompetenz.“
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Am Sonntag unterstellte Mesut Özil, Weltmeister von 2014, dem DFB-Präsidenten Reinhard Grindel „Inkompetenz“ und „Rassismus“ im Umgang mit ihm als Nationalspieler. Und zuletzt holte der frühere Kommunikationschef des DFB zum Rundumschlag aus: „Grindel war und ist der schlechteste DFB-Präsident, den ich je erlebt habe“, sagte Harald Stenger in TV-Interviews. „Wenn er ehrlich ist, muss er sehen, dass seine Zeit als DFB-Präsident abgelaufen ist.
DFB-Präsidium reagiert mit einer dünnen Erklärung
Attacke des Branchenführers, Vorwürfe eines Nationalspielers, Rücktrittsforderung eines früheren Pressechefs – und was macht der DFB? In einer sehnsüchtig erwarteten, aber dünnen Erklärung zum Rücktritt von Mesut Özil aus der Nationalelf distanziert sich „die Direktion Öffentlichkeit und Fans“ im Namen des DFB-Präsidiums von allen Vorwürfen.
„Dass der DFB mit Rassismus in Verbindung gebracht wird, weisen wir mit Blick auf seine Repräsentanten, Mitarbeiter, die Vereine, die Leistungen der Millionen Ehrenamtlichen an der Basis in aller Deutlichkeit zurück“, heißt es.
Reinhard Grindel, Ziel dieser Angriffe, wird nicht erwähnt. Auch nicht, was die Rassismus-Vorwürfe zu seiner Zeit als CDU-Bundestagsabgeordneter betrifft. Der DFB schreibt: „Es gehört für uns als Verband auch zum respektvollen Umgang mit einem verdienten Nationalspieler, dass wir manche für uns in Ton und Inhalt nicht nachvollziehbare Aussage in der Öffentlichkeit unkommentiert lassen.“
Noch am Montagmittag hatte sich der DFB-Präsidialausschuss, dem unter anderem die Bundesliga-Bosse Reinhard Rauball (Borussia Dortmund) und Peter Peters (Schalke 04) angehören, in einer kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz auf die Defensivtaktik verständigt. „Es ist in keiner Weise hinnehmbar“, sagte Rauball, „wenn der DFB und seine Spitze pauschal in den Zusammenhang mit Rassismus gerückt werden.“
Der Konter war nötig. In drei einzelnen Stellungnahmen in englischer Sprache hatte Özil (29), Profi beim FC Arsenal in London, seinen Rücktritt nach 92 Länderspielen für Deutschland zu erklären versucht. Immer wieder ging es um sein umstrittenes Foto mit dem türkischen Staatslenker Erdogan.
Hoher Migrationsanteil beim DFB
„Diese Leute haben mein Bild mit Präsident Erdogan als eine Gelegenheit benutzt, ihre zuvor verborgenen rassistischen Tendenzen zum Ausdruck zu bringen“, behauptete Özil, „und das ist gefährlich für die Gesellschaft...“
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Unverhohlen forderte er Grindel, den er als Ursache für diese aus seiner Sicht fremdenfeindlichen Tendenzen ausgemacht haben will, zum Rücktritt auf: „Leute mit rassistisch diskriminierendem Hintergrund sollten nicht länger im größten Fußballverband der Welt arbeiten dürfen, der viele Spieler aus Familien verschiedener Herkunft hat“, schrieb Özil, bevor er mit seinem Klub zu einer Asien-Tournee nach Singapur flog. „Einstellungen wie von diesen Leuten spiegeln nicht die Spieler wider, die sie repräsentieren sollen.“
Der DFB hat mehr als sieben Millionen Mitglieder. Nach eigenen Angaben verfügt fast jedes fünfte Mitglied im DFB über einen Migrationshintergrund – deutlich mehr als im gesamten Sport (etwa zehn Prozent). Der DFB prognostiziert auf seiner Website: „Jeder zweite deutsche Nationalspieler der WM 2030 dürfte also einen Migrationshintergrund haben.“
DFB-Präsident Grindel hatte die Erdogan-Affäre von Özil und dem ebenfalls beteiligten Nationalspieler Ilkay Gündogan unzureichend zu beschwichtigen versucht. Offensichtlich halfen weder gute Worte noch die Androhung eines WM-Ausschlusses, dass Özil das Erdogan-Foto bedauert. Die Situation um Özil eskalierte.
„In den vergangenen Wochen“, räumte BVB-Präsident Rauball ein, „sind offensichtlich von allen Seiten Fehler gemacht worden.“