Dortmund. Manuel Akanji hatte es nicht immer leicht. Nun steht er mit der Schweiz im Achtelfinale. Am Dienstag muss er die Abwehr zusammenhalten.
Wenn sich ihr Bruder mit den besten Stürmern der Welt in die Schlacht wirft, klinkt Michelle Akanji komplett aus. "Ich sehe nie einen Fehler bei Manuel. Ich bin total parteiisch und völlig emotional", sagte die Schwester des Schweizer Abwehr-Juwels der Aargauer Zeitung. Nun ist die 28-Jährige natürlich nicht bloß Fan wie viele Eidgenossen, die am Dienstag (16 Uhr MESZ/ARD) zum WM-Achtelfinale gegen Schweden nach St. Petersburg reisen. Sie weiß ganz genau, wie steinig der Weg war, den Manuel Akanji hinter sich hat. Ein Weg, der für den Profi von Borussia Dortmund in eine Weltkarriere münden kann.
So klar wie bisher bei der Weltmeisterschaft in Russland drängte sich diese Prognose nicht immer auf. "In der Jugend war ich Durchschnitt. Ich habe aus Spaß gespielt und hatte keinen Plan", sagte der Sohn eines Nigerianers und einer Schweizerin der Zeitung Blick: "Dann hatte ich mit 17 Jahren einen Wachstumsschub, der meiner Leistung Schwung verlieh. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mein Potenzial realisiert." Und nicht nur er. 2015 wechselte der heute 1,86 m große und 86 Kilo schwere Brecher vom FC Winterthur zum Schweizer Vorzeigeklub FC Basel. Dort wurde Akanji zum ersten Mal so richtig vom Schicksal geprüft.
Akanji erlitt Kreuzbandriss
Ein Kreuzbandriss im Frühjahr 2016 stellte ihn auf dem vielversprechenden Weg an die Spitze in die Warteschleife. Neun Monate Reha - und Akanji musste sich fragen, ob das mit der Profikarriere vielleicht alles ein bisschen zu schnell gegangen war. "Da gab es Leute, die sagten, ich hätte zu früh gewechselt oder meine Rückkehr würde nicht gelingen. Denen wollte ich es zeigen", sagte er später. Als Erinnerung daran ließ Akanji sich die Worte "Prove them wrong" ("Zeig ihnen, dass sie falsch liegen") auf den linken Unterarm tätowieren.
Dass seine Kritiker ziemlich falsch lagen, zeigte sich im vergangenen Winter, als der BVB 21,5 Millionen Euro für ihn auf den Tisch legte. Eine Investition in die Zukunft, dachten sie im Ruhrpott, doch eine kleine Rendite warf der Defensivmann schon bei elf Einsätzen in der Bundesliga-Rückrunde ab. Und auch bei der WM zahlte er das Vertrauen von Nationaltrainer Vladimir Petkovic zurück. Mit der Rückendeckung seiner Schwestern Michelle und der drei Jahre jüngeren Sarah trumpfte Akanji im Abwehrzentrum groß auf. Sogar gegen den Rekordweltmeister.
Schweiz trotzte Brasilien in Remis ab
"Wir waren zum Essen eingeladen während der Partie Schweiz gegen Brasilien. Sobald es losging, brachte ich keinen Bissen mehr runter", sagte Michelle Akanji. Als ehemalige Leichtathletin kennt sie die Denke eines Sportlers. Umsonst hungerte sie nicht, der Selecao trotzten die Schweizer ein 1:1 ab, und Manuel hielt die Verteidigung gegen Brasiliens Superstar Neymar zusammen.
Gegen Schweden wird Akanji sogar noch wichtiger, weil sein angestammter Partner Fabian Schär gelbgesperrt ist. Eines steht dabei jetzt schon fest: Michelle Akanji wird sich das kaum in Ruhe anschauen können. (sid)