Essen. Ter Stegen oder Kapitän Neuer? Erneut hat Deutschland mehr als einen geeigneten Kandidaten für die Nummer eins bei der WM. Ein Kommentar.

Probleme auf der Torhüter-Position hatte Deutschland noch nie. Toni Turek, Hans Tilkowski, Sepp Maier, Toni Schumacher, Bodo Illgner, Andreas Köpke, Oliver Kahn, Jens Lehmann, Manuel Neuer – die Liste herausragender Handarbeiter ist über die Jahrzehnte immer länger geworden. Nach einer Nummer eins für große Turniere mussten Bundestrainer nicht lange fahnden. Eher fiel ihnen die Wahl schwer, weil es mehr als einen geeigneten Kandidaten gab. Das ist aktuell wieder der Fall.

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Es ist sogar möglich, dass ein deutscher Torhüter im Finale der Champions League spielt, der noch nicht einmal in den Dunstkreis der Nationalmannschaft gekommen ist. Ja, seit Samstagabend wissen natürlich alle, warum das so ist. Loris Karius wird ausgelacht, und nicht wenige fragen: Was hatte dieser Fliegenfänger da in Kiew überhaupt zu suchen? Jeder, der jetzt so tut, als hätte man die schlimmen Aussetzer des früheren Mainzers vorausahnen können, unterstellt Liverpools Trainer Jürgen Klopp mindestens Fahrlässigkeit – eher sogar Dummheit.

Loris Karius wird extreme mentale Stabilität benötigen, um das Erlebte verarbeiten zu können. Eine Fähigkeit, die auf höchstem Niveau unabdingbar ist. Womit wir bei Manuel Neuer wären.

Löw geht das Neuer-Wagnis ein

Monatelang hat der Weltmeister-Torwart nicht gespielt. Und trotzdem vertraut ihm Bundestrainer Joachim Löw so sehr, dass er sich schon festgelegt hat: Bleibt Neuer schmerzfrei und übersteht er die letzten Tests schadlos, wird er in Russland spielen. Ein Risiko? Na klar, man stelle sich mal vor, Neuer greift bei der WM daneben. Aber Löw geht dieses Wagnis ein, weil er der festen Überzeugung ist, dass es keinen Besseren gibt.

Für Marc-André ter Stegen ist das deprimierend. Ihm sind keine Fehler vorzuhalten, es wird ihm sogar eine prächtige Entwicklung attestiert. Und trotzdem wird er degradiert. Auch er wird das erst mal verkraften müssen. Aber im Vergleich zu dem, was Loris Karius zu bewältigen hat, ist das Kleinkram.