Bochum. Gute Abwehr, schlechter Sturm? Ganz so simpel ist es nicht, wenn man die Leistungen der VfL-Profis genauer betrachtet. Aber tendenziell passt es. Eine persönliche Bilanz nach der Hinrunde.

Aufstiegsreif

Andreas Luthe (26) strahlt Ruhe und Souveränität aus - er hält, was zu halten ist. Auch zwischen den Spielen geht er voraus, ist ein echter Kapitän. Den Titel „Spieler der Hinrunde“ verdient trotzdem einer seiner wichtigsten Vorarbeiter: Patrick Fabian (26). Unglaublich, wie sich der Innenverteidiger nach drei Kreuzbandrissen in seiner ersten „richtigen“ Saison durchsetzt. Ein „Turm“ im Abwehrzentrum: Seine Kopfballstärke ist phänomenal, er wirkt immer sicherer.

Relegationsplatz

Kollege Marcel Maltritz (35) spottet allen Alterskritikern Hohn. Der Dienstälteste beim VfL erzielte obendrein - wie Fabian - zwei Tore, ist ein rackerndes Vorbild. Ähnliches gilt für Slawo Freier (34), der erstmals seit Urzeiten verletzungsfrei durchkam. Der Ex-Offensive fühlt sich auf der rechten Defensivseite wohl, zeigt Konstanz, kommt dynamisch daher. Maltritz und Freier dürften wohl noch ein Jahr dranhängen nach dieser Saison.

Größter Gewinn bei den Neuzugängen: Richard Sukuta-Pasu (23). Würde dieser unermüdliche Teamplayer, dessen Wucht kaum zu verteidigen ist, öfter treffen (erst drei Tore) - die Leihgabe aus Kaiserslautern wäre definitiv nicht zu halten.

Im oberen Mittelfeld

Etwas mehr Konstanz müsste Florian Jungwirth (24) zeigen, dann wäre das neue „Herz“ im Mittelfeldzentrum ein, zwei Kategorien höher einzuordnen. Der wichtige „Sechser“ hat sein Potenzial aber gezeigt, ist ein Musterprofi, vor allem defensiv konnte der Bayer überzeugen.

Seine Kollegen im defensiven Mittelfeld kommen an Jungwirth nicht ganz ran. Danny Latza (24) hat aus seinen Möglichkeiten viel gemacht, ihm fehlt aber ein Stück Klasse. Christian Tiffert (31) benötigte etliche Wochen, um sich wieder an das höhere Tempo zu gewöhnen. Mittlerweile gibt der Routinier (mit) den Ton an auf dem Platz - Steigerung erwünscht. Und möglich. Solide auch Ersatztorwart Michael Esser (26; drei Einsätze wegen Luthes Sperre nach Roter Karte).

Im unteren Mittelfeld

Jonas Acquistapace (24) ist Innenverteidiger und musste - oder durfte? - permanent außen ran. Mit mäßigem Erfolg. Auf den offensiven Flügeln haben Piotr Cwielong (27) und Yusuke Tasaka (28) ganz gut angefangen, doch seit dem Spiel in Sandhausen lassen beide vieles vermissen. Aufgrund ihrer technisch-spielerischen Möglichkeiten muss man mehr erwarten. Lichtblick: Tasaka hat zuletzt eine gewisse Torgefahr entdeckt. Eine Fußball spielende Wundertüte bleibt Ken Ilsö (27). Der Däne fand sich monatelang kaum zurecht, hatte konditionell arge Defizite, zeigte zu wenig Einsatz. In der jüngsten Siegesserie blühte er auf - um zuletzt wieder abzutauchen. Von einem Spieler seiner Qualität muss viel mehr kommen.

Welche Bochumer enttäuschten in der Hinrunde? 

Abstiegsreif

Adnan Zahirovic (23) kam als bosnischer Nationalspieler mit vielen Hoffnungen - und enttäuschte auf ganzer Linie. Beim VfL gilt er auf der „Sechs“ nur noch als Nummer sechs - hinter Jungwirth, Tiffert, Latza, Sinkiewicz und Bulut. Ein Wechsel im Winter wäre ratsam, nicht zuletzt setzt er als VfL-Reservist seine WM-Teilnahme aufs Spiel. Enttäuschend auch Mirkan Aydin (26), der nach Einwechselungen jeden Ansatz seiner Form früherer Tage vermissen lässt. Sein Vertrag läuft aus. Zukunft: offen.

So langsam auf Abschiedstour begeben könnte sich Holmar Eyjolfsson (23). Nach drei Jahren beim VfL ist beim Isländer keine Entwicklung zu erkennen. Der Innenverteidiger, Vertrag bis 2014, muss sich enorm steigern, will er sich für einen neuen Kontrakt empfehlen.

Die Talente

Von den jungen, überwiegend selbst ausgebildeten Spielern des VfL hat vor allem Onur Bulut (19) auf sich aufmerksam gemacht. Weniger Hektik, mehr Übersicht, das wünscht man dem Kämpfer noch.

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Andere werden es schwer(er) haben. Zu Saisonbeginn obenauf mit drei Ligaeinsätzen, muss sich Linksverteidiger Fabian Holthaus (18) wieder von unten (U19, U 23) hocharbeiten. Sven Kreyer (23), Vertragsamateur mit Profieinsätzen, hat sich gut gemacht - aber für den Durchbruch reicht’s nicht. Joel Reinholz (19), Selim Gündüz (19; nach langer Verletzung) und Zugang Mario Jelavic (20) haben in der 2. Liga keine Chance. Ein Leihgeschäft mit einem Dritt - oder Viertligisten, womöglich auch ein Verkauf bietet sich bei diesen Talenten an.

DIE LANGZEITVERLETZTEN
Kaum zu bewerten sind die lange Zeit Verletzten. Felix Bastians’ Qualitäten hat man im ersten und in den letzten vier Spielen gesehen, von dem von Hertha ausgeliehenen 25-Jährigen ist auf der linken Seite noch einiges zu erwarten. Ob Heiko Butscher (33) das Zweitliga-Tempo nochmal gehen kann, ist zu bezweifeln. Lukas Sinkiewicz indes feierte nun ein kaum für möglich gehaltenes Comeback, könnte mit seinen immer noch erst 28 Jahren im Defensiv- oder Mittelfeldzentrum agieren. Ein Hoffnungsträger bleibt Jan Gyamerah (18, noch ohne Einsatz), der Slawo Freier mal beerben soll.

DIE AUSSORTIERTEN
Sie kriegen Lob für ihren Charakter, sportlich sind sie längst zum Wechsel freigegeben: Carsten Rothenbach (33) und Mounir Chaftar (27) sind Drittliga-Kandidaten.