Bochum. . Nach dem Aufschwung unter dem neuen Trainer Peter Neururer hält sich der Ruhrgebietsklub mittlerweile wieder im Keller der Zweiten Liga auf. Am Samstag geht es nach Aue. Zu einem Gegner, der in der vergangenen Saison die Bochumer Personalpolitik beeinflusste.
50 wird Christian Hochstätter am Samstag, der Sportvorstand des Fußball-Zweitligisten VfL Bochum könnte sich einen netteren Ort vorstellen für seinen runden Geburtstag. Um 13 Uhr ist Anpfiff im Erzgebirgsstadion, Aue empfängt den kriselnden VfL (live in unserem Ticker). Wenigstens verspricht Trainer Peter Neururer: „Den Geburtstag werden wir ihm doch nicht versauen.“
Rückblende: Oktober 2012. Es schneit im Erzgebirge, und auf dem weißen Rasen rutschen die Fußballer des VfL ins Chaos. 1:6. Den Trainer, Andreas Bergmann, pustet es aus dem Amt. Karsten Neitzel übernimmt, bis die Sachsen im Revier aufkreuzen. 0:3. Wieder ein Trainerwechsel, es ist der fünfte in nur vier Jahren.
Sturz auf Rang 16
Peter Neururer kommt, spricht, siegt. Der 58-Jährige beschert Bochum den Klassenerhalt, schiebt den dahin darbenden Klub und sich selbst zurück ins Geschäft. Der zu „seinem VfL“ zurückgekehrte Retter, der in seinen 14 Amtszeiten als Trainer nur in Bochum länger als zwei Jahre am Stück arbeitete, erhält einen Vertrag bis 2015.
Das Projekt rollt gut an, es macht Hunger auf mehr nach Jahren der Enttäuschungen. Mit zehn neuen Spielern fast zum Nulltarif plus aufgerückten eigenen Talenten, mit gut aufgelegten Fans und dem Ziel, „kontinuierlich“ einen „neuen“, mutigen VfL aufzubauen. Spielerisch und läuferisch überzeugt das Team zunächst oft, ein fehlender Torjäger, mangelnde Konsequenz im Abschluss kosten Punkte. Nur einen Heimsieg gab es bisher. „Das“, sagt Hochstätter, „ist nicht unser Anspruch.“
Oktober 2013. Der VfL spielt wieder in Aue, und die Herbst-Depression hat die Aufbruchstimmung längst besiegt: Nach drei Liga-Niederlagen in Serie, nach dem unglücklichen 1:2 gegen Aalen, dem erbärmlichen 0:1 in Sandhausen, dem kümmerlichen 0:1 gegen Ingolstadt, nach dem Sturz von Rang vier auf 16, ist schon wieder Abstiegskampf angesagt. Wiederholt sich Geschichte?
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Um seinen Job zittern muss Peter Neururer noch nicht. Vorstand und Aufsichtsrat haben dem Trainer vehement den Rücken gestärkt, man will „nicht beim ersten Gegenwind einknicken“, gab Aufsichtsrats-Boss Hans-Peter Villis eine Art Job-Garantie aus. Auch bei der Mehrheit der Fans hat der 58-Jährige genug Kredit, auch wenn sich die Stimmen mehren, dass „der Peter“ eben „nur ein Feuerwehrmann“ sei.
Von der jüngst noch guten Laune aber ist nicht mehr viel übrig geblieben, Frust, vor allem Ratlosigkeit sind zu schnell zurückgekehrt. „Wir haben in nur zwei Wochen viel kaputtgemacht, was wir uns mühsam wieder aufbauen müssen“, räumt Neururer ein und beklagt mittlerweile eine „zu hohe Erwartungshaltung“.
Begehrlichkeiten geweckt
Worte, die aufhorchen lassen. Nach dem tadellosen 2:0-Sieg beim Topteam Fürth trieb man die Hoffnung auch selbst in Höhen, die mit Durchschnitts-Etat (unter 7,5 Millionen Euro) und Durchschnitts-Mannschaft kaum erreichbar scheinen. Außer Köln, sagte Neururer noch vor wenigen Wochen, sehe er kein Team, das stärker besetzt sei als seins. Mahnungen, dass man „nur“ einen Platz im sicheren Mittelfeld anstrebe im Jahr des Umbruchs und Konsolidierens, gehen da unter. Begehrlichkeiten sind geweckt.
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Umso schmerzhafter ist der Absturz, auch wenn die Liga noch eng beisammen, Bielefeld auf Rang sieben mit nur drei Punkten mehr in Sichtweite ist. Das Klima ist rauer geworden. Neururer, bis dahin ein Streichler seines Kaders, faltete nach dem Sandhausen-Kick Mannschaft und Einzelne öffentlich zusammen, stellte die „Charakterfrage“. In dieser Woche verdonnerte er das Team zu Liegestütze und Steigerungslauf, als es im Training nicht lief. Als „Weckruf“ will er das verstanden wissen.
Ein schmaler Grat. Vor allem, wenn es nicht klingeln sollte.