Bochum. Sie haben es, wie angekündigt, aus eigener Kraft geschafft. Nach dem 2:0-Sieg gegen Eintracht Braunschweig kann der VfL Bochum die nächste Zweitliga-Saison planen. Es gebe „keinen Grund“, sagte Sportvorstand Jens Todt, „die Korken knallen zu lassen“.
Okay, wir halten uns daran, was Sportvorstand Jens Todt gesagt hat. Es gebe „keinen Grund“, sagte er, „die Korken knallen zu lassen“, wenn sich diese vermaledeite Saison schließlich doch noch mit einem Happy End in die dunkle Vergangenheit verabschiedet haben werde. Lassen wir also in aller Bescheidenheit das eine oder andere Fiege durch die Gurgel schäumen, auf das sich allmählich der gnädige Vorhang des seligen Vergessens über das Gesehene und Geschehene senke. Der VfL Bochum bleibt, man glaubt kaum, dass man sich darüber würde freuen können, Zweitligist.
„Wir haben uns und unseren Fans einiges zugemutet, die Unterstützung war schon toll“, sagte Todt nach dem 2:0-Erfolg des VfL Bochum gegen Eintracht Braunschweig. Es war der erste Erfolg nach zehn sieglosen Spielen und, wie Andreas Bergmann treffend formulierte, ein „Spiegelbild der ganzen Saison“. Denn es war - in der Tat - alles drin in diesem Spiel, was den Betrachter verrückt gemacht hat in den letzten Wochen und Monaten. Ungenutzte Torchancen, eine Phase der wackeligen Beine und angekratzten Psyche, die offenbar inzwischen lokaltypische Ampelkarte, auch, sicher, zähes Ringen und Kämpfen - und schließlich die Erlösung.
Freier und Ginczek trafen für den VfL
Nachdem Slawo Freier, der anschließend so fassungslos wie unaufhörlich auf seine Denkerstirn einhieb, per Kopf früh zum 1:0 eingenickt hatte, fegte Daniel Ginczek mit dem 2:0 nach einem Konter über Takashi Inui kurz vor dem Schlusspfiff alles, was sich da an Angstvorrat angesammelt hatte in den letzten Wochen, beiseite.
Und wie das so ist, wenn man noch einmal so eben die Kurve gekriegt hat, so kam auch diesmal die Folklore zu ihrem Recht. Philipp Bönig, den nicht wenige wegen seiner dritten Ampelkarte im fünften Saisonspiel, diesen Rekord wird so schnell niemand brechen, nach einer guten Stunde noch auf den Mond gewünscht hatten, wurde gefeiert nach neun Jahren VfL - als „Bochumer Junge“. Der gebürtige Bayer hatte Tränen in den Augen, dankte den Fans und seinen Mannschaftskameraden, die „mich in den letzten Wochen durchgezogen haben“ und lud ein in die Fangastro. „Bis auf weiteres“, so der scheidende Verteidiger, bräuchten sich die nicht wenigen Gäste keine Gedanken um ihre Barschaft zu machen, sagte Bönig und eröffnete damit die „Dritte Halbzeit“ auf den Schultern eines begeisterten Anhängers. Dass er auch im letzten Versuch für den VfL nicht den Ball über die Linie zu bringen vermochte, kommentierte der 32-Jährige humorvoll und fast altersweise: „Auch ein blindes Huhn findet kein Korn.“
Jannik Stevens behielt die Nerven
Aber sicher einen Korn. Und vielleicht bekam ja sogar Jannik Stevens einen ab. Dem 19-jährigen Abwehrspieler aus dem Regionalliga-Team des VfL hätte vor ein paar Monaten niemand prophezeit, dass er noch vor dem Saisonende in der Zweiten Liga auftreten würde. Als Jonas Acquistapace, der immer noch unter den Folgen eines Infektes leidet, nicht mehr konnte, musste Stevens jedoch ran; der VfL befand sich in Unterzahl, die Braunschweiger berannten das Bochumer Tor - und Stevens behielt die Nerven.
„Das war klasse, das hat er gut gemacht, direkt drei, vier Zweikämpfe zu gewinnen und Ruhe auszustrahlen“, lobte Andreas Bergmann den Aushilfsverteidiger, der nun vermutlich sogar 90 Minuten Zweitliga-Fußball vor sich hat. Nach Aue braucht der gesperrte Philipp Bönig nämlich nicht mehr zu fahren. Der Vorhang ist gefallen.