Eine Woche nur liegt zwischen diesen beiden freien Tagen für die VfL-Profis. Schickte Trainer Andreas Bergmann seine Spieler nach dem 0:4 gegen Paderborn noch zum „Auf-andere-Gedanken-kommen“ in die 24-Stunden-Pause, so sollen sie am heutigen Dienstag einfach nur dieses Gefühl des Sieges „genießen“ nach dem Last-Minute-2:1 gegen den MSV.
Um dann hart weiterzuarbeiten, das betonte Bergmann kurz nach seinem ersten Sieg im zweiten Spiel als VfL-Coach, das betonte er auch gestern. Im Training, zunächst am Mittwoch, soll es wieder intensiv zur Sache gehen, um nach wie vor dringend benötigte Sicherheit zu bekommen. Und am Samstag, beim FC Ingolstadt. Jenem Klub, der in der Vorsaison 4:1 und 3:0 siegte gegen den VfL, nach dem 1:4 in Paderborn nun auch nur einen Punkt mehr hat.
"Kleiner Schritt" zum Ziel
Bergmann ist ja trotz all der erlösenden Freude, die sich bei ihm spontan in einem Sprint und Luftsprüngen ausdrückte und nach dem Schlusspfiff in Umarmungen von Doc, Co- und Torwart-Trainern, Physiotherapeuten, Sportvorstand, Spielern und wer sonst noch in seiner Nähe war, nicht entgangen, dass dieses 2:1 gegen den ebenfalls extrem fehlerhaften MSV nur ein „kleiner Schritt“ gewesen sein kann zum Ziel, das vorhandene Potenzial optimal auszuschöpfen.
Auch Bergmann selbst ist einen Schritt weiter. Nach zehn Tagen in Bochum kann er ja längst nicht alles wissen, was er irgendwann wissen muss. Wer wie tickt, wer auf welcher Position für das Gefüge am wertvollsten ist.
Kramer und Acquistapace überzeugten beim VfL Bochum
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„Ich muss doch einiges ausprobieren“, erklärt Bergmann seine bisherigen Änderungen nicht nur in punkto einer offensiver orientierten Taktik. Ließ er gegen Paderborn Christoph Kramer hinten rechts ran, was völlig schief ging, durfte diesmal Andreas Johansson den Part von Björn Kopplin einnehmen, der nach der Höchstzahl an Liga-Spielen in der Vorsaison offenbar vorerst keine Rolle mehr spielt. Was selbst für die Mannschaft „überraschend“ kam, wie Torwart Andreas Luthe verriet, funktionierte: Der Schwede spielte bis auf eine Szene fast fehlerlos im Defensivverhalten. Kurzfristig, für die nächsten kleinen Schritte, vielleicht keine schlechte Lösung. Offensiv aber hat Johansson weder als Rechtsverteidiger noch im Zentrum gehobene Zweitliga-Qualität.
Wegen seiner Sicherheit und Erfahrung, begründete der Trainer, habe er Johansson diese Rolle zugetraut, zumal in Matthias Ostrzolek auf links bereits ein junger Spieler in der Viererkette spielen muss, der - wie Kopplin - derzeit ziemlich von der Rolle ist.
Acquistapace zählte zu den Stärksten
Jonas Acquistapace, auch ein Talent aus den eigenen Reihen, hat indes in nur zwei Spielen gezeigt, dass er viel mehr sein kann als nur eine Alternative zum bisher enttäuschenden und an Knieproblemen leidenden Lukas Sinkiewicz. Der 22-Jährige, der seit seinem mäßigen Zweitliga-Debüt in Paderborn vor viereinhalb Monaten offensichtlich einen mächtigen Sprung nach vorne gemacht hat, war in Dresden bester Bochumer und zählte auch in seinem erst dritten Profi-Einsatz gegen Duisburg zu den Stärksten. Der gebürtige Soester, seit 2007 beim VfL, gewann die meisten Zweikämpfe, war passsicher, wirkte abgeklärt und bereitete als i-Tüpfelchen das 1:0 vor. Einziges Manko: Mitunter ist er noch zu ungestüm. Wie bei seinem Foul, das zum Freistoß vor dem 1:1 führte.
Eine Frage der Erfahrung wohl, was auch für Christoph Kramer gilt. Der intelligente 20-Jährige erweist sich als mental erstaunlich stabil: Nur eine Woche nach seiner schwachen Leistung trumpfte er dort, wo er sich wohlfühlt, im defensiven Mittelfeld, als Kämpfer mit Herz und Köpfchen auf; ohne Angst, mit Mumm, auch wenn er fußballerisch kein Begnadeter ist.
Im Gegensatz zu Takashi Inui, womit man beim Offensivspiel ist: Das wies (noch) so viele Fehler auf, das eine Steigerung in Ingolstadt unabdingbar ist, um das Pflänzchen Hoffnung nicht gleich wieder zu beerdigen. Inui leistete sich neben überraschenden Zuckerpässen wie vor dem 2:1 durch Torjäger Daniel Ginczek viele Auszeiten, wirkte zart im Zweikampf. Dass er erstmals als Stürmer spielte, nachdem er bereits im offensiven Mittelfeld zentral und links agiert hatte, zeigt indes seine Flexibilität - und brachte Bergmann in seiner Findungsphase weitere Erkenntnisse.
Bergmann stärkt Tese den Rücken
Während bei Mimoun Azaouagh, der nach seiner Verletzung noch nicht bei 100 Prozent sein kann („Er braucht noch Spiele“, so Bergmann), läuferische Fortschritte vermutlich eine Frage der Zeit sind, muss man sich um Chong Tese weiterhin sorgen. Was Bergmann in der Tendenz anders sieht: Gerade in der ersten Halbzeit habe Tese, der auf keinen Fall „lustlos“ sei, viele Wege auch nach hinten gemacht. Der Trainer stärkt Tese seit seiner Ankunft kräftig den Rücken: Mit Inui, Azaouagh und Freier soll der Nordkoreaner, in dem so viel Potenzial schlummert, offenbar das offensive Herzstück des „neuen“ VfL bilden. Irgendwann, wenn die nächsten kleinen Schritte bewältigt werden sollten auf dem Weg zu Konstanz und am Ende: zu echter Spielfreude.
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