Bochum. Jens Todt löst Thomas Ernst als Sportvorstand ab - und soll den „Ausbildungsverein“ VfL stärker profilieren. Thomas Ernst hatte zuletzt sowohl bei Fans, als auch beim Aufsichtrat einen schweren Stand.

Den Fans, betonte Jens Todt nach dem Ende seiner offiziellen Präsentation nochmal im kleinsten Kreis, den Fans will er sich so schnell wie möglich persönlich vorstellen, „das ist ganz wichtig“; dieses Kennenlernen soll auf seiner langen Liste, die der 41-Jährige in den kommenden Tagen und Wochen abzuarbeiten hat, gewiss nicht ganz unten stehen. Und Jens Todt, intelligent und eloquent, gewiss kein Phrasendrescher, kein Lautsprecher, nimmt man ab, dass er dies so meint wie er es sagt - ohne den Hintergedanken, dass sein Vorgänger einen, gelinde gesagt, schweren Stand hatte beim Großteil der Anhänger und Mitglieder.

Und zuletzt auch beim Aufsichtsrat

Ernst-Otto Stüber, erst seit gut fünf Monaten Chef der weitgehend neuen Ratscrew des VfL, dankte höflich Thomas Ernst für „sein Engagement“, „seine Verbundenheit mit dem Verein“ und die „erfolgreiche Rückrunde, die auch seine Handschrift trägt“ - um dann noch deutlicher zu werden: Der Aufsichtsrat sei sich nach „intensiver Debatte“ einig gewesen, „uns an dieser Stelle zu optimieren, zu verstärken, besser aufzustellen.“

Und zwar seit Wochen schon - unabhängig von der Liga, vom Ausgang der Saison, der Relegation, wie Stüber versicherte. Seitdem arbeitete der Rat eine Liste von Kandidaten für den Posten des Sportvorstands ab, Todt stand dabei ganz oben auf dem Zettel. Man war, im Klartext, nicht zufrieden mit der Arbeit von Thomas Ernst.

Dessen Vertrag läuft Ende Dezember aus, abgesehen von Übergabe-Modalitäten („Er verhält sich sehr loyal und professionell“, so Stüber) aber trägt er ab sofort keine Verantwortung mehr. Jens Todt unterschrieb einen rückwirkend ab 1. Juni 2011 gültigen Vertrag über zwei Jahre und hat sich bereits, wie er sagte, in eine „spannende, große Aufgabe gestürzt“.

Hat sich mit seinem Vorgänger Thomas Ernst ausgetauscht, mit dem er seit der gemeinsamen aktiven Zeit beim VfB Stuttgart befreundet ist („Das wird auch so bleiben“,so Todt); hat sich mit Trainer Friedhelm Funkel getroffen, der seinen Mallorca-Urlaub gestern unterbrach und erst heute zurück auf die Insel fliegt.

Die Vertragsverhandlungen, die Ernst begann, soll er ja fortführen (oder auch beenden), bereits am 18. Juni ist Trainingsauftakt. Todt selbst kennt ja auch den einen oder anderen Spieler, junge Spieler vor allem - ein Grund, warum ihn der VfL holte.

„Wir wollen uns als Ausbildungsverein noch stärker positionieren“, sagte Stüber und stellte Todts „Netzwerk“, seine Erfahrung bei großen Vereinen als Spieler und insbesondere im Nachwuchsbereich heraus. „Er passt optimal in unser Anforderungsprofil.“

Todt will die "Nachwuchsarbeit stärken"

Todt, dessen bis 2013 datierter Vertrag beim VfL Wolfsburg auf seinen Wunsch und zum Bedauern von Trainer Felix Magath („Er hat hier gute Arbeit geleistet“) aufgelöst wurde, den VfL aber keine Ablöse kostet, gab sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt für seinen neuen Klub unaufgeregt, sachlich, klar in der Ansage, ohne Illusionen: Der Aufstieg ist natürlich das oberste Ziel, unabhängig davon, dass sich „die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ja jetzt nicht verbessern“. Doch folgt man Todts Worten, soll mittelfristig eine Strategie erkennbar werden, eine „eigene Handschrift“, wie er sagt: „Etwas eingekeilt“ von Schalke und Dortmund müsse man „trotzig und frech“ sein, eine „Nische entdecken“ und besetzen, „mehr eigene Talente bei den Profis einbinden“, die "Nachwuchsarbeit stärken". Und die Mannschaft solle sich „fußballerisch verbessern“, soll „frechen Fußball“ bieten, sagt Todt. Das ginge nicht von heute auf morgen, schon gar nicht allein: Ausdrücklich setzt er auf „die Mitarbeiter“ des „mit ruhiger Hand geführten“ Vereins, auf seinen Vorstandskollegen Ansgar Schwenken, auf „Trainer Friedhelm Funkel, zu dem ich großes Vertrauen habe“. Gemeinsam wolle man nun zügig einen „Fahrplan“ aufstellen, sagt Todt - damit (wieder) real wird, wovon Ernst-Otto Stüber überzeugt ist: Dass der VfL in gut einem Jahr wieder „in der 1. Liga spielt. Da, wo er hingehört.“