„Unaufgeregt“, sagte Claus-Dieter Wollitz zum x-ten Mal, habe seine Mannschaft auf den Rückstand reagiert. Unaufgeregt ist das Lieblingswort des Mannes, den nicht nur in Cottbus alle „Pele“ nennen und der so ziemlich das Gegenteil von Ruhe und Abgeklärtheit signalisiert. Wollitz ist nämlich aufgeregt, wo er geht und steht und redet und redet und redet.

Friedhelm Funkel ist auch aufgeregt - an der Seitenlinie gebärdet er sich schon einmal wie ein wild gewordener Handfeger. Die innere Spannung wendet sich dann nach außen. Danach, wenn das Ergebnis feststeht und es keine Möglichkeit mehr gibt irgendetwas zu beeinflussen, sammelt er sich, wird ruhig, versucht zu akzeptieren was geschehen ist und Erklärungen dafür zu finden. Seitdem er beim VfL Bochum ist, muss sich Funkel oft sammeln, muss sich zurücknehmen, muss erklären, viel erklären.

Funkel muss auch nach der 1:2-Niederlage in Cottbus zumindest einen Hauch von Optimismus verbreiten. Er darf seine Spieler nicht fortwährend in die Pfanne hauen, darf nicht über die absurden fünf bis zehn Ballkontakte Giovanni Federicos in der ersten Halbzeit sprechen, darf nicht kritisieren, dass Zlatko Dedic nur ungern seinen kostbaren Körper zwischen Ball und Gegner schiebt, darf nicht anprangern, dass Christoph Dabrowski pro Spiel zu drei, vier taktischen Fouls förmlich gezwungen wird, weil um ihn herum nur wenig funktioniert, darf auch nicht öffentlich erörtern, dass es sich nach den Geschehnissen der letzten Spielzeit immer noch nur um eine Ansammlung von Spielern handelt, aber nicht um eine Mannschaft.

Aber Funkel widerspricht auch nicht, als ein Journalist von einer seiner „kniffligsten Aufgaben“ redet.

In Cottbus ist ein neues Problem hinzugekommen. Chong Tese, der in den ersten Saisonspielen den Eindruck gewonnen hatte, er müsse in diesem Team alles allein machen, knallt seinen Dickkopf entschieden zu oft gegen die Wand. Weil das Frust verursacht, lässt der Koreaner anschließend schon einmal die Schultern hängen, fängt an zu meckern und sammelt Gelbe Karten ein. Tese, der für das Spiel am Freitag gegen den FSV Frankfurt gesperrt ist, wird für seine Unbeherrschtheiten eine Geldstrafe berappen müssen, die, so Funkel, „weh tut“ - und er wird mittels Videomaterial Anschauungsunterricht bekommen, was er so alles falsch macht in seinem Eigensinn.

Verzichtbar aber ist Chong Tese nicht. Wenn der VfL Bochum noch eine Chance haben will seinem Ziel wenigstens nahe zu kommen, dann nur mit ihm.

„Wir lassen zu viele Punkte liegen, weil der Gegner über weite Strecken mehr investiert“, sagte Slawo Freier nach der Niederlage. Das ist bemerkenswert, denn Freier, in Cottbus der agilste Bochumer Offensiv-Spieler, ist in seinem Urteil eher zurückhaltend. Dabei hat er mit diesem Satz auch nur verbalisiert, was in der Spielstatistik unter der Rubrik „Gewonnene Zweikämpfe am Ball“ geführt wird. 64 Prozent Cottbus, 36 Prozent Bochum steht da, und das ist an Eindeutigkeit kaum zu überbieten.

Dass der VfL in der Lausitz eine starke Schluss-Viertelstunde zuwege brachte, lag vorwiegend am Gegner, dessen Kräfte nach dem Pokalsieg gegen Freiburg unter der Woche schwanden. Im Rückspiel wird das vermutlich anders sein, denn Energie will im Winter investieren - und dürfte dann über eine besser besetzte Bank verfügen.