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Schock für den VfL Bochum: Publikumsliebling Philipp Bönig renkte sich am Mittwoch beim Training das linke Ellbogengelenk aus. Der Linksverteidiger fällt mindestens sechs Wochen lang aus.

Es ist 11 Uhr am Mittwochvormittag, als die paar Kiebize am Trainingszaun zusammen zucken und die Profis des VfL Richtung Mittellinie starren. Philipp Bönig liegt nach einem Zweikampf am Boden, er ist unglücklich auf den linken Arm gefallen. Er schreit vor Schmerz. Einmal, zweimal, zigmal; laut, minutenlang, dass einem angst und bange wird um die Gesundheit des 30-Jährigen.

Physiotherapeut Jürgen Dolls und Fitness- und Reha-Trainer Stefan Bienioßek eilen zu Bönig, legen einen Armverband an, dann geht’s ins Krankenhaus nach Dortmund, zu Vereinsarzt Dr. Karl-Heinz Bauer. Diagnose: ausgerenktes Ellbogengelenk. „Wir haben das Gelenk wieder eingerenkt und eine Gipsschiene angelegt“, erklärte Bauer, der zunächst auf eine konservative Behandlung setzt. Erst nach dem Rückgang der Schwellung wolle er entscheiden, ob Bönig operiert werden müsse. Klar ist: Der Publikumsliebling fällt mindestens sechs Wochen lang aus.

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Nur eine Stunde nach dem vorzeitigen Trainingsende kommt Trainer Friedhelm Funkel zum Pressegespräch in die vierte Etage des Stadioncenters. Er wirkt ruhig und abgeklärt wie immer. Dass es ausgerechnet Bönig erwischt hat, der in der vergangenen Saison wegen seiner Leistenbeschwerden monatelang pausieren musste, das sei „besonders bitter für ihn und tut uns allen Leid“, sagt Funkel.

Aber vor allem sagt der Trainer-Routinier mit Blick aufs Ganze, mit seiner professionellen Art: „Verletzungen kommen immer wieder vor im Training. Damit muss man umgehen.“

Wer den Linksverteidiger, in Offenbach noch einer der Besseren, ersetzen soll, ließ Funkel offen. Erste Alternative dürfte Björn Kopplin sein, der rechts wie links verteidigen kann und vermutlich ohnehin - für Marc Pfertzel auf rechts - in die erste Elf gerückt wäre.

Bönigs Ausfall, so schmerzhaft er ist, muss der VfL, der Aufstiegs-Mitfavorit, verkraften können, das ist Funkels Botschaft - genau wie einen (herben) Rückschlag, das 0:3 in Offenbach. Die Mannschaft habe sich „sehr einsichtig“ gezeigt, sagt der Trainer und stellt klar, dass man sich die „positive Stimmung“, die man sich in der guten Vorbereitung erarbeitet habe, „nicht durch eine Niederlage kaputt machen“ lasse. „Die Mannschaft“, so Funkels Eindruck rund acht Wochen nach Dienstantritt und fünf Tage vor dem Zweitliga-Start gegen 1860 München, „ist lernwillig, sie geht im Training an ihre Grenzen.“ Das zeichne sie aus.

Natürlich ist ihm bewusst, dass den Fans genau dieser Eindruck völlig abhanden gekommen ist in den letzten Monaten. Die „Skepsis“ der Anhänger, sagt Funkel, sei völlig in Ordnung, aber sie dürfe nicht in Ablehnung, in „mangelnder Unterstützung“ münden. „Wir müssen eine Einheit sein“, betont er immer wieder. Anders gesagt: „Ohne Unterstützung wird es schwierig.“

Der Coach ist überzeugt, dass die Fans der Pokal-Pleite, der gesperrten Osttribüne zum Trotz gegen die Löwen diese Unterstützung geben werden: „Wir haben alle das gleiche Ziel, den Wiederaufstieg.“ Und er lässt keinen Zweifel daran, dass seine Spieler dafür die „Vorleistung“ erbringen müssen auf dem Platz.

Kopfsache auch, vielleicht: in erster Linie. Denn auch das Selbstvertrauen der Spieler ist ja verloren gegangen nach sechs Monaten (!) ohne Pflichtspiel-Sieg. Viele Einzelgespräche würde er führen, sagt Funkel, „viele Dinge ansprechen“. Doch den Kredit bei den Fans und eigenes Selbstvertrauen zurückzugewinnen nach solch langer Talfahrt, das ginge „nicht von heute auf morgen, nicht in vier, fünf Wochen“, sagt Funkel. „Das wird harte Arbeit, das braucht Zeit. Aber auch in dieser Zeit muss es mehr positive als negative Erlebnisse geben.“

Möglicherweise noch mit einem Neuen. „Der Transfermarkt schließt erst am 31. August, bis dahin muss man immer hellwach sein“, sagt Funkel, ohne konkreter werden zu wollen. Auch nicht im Fall Anthar Yahia, der selbst längst erklärt hat, definitiv beim VfL zu bleiben: „Abwarten“, sagt Funkel dazu und bleibt diplomatisch, wenn es um Yahias Chancen um einen Platz in der Startelf geht: „Sollte seine Entscheidung endgültig sein, kann man sicher mit ihm noch rechnen.“

FUNKELS FAVORITEN: HERTHA, AUGSBURG - BOCHUM

Am Montag startet der VfL mit einem Heimspiel gegen 1860 München in die Zweitliga-Saison - es soll der erste Schritt werden auf dem langen Weg zum Aufstieg. In einer Liga, in der es im Vergleich zur ersten Klasse weniger aufs Spielerische und noch mehr auf die Physis ankommt, sagt Trainer Funkel: „In der 2. Liga wird noch mehr gelaufen und gekämpft.“ Erst Recht gegen den VfL, den die 18 Zweitliga-Trainer in einer Umfrage nach Hertha BSC zum Aufstiegsfavoriten kürten. Auch für Funkel ist sein Ex-Klub der Topfavorit, zudem erwartet er Augsburg, Düsseldorf, Cottbus und Fürth ganz vorne - und natürlich den VfL. „Gegen die Absteiger“, mahnt der Coach aber, „steigt für alle erst einmal das Spiel des Jahres, das ist fast wie bei einem Pokalspiel. Wenn man da nicht 100 Prozent wach ist und dagegen hält, erlebt man sein blaues Wunder.“ Wie in Offenbach.