Bochum. .

Er gehört zur aussterbenden Spezies der Vereinstreuen. Vom Profispieler über den Fanbetreuer bis zum Trainer hat Frank Heinemann bereits fast alle Positionen beim VfL Bochum besetzt. Nun ist „Funny“ verantwortlich für den Nachwuchs.

Wenn einer Funny gerufen wird, ist damit schlechte Laune ausgeschlossen? Frank Heinemann denkt kurz nach. „Wäre schön, wenn es so wäre“, sagt er dann. „Aber größtenteils bin ich schon einer, der häufig gut gelaunt ist.“ Den Spitznamen bekam er schon als Kind verpasst, von einem Nachbarjungen. Früher hatten ja viele gute Fußballer Spitznamen. Emma, Stan, Boss, Katsche, Bulle, Buffy – lauter Typen, lauter Originale. Wie Funny.

Frank Heinemann ist ein Dinosaurier des Fußballs. Eines der letzten Exemplare einer vom Global Player bedrohten Art: der Spezies der Vereinstreuen. Der 45-Jährige hat seit seinem elften Lebensjahr nur für einen Klub gespielt und gearbeitet, für den VfL Bochum. Seit Anfang März leitet er dessen Nachwuchsabteilung – der Job fehlte noch in dieser im deutschen Fußball beispiellosen Vita.

Angebot aus Frankfurt verschwiegen

Nach der Jugendzeit bewegte Frank Heinemann den Ball zuerst für die zweite Mannschaft, mit 21 wurde er Profi. Als ihm das Kreuzband riss, half er sogar ein Jahr lang als Fan-Beauftragter aus. Zu einem Vereinswechsel drängte es ihn nicht, er wusste nicht einmal, dass er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. „Damals habe ich im Nachhinein erfahren, dass mich Trainer Dragoslav Stepanovic zu Eintracht Frankfurt holen wollte“, erzählt er. „Die Anfrage ging direkt an den Verein. Und der hat einfach abgesagt. Mit der Begründung, der Funny sei Bochumer.“

Nach dem Ende der Spielerkarriere wurde Frank Heinemann Co-Trainer. Die Cheftrainer kamen und gingen, sie hießen Toppmöller, Middendorp, Dietz, Zumdick, Schafstall, Neururer und Koller. Heinemann blieb. Obwohl Trainer im Profigeschäft gewöhnlich ihre vertrauten Assistenten mitbringen. Es wäre vermutlich leichter gewesen, einem Eskimo täglich ein Eis am Stiel zu verkaufen, als über diese Strecke in diesem Amt zu bestehen. Frank Heinemann hielt trotzdem durch. 13 Jahre lang.

Loyal zu den Chefs

Sämtliche Chefs schätzten an ihm seine Loyalität, Kritik blieb intern. „Das war mir immer wichtig“, sagt er. „Es waren verschiedene Typen, aber keiner von ihnen hatte zwei Gesichter.“

Als im September des vergangenen Jahres Marcel Koller entlassen wurde, sprang Frank Heinemann als Interimstrainer ein. Zwei Monate lang versuchte er, sein eigenes Profil zu schärfen, sich als Dauerlösung zu empfehlen. Dann meinte der Vorstand, Neues probieren zu müssen. Heiko Herrlich wurde geholt – und der ewige Bochumer stand plötzlich ohne Job da.

Frank Heinemann hat es der VfL-Führung nicht übel genommen, dass er zuvor eine Zeitlang hingehalten wurde. „Ich wusste von Anfang an, was Interimstrainer heißt“, sagt er. „Wenn ich von Spielern erwarte, dass sie professionell mit Kritik umgehen können, muss ich auch so eine Entscheidung des Vereins professionell akzeptieren.“

Danach hatte er im vier Monate währenden Wartestand zwar mehr Zeit für Frau, Tochter und Sohn, aber er vermisste doch das Tagesgeschäft. „Das war eine ganz neue Situation für mich“, erzählt er. „Mit 16 Jahren habe ich als Elektromaschinenmonteur bei Krupp angefangen, seitdem hatte ich immer Arbeit.“

Offenbar aber ahnten sie beim VfL, dass es leichtsinnig gewesen wäre, einen internen Experten, der jeden Stolperstein auf dem Bürgersteig an der Castroper Straße kennt und den Grashalmen im Stadion Namen geben könnte, ziehen zu lassen. Und so entstand die Idee, ihn mit der Koordination der Nachwuchsabteilung zu betrauen – „das ist ein spannender Job bei elf Mannschaften“, versichert er.

Natürlich muss es das Ziel sein, den VfL-Profis eigenen Nachwuchs zuzuführen. Wenn einer den Weg von der Jugend in die Bundesliga kennt, dann Frank Heinemann. „Die Jungs brauchen vor allem Geduld“, rät er. Das U-23-Team sei ein sinnvoller Zwischenschritt. Er selbst will sich aber mit gleicher Hingabe auch um die Kinder bis hinunter zur U 9 kümmern: „Gerade bei den Kleinen müssen wir anfangen.“

Vielleicht entdeckt er dort ja einen Jungen aus Riemke, Querenburg oder Langendreer, der ein außergewöhnliches Talent, den unverzichtbaren Willen und das pochende Herz für den VfL mitbringt. Dem könnte er dann erzählen, dass es nichts bedeuten muss, wenn es später mit einem Wechsel nach Frankfurt mal nicht klappen sollte.