Bochum. Der VfL Bochum trifft auf einen verunsicherten VfL Wolfsburg. Ein Sieg - und ein weiter Konkurrent steckt tief im Abstiegskampf.
Es braucht nicht viel Fantasie, um ein ungleiches Duell zu erkennen, wenn der VfL Bochum am Samstagnachmittag beim VfL Wolfsburg antritt (15.30 Uhr/Sky). Allein ein Blick auf die Begebenheiten vor Ort lassen die Unterschiede deutlich werden. Während der VfL am Mittellandkanal ein hochmodernes Stadion finanziert durch die VW-Gruppe hingestellt bekommen hat, kämpft der VfL an der Castroper Straße gerade darum, dass das in die Jahre gekommene Ruhrstadion modernisiert wird. Im vergangenen Transfersommer verpflichtete Wolfsburg zudem Spieler im Gesamtwert von 74,2 Millionen Euro, während Bochums Toptransfer Moritz-Broni Kwarteng knapp über eine Million Euro kostete. Und trotzdem treffen sich beide Mannschaften in der Volkswagen-Arena zu einem richtungsweisenden Duell im Kampf um den Klassenerhalt. Aller Unterschiede zum Trotz.
Nur ein Punkt trennt die beiden Klubs derzeit. Obwohl der VfL Bochum seit Mitte Februar nicht mehr gewinnen konnte, zwischenzeitlich wie die Wolfsburger den Trainer wechselte, sammelte der Ruhrgebietsklub zwei Zähler mehr in der Rückrunde als der Konkurrent aus der Autostadt. Das spiegelt sich auch in der Stimmung wider. Nach dem Wechsel von Thomas Letsch auf Heiko Butscher herrscht in Bochum wieder so etwas wie Euphorie. Der späte Punktgewinn gegen den 1. FC Heidenheim am vergangenen Wochenende wurde als „Sieg des Willens“ gefeiert. Währenddessen herrscht in Wolfsburg Krise vor. Daran änderte auch der Trainerwechsel von Niko Kovac hin zu Ralph Hasenhüttl wenig. Ein Sieg und zwei Niederlagen stehen auf dem Konto des Österreichers. Die Tendenz aber spricht nicht für ihn.
VfL Wolfsburg hat den Existenzkampf ausgerufen
Die Probleme des Klubs zeigen sich auf allen Ebenen. Marcel Schäfer, immerhin fast zwei Jahrzehnte im Verein, wurde kürzlich vor die Tür gesetzt, weil er künftig für RB Leipzig arbeiten will. Auch Sportdirektor Sebastian Schindzielorz, der in der vergangenen Saison aus Bochum nach Wolfsburg wechselte und dort große Brötchen backen wollte, steht inzwischen vor dem Aus. Die Mannschaft? Wird von Fans seit Wochen als willenloser Haufen in Forenbeiträgen und in den sozialen Medien betitelt. Zudem machten Disziplinlosigkeiten wie etwa von Maxence Lacroix, der mehrfach gesperrt fehlte, und Verletzungen von beispielsweise Torhüter Koen Casteels die Arbeit der Trainer noch schwerer. „Der Existenzkampf ist da. Es ist brandgefährlich“, fasst Schindzielorz die Situation zusammen.
In Bochum haben sie deshalb die Gunst der Stunde längst erkannt. Als Big-Point-Spiel rief Keven Schlotterbeck das Duell bereits am vergangenen Wochenende aus und auch Heiko Butscher formulierte auf der Pressekonferenz am Donnerstag deutlich die Ansprüche. „Wir wollen Wolfsburg ganz klar reinziehen“, sagte er. Darin sehen sie an der Castroper Straße die große Chance auf den dritten Klassenerhalt in Serie. Nicht Mainz 05 scheint derzeit der Gegner zu sein, den man hinter sich lassen kann, um nicht in die Relegation zu müssen. Vielmehr schauen sie nach oben: Wolfsburg und Union Berlin schwächeln seit Wochen und haben sicher nicht mit dem Kampf um den Klassenerhalt gerechnet. Stattdessen wollten sie sich für den internationalen Wettbewerb qualifizieren, entsprechend wurden die Kader zusammengestellt. Können Maximilian Arnold, Jonas Wind und Co. Abstiegskampf? Bislang sieht es nicht danach aus.
VfL Bochum: Spieler kennen den Abstiegskampf
Etwas anders stellt sich die Lage in Bochum dar. Viele Spieler, wie etwa Kapitän Anthony Losilla, kennen die Situation. Die Verantwortlichen verwiesen ohnehin stets darauf, dass es bis zum Schluss eng bleiben wird – auch als der Vorsprung auf die Abstiegsränge groß war. Deshalb sei es nun auch nicht wichtig, dass die besten elf Individualisten auf dem Platz stehen, sondern die bestmögliche Mannschaft. „Es geht um das große Ganze“, sagte Butscher.
Eine Taktik in Wolfsburg könnte daher lauten, möglichst lange die Null mit einer stabilen Defensive zu halten, um dann „das Spiel zu vollenden“, wie Butscher es nannte. Es mit drei Punkten für sich zu entscheiden und dabei die Wolfsburger Anhänger für sich zu nutzen, die mit fortlaufender Spieldauer bei einem Unentschieden oder gar Rückstand zunehmend nervöser würden. Dass Bochum darauf abzielt, weiß aber auch Hasenhüttl, der deshalb unter der Woche Spieler suchte, die möglichst gut dagegenhalten. Unterschiedsspieler tun sich eher wenige hervor.
Gut möglich also, dass der kleine VfL Bochum den größeren VfL Wolfsburg am Samstag bereits hinter sich gelassen hat.