Bochum. Keven Schlotterbeck durchlebte am Samstag beim 1:1 seines VfL Bochum gegen den 1. FC Heidenheim alle Gefühlswelten. Wieder einmal.
Es gibt Situationen, die erlebt man als Fußballer wohl maximal einmal in seinem Leben. Etwa: erst ein Eigentor in einer Partie erzielen, später dann auf der anderen Seite aber auch noch einmal ins Tor treffen. So wie es Keven Schlotterbeck am Samstagnachmittag beim 1:1 des VfL Bochum gegen den 1. FC Heidenheim passierte. In der 81. Minute traf er auf kurioseste Weise ins eigene Tor, bevor er seine Mannschaft in der 90. Minute zum „moralischen Sieger“ machte, wie es VfL-Sportdirektor Marc Lettau ausdrückte.
Für Schlotterbeck wird dieser Nachmittag anders in Erinnerung bleiben. Er erlebte ein Deja-vu. Schon im vergangenen Oktober gelang dem Innenverteidiger dieses seltene Kunststück. Beim 2:2 gegen Mainz 05 in der Hinrunde erzielte er ebenfalls zunächst ein Eigentor, bevor er auf der anderen Seite traf. Der Unterschied: damals verloren die Bochumer die Partie gefühlt, obwohl sie 2:2 endete. Wie so häufig in dieser Saison, als die Mannschaft in den Schlussminuten Gegentore kassierte und somit wichtige Punkte verspielte. Dieses Mal war das 1:1 hingegen ein wichtiger Punktgewinn im Kampf um den Klassenerhalt.
Schlotterbeck macht es wie gegen den FC Bayern
Zufrieden war Schlotterbeck, der nach dem Eigentor nach eigener Aussage ein paar Sekunden mit sich zu kämpfen hatte, deshalb nicht. „Wir wollten gewinnen“, sagte er. „Aber wir haben ein anderes Gesicht gezeigt.“ Weil man endlich nach einem Nackenschlag wieder zurückgekommen sei.
Ansonsten aber glich der VfL Bochum unter dem neuen Trainer Heiko Butscher stark dem VfL Bochum unter dem am Montag beurlaubten Thomas Letsch. Die Mannschaft presste hoch, versuchte vor heimischen Publikum den Gegner einzuschnüren. Wie so oft waren die Abschlüsse zu ungenau. So verwundert es kaum, dass Innenverteidiger Schlotterbeck mit vier Treffern der drittbeste Bochumer Torschütze in dieser Saison ist. Wie schon gegen den FC Bayern setzte er sich gegen Heidenheim vom Gegenspieler ab und wuchtete den Ball ins Tor.
Er habe ob dieses 1:1 gegen Heidenheim, dass immerhin den Abfall auf den Relegationsrang verhinderte, ein „reines gemischtes Gefühl“. Zum einen, so sagte er es, wäre er nach dem Eigentor gern im Boden versunken. Auf der anderen Seite wolle er das positive Gefühl mitnehmen. Das stellte sich direkt nach Abpfiff aber noch nicht so recht ein.
Zumal das Eigentor irgendwie in die Saison des VfL Bochum passte: Es fiel auf kuriose Arte und Weise. „Hoher Ball, Anthony Losilla geht zum Kopfball, unterläuft. Ich will den Ball über das Stadiondach hauen, verfehle den Ball, treffe ihn mit der Schulter und der fällt genau so rein, das gar keiner mehr hinkommt. Das ist das, was mich ärgert“, so der Leihspieler des SC Freiburg. Es sei das Spielglück, was dem VfL Bochum seit Wochen fehle.
Deshalb nahm Schlotterbeck, der von allen Seiten nach seinem eigentlich guten Auftritt gelobt wurde, auch Ex-Trainer Thomas Letsch in Schutz. Dass dieser am Montag gehen musste, sei eine schwierige Situation für alle gewesen. Besonders für ihn, der in seiner Karriere noch keinen Trainerwechsel hautnah miterlebte. „Unter Thomas Letsch war nicht alles schlecht. Wir hatten Pech und Schwierigkeiten in der Schlussphase“, so Schlotterbeck. Er habe deshalb den 55-Jährigen noch einmal angerufen und sich für die gemeinsame Zeit bedankt.
VfL Bochum will Big-Point gegen Wolfsburg
Nun gehe es aber darum, den Blick nach vorn zu richten. Durch das Remis hat der VfL Bochum weiterhin alles in der eigenen Hand, steht einen Punkt vor dem Relegationsrang und könnte in den kommenden Wochen auch den VfL Wolfsburg und Union Berlin ganz tief in den Abstiegskampf hineinziehen.
„Nächste Woche gegen Wolfsburg ist es ein Big-Point-Spiel“, so der 26-Jährige, den sie so gern über den Sommer hinaus in Bochum behalten würden. Am kommenden Samstag fährt der VfL nach Wolfsburg und könnte mit einem Sieg ein weiteres Lebenszeichen im Kampf um den Klassenerhalt setzen. Das müsse in die Köpfe der Spieler. „Es tut sich was“, sagte Schlotterbeck über die Veränderung im Kader unter der Woche. „Die Mannschaft ist enger zusammengerückt.“
In den kommenden Wochen kann Schlotterbecks Comeback am Samstag dann zum Vorbild für all seine Mitspieler gelten. „Auf Keven Schlotterbeck kann man sich verlassen. Er hat Moral und die richtige Einstellung“, lobte Neu-Coach Butscher. Genau die Eigenschaften, die es im Kampf um den Klassenerhalt dringend benötigt. Und wer weiß: vielleicht ist am Ende genau dieses eine Schlotterbeck-Tor entscheidend gewesen.