Bochum. Tim Oermann hat sich beim VfL Bochum als Rechtsverteidiger festgespielt. Er freut sich auf das Duell gegen den FC Bayern.

Chris Führich, Jadon Sancho, Donyell Malen, Hugo Larsson, Omar Marmoush – es ist eine illustre Auswahl an Gegenspielern, die Tim Oermann in den vergangenen vier Wochen auf sich zu rennen sah. Es ist aber auch eine Auswahl, die der erst 20-Jährige über weite Strecken der Partien seines VfL Bochum gegen den VfB Stuttgart, Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt aus dem Spiel nahm. Die Belohnung durch Trainer Thomas Letsch: ein Stammplatz als Rechtsverteidiger und quasi eine Einsatzgarantie gegen den FC Bayernam Sonntag an der Castroper Straße (17.30 Uhr, DAZN).

Er macht das sehr souverän für die wenige Einsatzzeit auf der Position. Ich sehe keine Veranlassung, zu wechseln“, sagte Letsch unter der Woche und lobte das Talent aus dem eigenen Nachwuchs in den höchsten Tönen. „Er macht es clever. Er rückt gut ein, wenn es über die linke Seite geht. Dann ist er in seinem Element. Aber auch auf der Seite macht er das stark, er schaltet sich gut nach vorn ein, ist mutig.“ Er hat sich festgespielt bei Letsch, ist stark gegen den Ball.

VfL Bochum: Große Konkurrenz in der Innenverteidigung

Es ist eine rasante Entwicklung, die Oermann in den vergangenen Wochen gemacht hat. Noch im Winter sah es stark nach einer Leihe aus – wie schon im Vorjahr, als er die Rückrunde beim Wolfsberger AC in Österreich spielte. Letsch wollte ihm gern bei einem anderen Verein Spielpraxis verschaffen. Doch der Verein, insbesondere Sportdirektor Marc Lettau, blieb standhaft: Oermann solle den Durchbruch beim VfL Bochum schaffen. Dass sie ein großes Talent in ihren Reihen haben, daran zweifelte niemand. Doch auf seiner Stammposition, der Innenverteidigung, ist das Angebot überaus groß. Keven Schlotterbeck, Ivan Ordets, Erhan Masovic, Noah Loosli – sich dort einen der zwei Startplätze zu erarbeiten, gleicht einem Himmelfahrtskommando.

Hatte es schon mit Jadon Sancho zu tun: Tim Oermann (r.)
Hatte es schon mit Jadon Sancho zu tun: Tim Oermann (r.) © AFP | LEON KUEGELER

Lettau, Letsch und das Trainerteam feilten an einer Lösung – und probierten Oermann auf der rechten Abwehrseite aus. In Trainings und in einem Testspiel wurde das bereits in der Hinrunde getestet. Und so blieb der 20-Jährige an der Castroper Straße. „Es hatte sich für mich abgezeichnet, dass ein Verbleib auf einer anderen Position für mich möglich ist“, sagte er.

Dabei stehen mit Felix Passlack und Cristian Gamboa für diese Position zwei Spieler im Kader. Beide konnten in dieser Saison aber nicht gänzlich überzeugen. Zudem geht ihnen eine Eigenschaft ab, die Oermann besonders wertvoll für den VfL Bochum macht: Geschwindigkeit. „Wir sind eine Mannschaft, die sehr intensiv spielt, viele Zweikämpfe führt. Das ist auch auf der Position wichtig“, sagt Oermann selbst über die Anforderungen an seine Person. „Dort habe ich viele Zweikämpfe, muss viele Sprints laufen. Das ist genau mein Spiel.“

VfL Bochum: Oermann trifft auf Sané und Musiala

Das Tempo wird er am Sonntag gegen den FC Bayern benötigen, wenn seine Gegenspieler Raphael Guerreiro, Jamal Musiala oder Leroy Sané heißen. Angst hat er vor ihnen aber genauso wenig wie vor den Sanchos dieser Liga. „Auf der Außenbahn habe ich dribbelstarke und schnelle Spieler gegen mich, die gern ins Eins-gegen-Eins gehen. Das sehe ich als Reiz. Ich finde diese Duelle geil“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln.

Durchsetzungs- und kopfballstark: Tim Oermann.
Durchsetzungs- und kopfballstark: Tim Oermann. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Mit dieser frechen Art hat er bereits den Neu-Nationalspieler Chris Führich beim Bochumer Heimsieg gegen den VfB Stuttgart aus dem Spiel genommen. Nun sollen die Bayern-Stars folgen. Dass ihm das gelingen könnte, da macht sich Trainer Letsch keine Sorgen. Trotz der geringen Erfahrung von nur vier Bundesliga-Spielern auf dieser Position. „Erfahrung sammelt er nur, wenn er spielt. Tim macht das gut und hat das auch gegen gute Spieler bewiesen.“

Oermann zählte zu besten Talenten Europas

Oermanns Vorbild in diesen Tagen ist sein Mannschaftskollege Bernardo, der wie er gelernter Innenverteidiger ist, aber auf der linken Abwehrseite gesetzt ist. „An ihm orientiere ich mich bei der Spielweise“, sagt Oermann. Bernardo ist der beste Zweikämpfer der Liga, lässt sich nie abschütteln und überzeugt auch auf dem Weg nach vorn. Zudem ist er mit seiner Kopfballstärke enorm wichtig. Wie Oermann, der im vergangenen Sommer zu den 75 besten U21-Talenten Europas gehörte.

Dass es trotzdem noch nicht ganz normal für ihn ist, am Spieltag mit der Startelf das Spielfeld zu betreten, merkt man ihm auch an. Vor allem mit Blick auf das Spiel gegen den FC Bayern. „Es ist etwas Besonderes gegen den FC Bayern. Die sind mit das Beste, was es in Deutschland und Europa gibt“, sagt er. „Ich freue mich extrem auf das Spiel, weil ich mich mit großartigen Spielern messen kann und wir nichts zu verlieren haben.“ Stressen wollen die Bochumer den FC Bayern und dann eine Euphorie entfachen wie vor zwei Jahren, als der Rekordmeister mit 4:2 geschlagen wurde. Und dann könnte Oermann auf seiner Liste an Gegenspielern auch vergnügt die Namen von Sané und Musiala abhaken.