Bochum. Das Ruhrstadion soll erweitert werden, es gibt Ideen und Finanzierungsmodelle. Das ist der Stand, das sagen der VfL Bochum und die Stadt.
Jetzt kommt auch öffentlich Bewegung in die Debatte um einen Aus- und Umbau des Vonovia-Ruhrstadions. Wie die Bild-Zeitung berichtete, liegen Pläne einer Studie für einen Ausbau mit zwei Varianten auf dem Tisch. Nach Recherchen dieser Redaktion wurden sie vom Verein VfL Bochum und der Stadt Bochum bereits ausgiebig diskutiert.
Das sagen Klub und Stadt: „Das Vonovia Ruhrstadion wird zurecht als einer der Traditionsstandorte im deutschen Fußball wahrgenommen“, erklärten VfL und Stadt in einer gemeinsamen Erklärung auf Anfrage dieser Redaktion am Mittwochnachmittag.
VfL und Stadt Bochum „stehen seit langem in intensivem Austausch“
Verein und Stadt „wissen aber auch um die Herausforderungen, die eine fast 50 Jahre alte Immobilie mitten im Wohngebiet betreffen und sind deswegen in einem ständigen Austausch. Der nun durch einen Medienbericht öffentlich entstandene Eindruck, es gäbe bereits manifeste und finale Pläne plus Maßnahmen zum Umbau des Vonovia Ruhrstadions, ist falsch. Verein und Stadt stehen seit langem in intensivem Austausch und wissen um die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Stadions.“ Antworten auf konkrete Fragen dieser Redaktion etwa zur Finanzierung gab es nicht.
Ergebnisse einer Studie werden diskutiert - neues Gutachten erwartet
Ausgangslage: Mit einer Kapazität von 26.000 Zuschauern sowie nur rund 1350 VIP-Plätzen in der Stadtwerke-Bochum-Lounge (SBL, 1200) und im Bestbeton-VIP-Treff (150) ist der VfL Bochum auf Dauer nicht konkurrenzfähig in der Bundesliga. Darin herrscht Konsens. Eigentümerin des Stadions ist die Stadt, der VfL Mieter. Bereits seit drei Jahren laufen nach Informationen dieser Redaktion Gespräche zwischen Club und Stadt, das Stadion aus- oder umzubauen. Hierfür wurde eine Studie in Auftrag gegeben, diese wurde immer wieder erweitert und aktualisiert. Ein weiteres Gutachten wird zeitnah erwartet. Eine mögliche Umsetzung der Ideen ist noch völlig offen.
Das Problem: Erweiterung nur nach Nordost möglich
Das Standort-Problem: Eine Erweiterung ist nur in Richtung Nordosten möglich, dies auch begrenzt. Auf gleich drei Fehler der Vergangenheit weist CDU-Fraktionsvize Roland Mitschke gegenüber dieser Redaktion hin. „Ein Pachtvertrag mit dem Tennisclub verhindert die Erweiterung nach Osten. Der Bau der Rundsporthalle am alten Platz und Bauten an der Küpperstraße verhindern den Weg Richtung West und Südwest.“ Unter anderem ist dort eine neue Unterkunft für Obdachlose entstanden (Fliednerhaus).
Neubau: Ein Neubau auf der vielzitierten grünen Wiese ist kein Thema, nicht nur aus Kostengründen. Der VfL will an seinem traditionellen Standort festhalten, die Stadt kann keine Flächen bieten. Seit 1911 spielt der Club an der Castroper Straße, das Stadion wurde 1921 eröffnet und letztmalig in großem Stil umgebaut Ende der 70er Jahre, als der VfL für seine Bundesliga-Spiele zeitweise umziehen musste (Herne, einmal Westfalenstadion). Eröffnung des heutigen Ruhrstadions war 1979. Seitdem gab es nur kleinere und für den Betrieb erforderliche Maßnahmen etwa bei den Sanitäranlagen und der Technik sowie die Umwandlung von Steh- in Sitzplätze auf der Westtribüne 1997, als dem VfL erstmalig der Einzug in den Uefa-Cup gelang.
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Stadioncenter wird 2003 eröffnet und gehört zu 90 Prozent dem Verein
Verwaltungsgebäude: Eröffnet wurde 2003 das Stadioncenter unter anderem mit Büroräumen auf fünf Etagen, auch die SBL gehört dazu. Für das Investment in Höhe von mehr 20 Millionen Euro wurde die VfL Bochum-Stadioncenter GmbH gegründet, Hauptgesellschafter ist der VfL Bochum (90 Prozent). Rund drei Viertel der Kosten sind mittlerweile abbezahlt.
Ausbau-Ideen der Studie: Aufstockung und Versetzung
Die Ausbaupläne: Laut Bild könnte es in einer „kleinen Lösung“ eine Aufstockung um bis zu 3500 Sitzplätze auf der Haupt- und Osttribüne geben. Aus baurechtlichen Gründen sei dies auf der Südtribüne direkt an der Castroper Straße und Westtribüne, nahe Wohngebäuden, nicht möglich. Nach unseren Informationen gibt aber auch im Bereich Ost- und Haupttribüne noch baurechtliche Hürden.
Variante zwei wäre laut „Bild“ eine Versetzung des Stadions um einige Meter in Segmenten schräg Richtung Nordosten (hinter der Ostkurve) mit einem Ausbau aller vier Tribünen. Weichen müssten ein Parkplatz und ein Trainingsplatz. Eine Aufstockung der West- und Südtribüne wäre aber nach Recherchen dieser Redaktion weiterhin nicht möglich, unter anderem wegen nicht ausreichender Fluchtwege.
Das Ziel: 33.000 bis 40.000 Plätze - 3000 VIP-Plätze
Kapazität: Beim VfL schweben als realistische Zielkapazität rund 33.000 Plätze im Raum, die Zahl der VIP-Plätze soll auf etwa 3000 steigen. Beides wird aber weiter diskutiert. „Es geht um eine maßvolle Erweiterung auf eine Kapazität von 35.000 bis 40.000 Zuschauern“, sagte Roland Mitschke der WAZ. Bochum hat dabei immer auch einen Abstieg in die 2. Liga im Blick, will nicht überdimensionieren.
Kosten: Sie hängen vor allem von der Größe der Maßnahme ab. In politischen Kreisen spricht man bei der Versetzungs-Variante von Kosten in der Dimension des Haus des Wissens – also rund 150 Millionen Euro.
Betreibergesellschaft könnte mit dem Land über Bürgschaft verhandeln
Finanzierung: Die Stadt wäre als Eigentümerin zunächst in der Pflicht, will das Millionen-Investment aber ebenso wenig alleine stemmen wie der VfL Bochum. Der Club fürchtet bei einem größeren Umbau zudem stark erhöhte Mieten, von den Mehreinnahmen bliebe dann nicht allzu viel übrig.
„Vorbild könnte der Bau des Stadioncenters sein“, sagt Mitschke. Dort sind Wirtschaftsentwicklung Bochum (5 Prozent), Stadtwerke Bochum (5 %) und VfL Bochum (90 %) Gesellschafter. Als Betreibergesellschaft mit öffentlich rechtlichem Anteil könnte zudem mit dem Land NRW wie beim Stadioncenter über eine Bürgschaft verhandelt werden, so der Plan. Zudem würde angestrebt, einen Investor mit ins Boot dieser Gesellschaft zu holen.
Baugenehmigung wäre bei einer Versetzung des Stadions höchst unsicher
Rechtliche Probleme: Ein Knackpunkt ist, dass es bei einer Versetzung des Stadions wohl zu Problemen bei der Baugenehmigung käme. So müssten denkbare Klagen etwa von Anwohnern aus Lärmschutzgründen vorab definitiv ausgeschlossen werden können. Bei einer bloßen Aufstockung von Ost- und Haupttribüne gäbe es dieses Problem nicht.
Spielort: Fraglich ist auch, wo der VfL in einer Bauphase seine Spiele bestreiten würde. Geht es im laufenden Modernisierungsbetrieb nicht, müsste eine Ausweichspielstätte her. Diskutiert wurde bereits über einen zeitweisen Umzug ins Wattenscheider Lohrheidestadion, das derzeit zu einer modernen Leichtathletik-Arena mit 16.000 Plätzen (8000 Sitzplätze, 800 Logenplätze) umgebaut wird. Fertigstellung ist 2025. Wirklich glücklich wäre damit aber niemand beim VfL, während die Stadt diese Lösung wohl favorisieren würde.
Spitzentreffen Ende des Monats angesetzt
Fazit und Spitzentreffen: Ende November soll es nach unseren Informationen ein Spitzentreffen mit Vertretern vom VfL Bochum, der Stadt und der Politik geben. Möglich ist, dass dann zumindest eine Vorentscheidung fällt, ob und wie das Projekt Stadionerweiterung konkret in Angriff genommen wird. Eine Versetzung des Stadions Richtung Nordosten ist aufgrund der genannten Hürden und Kosten aktuell unwahrscheinlich.