Brixen. Der VfL Bochum hat sein Trainingslager in Südtirol beendet. Gefordert sind nun Trainer Thomas Letsch und die Kaderplaner. Eine Analyse.
Das Wetter passte auch beim letzten Testspiel des VfL Bochum zum einwöchigen Trainingslager des Bundesligisten im italienischen Südtirol. Es gab Licht, es gab Schatten.
VfL Bochum: Zweite Halbzeit gegen Parma macht Thomas Letsch sauer
Beim Anpfiff der vierten Niederlage in Folge, dem 0:1 gegen den Serie-B-Klub Parma Calcio in Brixen, schien die Sonne. Beim Abpfiff regnete und blitzte es. Mit grimmigen Mienen zogen die Spieler zum Bus, und auch Trainer Thomas Letsch wirkte zunächst etwas stinkig.
„Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt, haben sehr gut verteidigt. Die zweite Halbzeit war schlecht. Da hat fast jeder gemacht, was er wollte.“
Gestartet war der VfL mit einer potenziellen Startelf, wobei Leistungsträger Kevin Stöger zunächst auf der Bank saß. Nach 46 und 70 Minuten gab es neun Wechsel. „Jeder hat aber den Anspruch, Bundesliga zu spielen“, grantelte Letsch.
VfL-Trainer Thomas Letsch mit Trainingslager zufrieden
Die Defensive war ein Schwerpunkt des Trainingslagers, in dem man intensive Einheiten sah, aber auch einen aufgrund der häufigen Wolkenbrüche tiefen Platz und am Freitag müde Beine. Eine Einheit fiel wegen eines Gewitters sogar aus im idyllischen Gais.
Letsch war dennoch angetan. Einerseits. „Ich bin sehr zufrieden damit, wie die Jungs trainiert haben“, sagte er. Die Testspiele indes gingen im Ergebnis schief. Am Mittwoch gab es über drei Mal 40 Minuten eine 3:4-Schlappe gegen Serie-B-Klub Spezia Calcio, am Samstag das 0:1. „Zwei Drittel im ersten Spiel und eine Halbzeit im zweiten Spiel waren gut, die anderen nicht“, so der Trainer.
Der Sommer 2023 erinnert ihn an den Winter 2022/23, als der VfL Bochum kein einziges seiner sieben Testspiele gewonnen hatte. Zum Liga-Restart im Januar aber feierte der VfL einen 3:1-Sieg gegen Hertha BSC. „Das sollte uns auch Mut machen“, sagt Letsch. In zwei Wochen geht es im Pokal zu Arminia Bielefeld, in drei Wochen steigt der Bundesliga-Auftakt in Stuttgart. Bochum hat noch viel Arbeit vor sich.
VfL Bochum hat nur drei gestandene Innenverteidiger
Mut macht Letsch, dass der VfL im neuen 3-5-2-System mit einer Dreierkette und Doppelspitze sowie einem stabilen Zentrum defensiv deutliche Fortschritte macht. Zugleich aber bleibt die Abwehr personell die größte Baustelle. Mit Ivan Ordets, Erhan Masovic und Noah Loosli gibt es nur drei gestandene Innenverteidiger, Talent Tim Oermann (19) wird wegen Adduktorenproblemen noch ein, zwei Wochen fehlen.
Fällt ein Verteidiger aus, gibt es keine Dreierkette. Die Zeit drängt.
Ein neuer linker Innenverteidiger sollte längst da sein, die Verhandlungen laufen, stocken aber. Bei Keven Schlotterbeck etwa, für den der SC Freiburg eine noch zu hohe Ablösesumme fordert, die Rede ist von bis zu 3 Millionen Euro. Letsch gibt sich öffentlich gelassen: „Natürlich brauchen wir noch Spieler. Aber das beeinflusst unsere Arbeit überhaupt nicht.“ Neben ein bis zwei Innenverteidigern sollen auch ein linker Außenverteidiger und womöglich noch ein wendiger Stürmer kommen.
Mut machen Letsch auch die Defensivarbeit vom neuen Mittelfeldmann Matus Bero und die zahlreichen Variationsmöglichkeiten, die er in der Offensive hat, auch wenn Stürmer Moritz Broschinski (Adduktorenprobleme) im Trainingslager ebenso nur individuell trainieren konnte wie weiterhin Neuzugang Moritz-Broni Kwarteng. Dennoch kann es sich der VfL leisten, Gerrit Holtmann ziehen zu lassen, der als geradliniger Außenstürmer nicht ins System von Letsch passt, wie es heißt.
+++ VfL Bochum: Holtmann-Wechsel steht kurz bevor +++
Holtmann (28) steht nach Informationen dieser Redaktion kurz vor einem Wechsel zum türkischen Erstligisten Antalyaspor. Der Sieger der Wahl zum Tor des Jahres 2021 soll für ein Jahr ausgeliehen werden.
Offensivkraft Lukas Daschner, Neuzugang vom FC St. Pauli, ist ein anderer Typ und einer der Gewinner der Vorbereitung, überzeugt vor allem im Angriff. Zielstürmer Philipp Hofmann und Takuma Asano können ebenfalls in der Doppelspitze spielen, ebenso wie der zuletzt als Schienenspieler getestete Christopher Antwi-Adjei. Der Aufsteiger der Vorsaison würde sich im jahrelang beim VfL bewährten 4-3-3, das weiterhin zum Repertoire des flexibler aufgestellten Bundesligisten zählt, als Flügelstürmer allerdings wohler fühlen.
Noch hakt es aber beim Spiel mit Ball, unabhängig von der Formation. Gegen Parma lief nach vorne fast nichts zusammen. Letsch müht sich, das zunehmend hörbar werdende Murren im Umfeld einzufangen. „Wir haben fast vier intensive, kräftezehrende Wochen hinter uns und eine gute Basis geschaffen. Jetzt geht es darum, Frische und Spritzigkeit reinzubringen.“ Die Generalprobe steigt am Samstag gegen Premier-League-Aufsteiger Luton Town im Ruhrstadion.
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Im Trainingslager ging es aber auch darum, dass die Mannschaft zusammenwachsen soll. Zum Beispiel beim Rafting im wilden Pustertal. Die Stimmung im Team ist gut. „Wir haben inhaltlich sehr gut gearbeitet“, bilanzierte Sportdirektor Marc Lettau. „Der Teamgedanke stand auch im Vordergrund. Wir haben da bei unserer Mannschaft ein gutes Gefühl.“
Der „Geist von Gais“ – er soll wie in den beiden Vorjahren den VfL Bochum erneut zum Klassenerhalt führen.