Bochum. Der VfL Bochum hat die Saison auf Platz 14 beendet. Viele Spieler überzeugten. In Teil eins der Benotung geht es um Torhüter und Abwehr.

Das Gesamtergebnis des VfL Bochum fällt gut aus. Mit Platz 14 in der Bundesliga war nun wirklich nicht zu rechnen. Diese Platzierung war bei vielen, die es mit dem VfL halten, zwar Wunsch, dass er Wirklichkeit werden würde, war aber nicht zu erwarten. Die meisten – sogenannten – Experten tippten vor der Saison den VfL Bochum als ersten Absteiger. Das machte durchaus Sinn, war verständlich. Die Bochumer waren das Team, das mit dem kleinsten Etat zusammengestellt worden war. Dazu ging es ins zweite Jahr nach dem Aufstieg. Das Team aber erwies sich als äußerst widerstandsfähig. Nun gibt es die Noten zur Saison. Im ersten Teil geht es um Torhüter und Abwehr.

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Manuel Riemann (34 Spiele, 34 mal Startelf, kein Tor, 3 Gelbe Karten): Er ist der einzige Akteur im VfL-Kader, der jede Sekunde spielte. Und auch sonst war es erneut eine bemerkenswerte Spielzeit von und mit dem Torwart. Auch wenn er in Summe nicht so stark spielte und so stabil wirkte wie noch in der Vorsaison. Und das vielleicht aus Gründen. Da gab es die Beschimpfung der Mitspieler im Training und eine Rangelei mit Mitspieler Gerrit Holtmann inklusive Entschuldigung über die sozialen Medien. Es gab viele gute Leistungen inklusive gehaltener Elfmeter, es gab ein Eigentor gegen Schalke, die selbst auferlegte Medien-Meidung, es gab das Kopf-an-Kopf mit einem Fan und schließlich gab es Tränen bei Riemann, der nach dem Sieg gegen Leverkusen und dem feststehenden Klassenerhalt den Kopf im Rasen vergrub. Der Mann polarisiert. Oder wie es Trainer Thomas Letsch zusammenfasste: „Manchmal ist Manuel Riemann einfach zu lesen, manchmal ist er schwer zu lesen.“ Note 3

Michael Esser ist der VfL Bochum, der VfL Bochum ist Michael Esser. Mehr Identifikation mit einem Verein, als es der Torwart zeigte und zeigt, geht kaum.
Michael Esser ist der VfL Bochum, der VfL Bochum ist Michael Esser. Mehr Identifikation mit einem Verein, als es der Torwart zeigte und zeigt, geht kaum. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Michael Esser (0 Spiele, 0 mal Startelf, 0 mal eingewechselt, 26 mal ohne Einsatz im Kader): In der Vorsaison kam er auf seine Spiele, stand unter anderem im Kasten, als es das längst legendäre 4:2 gegen die Bayern gab. Diesmal blieb Manuel Riemann fit und als er mal schwächelte und sich irgendwieoderauchnichtodervielleichtdoch ein Wechsel im Tor andeutete, schwächelte der Magen-Darm-Trakt von Esser. Oder zeigte er da nur ganz besonders, dass er ein absoluter Teamspieler ist und Mitspieler Riemann auf ungewöhnliche Art und Weise unterstützte? Noch so eine Frage, die noch zu klären wäre. Keine Note

Paul Grave (0 Spiele, 0 mal Startelf, 0 mal eingewechselt, 0 mal ohne Einsatz im Kader): Er verletzte sich im Trainingslager schwer an der Schulter, deshalb wurde Marko Johansson vom Hamburger SV geholt. Trainer Letsch hält viel von Grave. Da er zunächst aber nicht an den Riemännern dieser Welt vorbeikommt, hat er seinen Vertrag verlängert und spielt nun auf Leihbasis für Regionalligist Wuppertaler SV, um dort wichtige Spielpraxis zu sammeln. Keine Note.

Marko Johansson (0 Spiele, 0 mal Startelf, 0 mal eingewechselt, 8 mal ohne Einsatz im Kader): Kam vom Hamburger SV, weil Paul Grave verletzt ausfiel. Kam als Nummer drei, war zwischendurch mal Nummer zwei, weil die Nummer zwei Michael Esser verletzt oder krank war. Johansson kehrt nach Hamburg zurück. Keine Note.

Erhan Masovic (29 Spiele, 23 mal Startelf, 6 mal eingewechselt, 4 Tore, 3 Gelbe Karten): Er hätte gerne die WM mit Serbien gespielt. Dass er für die Spiele in Katar nicht für das Nationalteam nominiert wurde, ärgerte ihn. Vor allem deswegen, weil er beim VfL im Saisonverlauf zum Stammspieler wurde. Vielleicht hätte er eher mit dem Tore schießen anfangen sollen. Zwischendurch konnte er Scherze machen, dass er Stürmer Philipp Hofmann noch einholt. Das klappte nicht, ansonsten klappte viel.

Letsch schob ihn auch schon mal ins defensive Mittelfeld. Masovic überzeugte fast immer mit viel Ruhe und Effektivität. Dass sein Puls während eines Spieles nicht höher als 35 geht, so hatte es sein ehemaliger Trainer Thomas Reis mal gesagt, ist in Frage zu stellen. Wenn es aber wirklich so wäre, wäre es keine Überraschung. Bei der nächsten WM sollte er dabei sein. Note: 2,5

Ivan Ordets (30 Spiele, 28 mal Startelf, 2 mal eingewechselt, 2 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 4 Gelbe Karten): Ein Interview hat er in dieser Saison nicht gegeben. Die Journalisten haben das akzeptiert. Ordets ist Ukrainer, der in Russland spielte und der aufgrund einer Sonderregelung zunächst für diese Saison zum VfL wechseln durfte. Er wollte nicht über den Krieg in seiner Heimat sprechen. Er kam mit Trainingsrückstand nach Bochum, hatte ein halbes Jahr nicht gespielt. Fast genauso lange dauerte es, bis er das Leistungsniveau erreichte, dass er zum Beispiel bei Spielen in der Champions League oder der Nationalmannschaft bereits gezeigt hat. In der zweiten Saisonhälfte war er der Abwehrchef. Gerade bei Kopfbällen war Air Ordets kaum zu bezwingen. Note: 2,5

Eine der Szenen, eins der wichtigsten Tore der Saison: Keven Schlotterbeck völlig losgelöst nach seinem späten 1:1 im Spiel bei der Hertha aus Berlin.
Eine der Szenen, eins der wichtigsten Tore der Saison: Keven Schlotterbeck völlig losgelöst nach seinem späten 1:1 im Spiel bei der Hertha aus Berlin. © Max Ellerbrake / firo Sportphoto | Max Ellerbrake

Keven Schlotterbeck (15 Spiele, 8 mal Startelf, 7 mal eingewechselt, 4 mal ohne Einsatz im Kader, 2 Tore, 3 Gelbe Karten): Als er in der Winterpause zum VfL kam, ausgeliehen vom SC Freiburg, da wurde er mehr über seinen jüngeren Bruder Nico, der bei Borussia Dortmund spielt, definiert. Keven Schlotterbeck aber fand seinen Platz in der Liga und beim VfL Bochum. Er hinterließ Spuren im Verein und der Verein an ihm. In einem Zweikampf im Spiel bei Union Berlin wurde ihm der rechte Oberschenkel aufgeschlitzt. Im so wichtigen Spiel bei Hertha BSC wurde er spät eingewechselt und das auch nur, weil Erhan Masovic nach einer Kopfverletzung nicht mehr konnte. Schlotterbeck, auch ehemaliger Spieler von Union Berlin, traf in der vierten Minute der Nachspielzeit zum 1:1. Damit besiegelte er den Abstieg der Hertha und sicherte Bochum einen ganz, ganz, ganz, ganz, ganz wichtigen Punkt. Dass er schließlich seinen Bruder trösten musste und er selber feiern durfte – was er ausgelassen im Bermudadreieck tat – war so auch nicht zu erwarten. Note: 3

Dominique Heintz (11 Spiele, 8 mal Startelf, 3 mal eingewechselt, 10 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 1 Gelbe Karte): Er kam schon mit dem Anspruch zum VfL, Stammspieler zu sein. Heintz ist der Spieler im Kader des VfL, der die meisten Bundesligaspiele absolviert hat. Eine Verletzung warf ihn zunächst entscheidend zurück. Nach intensivem Aufbautraining fand er spät in der Saison seinen Platz im Team. Als Danilo Soares schwächelte, war Heintz da: abgezockt, unaufgeregt, schlau spielend.

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Dass er gegen Leverkusen Gegenspieler Adli zu einem Revanchefoul fast schon zwang, war die hohe Kunst eines erfahrenen Abwehrspielers, der mit allen Wassern gewaschen ist. Dass er in der Rückrunde zusammen mit dem Weingut Lilienthal Weine einen alkoholfreien Traubensecco mit dem Namen „Heintzis“ präsentierte, fügt sich nahtlos ein ins Bild des Musterprofis. Bliebe er beim VfL, würde es „Heintzis“ sicher auch im VfL-Fanshop geben. Note: 3

Vasilios Lampropoulos (15 Spiele, 7 mal Startelf, 8 mal eingewechselt, 14 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 2 Gelbe Karten): Die Fans des VfL Bochum haben ihm schon vor drei Jahren den Spitznamen „Griechischer Kühlschrank“ gegeben. Regelmäßig stellte er Gegenspieler kalt. In dieser Saison konnte er das nicht so oft machen. Trainer Letsch lobte ihn, dass er immer gut gespielt habe, wenn er eingesetzt wurde. Das stimmt. Aber er blieb der Kühlschrank, der einst in der Küche stand und nun in der Garage stehend auf besondere Ereignisse warten muss, um kühlen zu dürfen. Note: 4

Danilo Soares (23 Spiele, 23 mal Startelf, 0 mal eingewechselt, 4 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 6 Gelbe Karten): Die Saison begann schon nicht gut für den Brasilianer. Die ersten Spiele verpasste er mit Hüftproblemen. Gegen Schalke machte er am sechsten Spieltag sein erstes Spiel. Bochum verlor. Soares, in der Vorsaison einer der besten Linksverteidiger, wurde im Saisonverlauf zum Unsicherheitsfaktor. Er benötigte schließlich ein großes Stück Glück, dass sein Foul an Adeyemi gegen Dortmund nicht mit Elfmeter geahndet wurde. Nach 45 schwachen Minuten gegen Gladbach wurde ausgewechselt, spielte danach die letzten drei Spiele nicht. Letsch hat die Hoffnung, dass Soares die Sommerpause gut tut. Note: 3,5

Konstantinos Stafylidis (19 Spiele, 11 mal Startelf, 8 mal eingewechselt, 3 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 4 Gelbe Karten): Sein gelupfter Pass auf Christopher Antwi-Adjei bei letzten Spiel des Jahres 2022 beim FC Augsburg hatte schon was malerisches. Dass Antwi-Adjei zum 1:0 traf und der VfL einen ganz wichtigen Sieg feierte, wertete den Pass noch einmal auf. Stafylidis hatte immer mal wieder herausragende Momente in seinem Spiel. Zumeist waren es Grätschen oder bissig geführte Zweikämpfe. Der Grieche kann auch einen Zweikampf, der für ihn zu einer Gelben Karte führt, ikonisch aussehen lassen. Er profitierte auch in dieser Saison davon, dass er so vielseitig einsetzbar ist. Er spielte gefühlt auf acht verschiedenen Positionen und wurde dadurch – das ist die Schattenseite seiner Vielseitigkeit – auf keiner zum Stammspieler. In Summe bei den ganzen Wechseln nicht so stark wie in der vergangenen Saison. Note: 4

Jordi Osei-Tutu (20 Spiele, 8 mal Startelf, 12 mal eingewechselt, 7 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 3 Gelbe Karten): Nach dem Spiel bei Union Berlin, dem 1:1 bei einem Team, das nun Champions League spielt, sah es für einen Moment danach aus, dass in diesen immer noch jungen Engländer ein zumindest passabler Abwehrspieler steckt. Der Gedanke hielt sich, bis es am Spieltag danach gegen daheim gegen Wolfsburg ging. Nach nur etwas mehr als 20 Minuten wechselte Trainer Letsch ihn aus, Osei-Tutu hatte Fehler an Fehler gereiht. Fast selten nie jedoch bisweilen manchmal zeigte er im Saisonverlauf, dass er mit seinem Tempo und seiner Leichtigkeit mit dem Ball am Fuß im Angriff helfen könnte. Auch diese Hoffnung erfüllte er nicht. Note: 4,5

Gut gemacht: Simon Zoller (l.) und Manuel Riemann (r.) loben Saidy Janko. Er zeigte drei richtig gute Spiele zum Ende der Saison.
Gut gemacht: Simon Zoller (l.) und Manuel Riemann (r.) loben Saidy Janko. Er zeigte drei richtig gute Spiele zum Ende der Saison. © Firo

Saidy Janko (20 Spiele, 12 mal Startelf, 8 mal eingewechselt, 6 mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 1 Gelbe Karte): Sein verunglückter Rückpass im Spiel gegen die Bayern, den der Müller Thomas zum 1:0 nutzte, spülte ihn im Verlauf der Rückrunde für eine gewisse Zeit komplett aus dem Team. Die sieben Punkte, die der VfL aus den letzten drei Spiele holte, trugen dann aber genauso seinen Namen. Machte die drei Partien über die komplette Distanz, überzeugte mit Tempo, Kompromisslosigkeit, vorher nicht immer gezeigten Zweikampfstärke. Wenn er immer so gespielt hätte . . . Note: 3,5

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Christian Gamboa (19 Spiele, 17 mal Startelf, 2 mal eingewechselt, mal ohne Einsatz im Kader, kein Tor, 2 Gelbe Karten): Es war eins der ungewöhnlichsten Dinge, die in dieser Saison passierten. Es war ungefähr so ungewöhnlich, als würden die Bayern nicht Meister. Gamboa verlor – zumindest kurzzeitig – sein Lachen. Ein Innenbandriss im Knie bremste ihn aus, er fehlte zwischen vom 16. bis zum 28 Spieltag. Beim 1:1 am 28. Spieltag gegen Union wurde er eingewechselt, feierte ein emotionales Comeback. Gegen Gladbach stand er in der Startelf, blieb nach schwacher Leistung zur Pause in der Kabine. Er spielte in den letzten drei Spielen nicht, zeigte aber da an der Seitenlinie, dass er wohl auch als Trainer schwer emotional unterwegs wäre. Note: 3,5