Bochum. Der VfL Bochum verlässt durch ein 3:1 gegen Hertha BSC die Abstiegsränge und setzt seinen Aufwärtstrend nach der WM-Pause fort. Eine Analyse.

Für den Bruchteil einer Sekunde konnte sich Keven Schlotterbeck mal genau umschauen an seinem neuen Arbeitsplatz, obwohl das ja gar nicht so einfach ist, wenn man als Profifußballer gerade Teil eines Bundesliga-Spiels ist. Aber es gibt ab und zu kleine Verschnaufpausen. Schlotterbeck blieb an der Anzeigetafel des Ruhrstadions hängen, auf der gerade die Zwischenstände der anderen Partien präsentiert worden sind. Vier Tore wurden für den VfL Wolfsburg angeschlagen, null für den SC Freiburg.

VfL Bochum: Ex-Klub von Keven Schlotterbeck geht unter

Als Schlotterbeck am frühen Abend deutlich mehr Zeit hatte, weil sein eigenes Spiel, das der VfL Bochum mit 3:1 (2:0) gegen Hertha BSC gewann, längst abgepfiffen war, musste der 25-Jährige herzhaft lachen. „Schöne Frage!“, gestand er. Ob es denn ein Fehler gewesen sei, dass ihn Freiburg für ein halbes Jahr nach Bochum ausgeliehen hat, wenn nun doch plötzlich die eigene Verteidigung so gehörig wackelt wie an diesem Nachmittag in Wolfsburg? 0:6 hieß es am Ende. „Sie sind schon stark besetzt, sonst hätten sie mich nicht abgegeben. Ich bin mir sicher, dass sie lieber einmal 6:0 als sechsmal 1:0 verlieren“, meinte Schlotterbeck.

Der Innenverteidiger dürfte mit seiner Annahme recht haben, dass er derzeit in Bochum besser aufgehoben ist. Durch den Sieg gegen Berlin kletterte der VfL in der Tabelle auf Platz 14. Zum ersten Mal in dieser Saison steht er damit auf einer Position, die am Ende nicht in die Zweite Liga führt – und Schlotterbeck hatte bei seinem Debüt entscheidenden Anteil daran.

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Bochums Abwehr stand deutlich sicherer als vor der Winterpause. Und in der 45. Minute drückte Schlotterbeck gar noch den Ball selbst zum 2:0 über die Linie. Eine Ecke von Philipp Förster fand erst keinen Abnehmer, Schlotterbeck aber hatten die Berliner am zweiten Pfosten völlig vergessen. „Den aus zwei Metern daneben zu köpfen, wäre schwieriger gewesen, als ihn reinzumachen“, merkte er schmunzelnd an. Es war sein erster Treffer in der Bundesliga überhaupt – ein besonderes Gefühl vor dem angesichts der Kälte bibbernden, aber euphorischen Publikum. „Zwischenzeitlich bekommt man mit, wie es hier knallen kann. Es ist geil.“

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Nur eine Sache wurmte ihn gewaltig beim fast perfekten Debüt an der Castroper Straße: dass Hertha BSC durch den früheren Schalker Suat Serdar kurz vor dem Abpfiff (87.) noch zum 1:3 kam. „Als Verteidiger nervt mich, dass es wir es nicht nach Hause gebracht haben“, sagte Schlotterbeck, revidierte jedoch gleich: „So zu starten, ist trotzdem schön.“

Hofmann wird zum Matchwinner für den VfL Bochum

Dass Serdars Tor am Ende ein Schönheitsfleck blieb, hatte verschiedene Gründe. Erstens, zeigten die Bochumer einen Lerneffekt aus der Vorbereitung. Da hatte die Mannschaft große Probleme, zu Abschlüssen in gefährlichen Positionen zu kommen. Das war am Samstag anders – und besonders Mittelstürmer Philipp Hofmann erwischte einen Sahnetag. Das 1:0 erzielte er mit einem perfekten Kopfball (22.) nach Flanke von Förster. Beim 3:0 (56.), dem laut Trainer Thomas Letsch „ein traumhafter Konter“ vorausgegangen war, klatschte der Ball nach Hofmanns Abschluss zwar gegen Maximilian Mittelstädts Bein, von da aus aber flog er über Torwart Oliver Christensen hinweg ins Berliner Tor. „Es klingt so einfach, aber wir haben oft mit den Stürmern gesprochen: Nur wer aufs Tor schießt, kann auch Tore erzielen“, fasste Trainer Letsch zusammen.

Zweitens, knüpfte der VfL an die Leistungen vor der WM-Pause an, als zwei Siege gegen Borussia Mönchengladbach und beim FC Augsburg gelangen – spielerisch, aber aber auch „mit ihrer Mentalität, mit ihrer Leidenschaft“, so Letsch, mit der sie sich den fünften Saisonsieg verdient hatte.

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Drittens, hatte Bochum das „Quäntchen Glück“ (Letsch). Denn der Start ins Jahr 2023 hätte gründlich misslingen können, wenn Herthas Jean-Paul Boetius eher geflankt hätte. So aber war der Ball in der elften Minute bereits im Aus, als der Niederländer zu Marco Richter passte, der wiederum auf den vermeintlichen Torschützen Lucas Tousart ablegte – und Schiedsrichter Martin Petersen nahm nach Hinweis des Videoassistenten den Treffer zurück. Hofmann schlug kurz darauf auf der Gegenseite zu: „Die Tore fielen zu einem wichtigen Zeitpunkt“, erklärte der 29-Jährige nach seinen Saisontreffern fünf und sechs.

VfL Bochum am Mittwoch bei Bayer Leverkusen

Von rosigen Aussicht in der grauen Jahreszeit wollte Letsch aber nichts wissen. „Wir sind voll dabei“, meinte er zwar, „aber wir haben noch nichts erreicht.“ Schon am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) geht es auswärts bei Bayer Leverkusen weiter.