Jerez de la Frontera/Spanien. Kevin Stöger hat das erste Bochum-Tor des Jahres erzielt, trumpfte auf gegen Zürich. Im Zentrum gibt’s viel Konkurrenz - ein Trio hat Vorsprung.
Kevin Stöger übernimmt. Knapp sieben Minuten sind gespielt beim ersten Testspiel im Trainingslager des VfL Bochum gegen Grasshopper Club Zürich, als sich der Mittelfeldspieler des VfL den Ball zurecht legt rund 22 Meter vor dem Züricher Tor. Stöger zirkelt den Ball mit seinem starken linken Fuß an den rechten unteren Innenpfosten, von dort springt er ins Netz. Das 1:0 gegen den Schweizer Erstligisten (Endstand 1:1). Und Stöger war nicht nur wegen seines Treffers einer der Gewinner des ersten Formchecks in diesem Jahr.
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Er kurbelte vor allem in den ersten 30 Minuten die Partie an, spielte mehrere starke, präzise Pässe in den Lauf, in den Fuß seiner Kollegen wie Takuma Asano. Zuspieler Stöger zentral, Tempomann Asano außen: Das dürfte eine gefährliche Mischung für jeden Gegner werden, auch in der Bundesliga.
Kevin Stöger: 35 Torschuss-Vorlagen, aber nur zwei Scorer-Punkte
Sein Freistoß-Kunststück aber war ein Treffer, der auch Stöger selbst guttut. Denn der über die gesamte Saison gesehen bisher stärkste Neuzugang des VfL hat erst ein Tor erzielt, das erste VfL-Saisontor zum Auftakt gegen Mainz beim „sehr unglücklichen 1:2“, so Stöger. Einen Treffer hat er zudem vorbereitet in Hoffenheim. „Im Abschluss ist Luft nach oben“, sagt er.
Allerdings: Mit 35 Torschussvorlagen ist der 29-Jährige, der im Sommer von Mainz zurückkehrte zum VfL, wo er bereits von 2016 bis 2018 in der 2. Liga gespielt hat, die Nummer drei in der gesamten Bundesliga. Fehlende Assists sind eben auch eine Frage der Qualität einer Offensive. Auch bei den Abschlüssen von Philipp Hofmann, Christopher Antwi-Adjei, Simon Zoller oder Silvere Ganvoula ist zweifellos Luft nach oben. Zu sehen zuletzt beim Testspiel gegen Grasshopper, das trotz klarer Bochumer Dominanz keinen Sieger fand.
Hartes Training fordert auch den laufstarken 29-Jährigen
Stöger ist optimistisch, dass bald auch die Ergebnisse – in fünf Testspielen gab es keinen Erfolg – wieder passen. Der erste Vorbereitungsblock sei sehr hart gewesen, im zweiten geht es mehr um den Feinschliff, um einstudierte Angriffe, ums kompakte Verteidigen gegen verschiedene Systeme. Es gibt mehr Pausen, die Intensität bleibt aber hoch im Trainingslager des VfL im spanischen Jerez de la Frontera.
Entsprechend ist Stöger, der wie viele andere Bochumer Spieler auch ein Einzelzimmer belegt im Golf-Resort Barcelo Montecastillo, abends „ziemlich kaputt“. In den Pausen telefoniert er viel mit seiner Frau und Familie und ruht sich ansonsten fast nur aus. Netflix kann er zwar einschalten auf seinem Handy: „Aber ich habe es bisher kaum geschafft, mal etwas zu schauen.“
So reagierte Stöger auf seinen Bank-Platz beim Spiel in Leipzig
Stöger gibt Gas – dabei hatte er einen frustrierenden Start unter Thomas Letsch, dem Nachfolger von Thomas Reis, der stets auf ihn gesetzt hatte. Einen Tag vor der Letsch-Premiere in Leipzig (0:4) erfuhr die Stammkraft, dass er nicht von Beginn an spielen werde. „Da war ich schon sauer und enttäuscht“, sagt Stöger.
Letsch korrigierte sich noch in Leipzig. Stöger wurde nach der Pause eingewechselt für Jacek Goralski, erhielt prompt ein Lob vom Trainer: „Er war derjenige, der den Ball haben wollte.“ Seitdem ist Stöger auch bei Letsch unumstritten, erhält oft ein Sonderlob. „Wir haben hinterher noch einmal gesprochen, das ist längst abgehakt“, sagt Stöger, der nach Leipzig immer von Beginn an spielte außer gegen Frankfurt, als er erkrankt passen musste (Corona-Infektion).
Letsch, sagt Stöger und muss sich selbst bremsen, damit „es nicht so aussieht, als würde ich hier rumschleimen“, sei ein „super Trainer, menschlich und fachlich überragend. Er passt hervorragend zum VfL, zu Bochum. Deshalb werden wir gemeinsam noch sehr erfolgreich sein.“
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Nach Haartransplantation läuft alles nach Plan
Letsch zeigte sein Vertrauen in Stöger auch auf eine andere Art. In der WM-Pause unterzog sich der Österreicher in einer Dortmunder Klinik einer aufwändigen Haar-Transplantation; weil das Haar immer lichter wurde, ihn die absehbar fehlende Haarpracht störte. Er ließ sich vorne Haarwurzeln aus dem Hinterkopf einsetzen. Rund zwei Monate ist der Eingriff nun her, erst in vier bis sechs weiteren Monaten soll Stögers neue Frisur perfekt sitzen. Noch sind lichten Stelle unverkennbar. „Bisher läuft es aber nach Plan“, sagt Stöger und ist mit seinem Schritt zufrieden.
Ein paar Wochen Sportverbot gab es für ihn nach der Transplantation: Trainer Letsch stimmte zu, Stöger stieg nach der WM-Pause ein bisschen später ins Mannschaftstraining ein. „Ich denke, ich zahle dieses Vertrauen zurück und zeige das auf dem Platz“, sagt der Österreicher. Mit viel Einsatz und hervorragenden Laufwerten. Und mit ein paar Läufen und Sprints zusätzlich hat der 29-Jährige seinen leichten Rückstand durch die Sportpause schnell wieder aufgeholt.
Stöger kennt Kunde aus Mainzer Zeiten - und schwärmt vom neuen Konkurrenten
Der zentrale Mann, ideal auf der Acht eingesetzt, mitunter aber auch als (offensiver) Sechser oder vagabundierender Zehner unterwegs, weiß, dass er sich auf früheren Leistungen nicht ausruhen kann. Das liegt ihm ohnehin fern. Mit Pierre Kunde, den er aus einem gemeinsamen Jahr in Mainz bereits kennt, ist neue Konkurrenz hinzugekommen. „Er ist eine Maschine im Zentrum, sehr dynamisch. Pierre tut uns gut“, sagt Stöger.
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Förster, Stöger und Losilla haben im Zentrum die Nase vorn
Gegen Zürich spielte Stöger mit Sechser Anthony Losilla dahinter und Philipp Förster neben ihm im Zentrum. Dieses Trio spielt bisher auch im Training bei den großen Übungsformen fürs Pressing, Gegenpressing, Abwehrverhalten, Angriffs-Situationen zusammen. Standards stehen ebenfalls meistens auf dem Programm: Stöger und Förster schlagen meist die ruhenden Bälle in den Strafraum. Viel spricht dafür, dass das Zürich-Trio auch gegen Hertha aufläuft.
Neben Kunde bietet sich noch Patrick Osterhage an, und in ein paar Wochen könnte auch Sechser Jacek Goralski soweit sein, wieder in die Startelf zu drängen. Der Pole gibt Gas, „würde am liebsten immer komplett spielen“, sagt Trainer Letsch. Nach seiner langen Pause (Augen-OP/Muskelverletzung) aber sei es sinnvoll gewesen, dass er gegen Zürich erst einmal nur 30 Minuten spielte.
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Erstes Schlüsselspiel gegen Hertha BSC gleich zum Jahresauftakt
Sechs (Top-)Kandidaten für drei Positionen – mit Stöger aber ist vorerst weiter fest zu rechnen in der Startelf. Gleich gegen Hertha BSC am 21. Januar, dem Bundesliga-Wiederbeginn für den VfL, könnte Bochum mindestens auf Rang 16 springen mit einem Sieg.
Ein Schlüsselspiel zum Start ins neue Jahr? „Natürlich ist die Partie sehr wichtig für uns“, sagt Stöger, zumal es ja „vor unseren fantastischen Fans“ darum geht, nach zuletzt drei Heimsiegen in Folge den vierten zu feiern. Aber, betont Stöger angesichts von erst 15 absolvierten Spieltagen, „wenn es nicht so laufen sollte wie erwünscht, haben wir danach auch noch viele weitere Partien vor der Brust, um unser großes Ziel zu erreichen.“