Bochum. Hans-Peter Villis hat die Präsidiumswahl beim VfL Bochum zu Recht gewonnen, muss aber manches besser machen. Auch dank Dr. Bauer. Ein Kommentar.
Dr. Karl-Heinz Bauer, der langjährige Vereinsarzt des VfL Bochum, hat bei der Mitgliederversammlung einen guten Eindruck hinterlassen: redegewandt, sportlich fair trat er auf. Er vermied eine Schlammschlacht, die er durchaus hätte auf die Spitze treiben können, um die Stimmung zu kippen. Dr. Bauer hätten sich auch viele, die für Hans-Peter Villis stimmten, im Präsidium vorstellen können.
Sein Team als Ganzes, komplett neu für das andere, dagegen nicht.
Hans-Peter Villis und sein Team gehen gestärkt aus der Wahl hervor. Allein schon, weil es eine Wahl gab. Villis nahm den Kampf an und gewann ihn. Und zwar zu Recht.
VfL Bochum hat in den letzten vier Jahren viel erreicht
Nimmt man nur die letzte Amtsperiode, dann hat der VfL Bochum viel mehr erreicht, als man 2018 erhoffen konnte. Der Verein ist aufgestiegen, er hat die Klasse gehalten, er hat die mittlerweile wieder realistische Chance, auch in dieser Saison ans Ziel zu kommen. Er hat mit Ilja Kaenzig und Sebastian Schindzielorz auf die richtigen Geschäftsführer gesetzt.
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Vor allem: Er ist wirtschaftlich gesund, trotz der Probleme durch die Coronakrise. Es reicht doch ein Blick nach nebenan, um den finanziellen Erfolg gebührend würdigen zu müssen. Bereits in der Vorsaison erwirtschaftete der Klub ein 5,8-Millionen-Euro-Plus, also vor den Verkäufen von Armel Bella Kotchap oder Maxim Leitsch. Warum also ein XXL-Umbruch? Die meisten Mitglieder sahen dafür inhaltlich konsequenterweise keinen Anlass.
Das operative Geschäft, betont Villis immer wieder, liegt in den Händen der Geschäftsführung und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber das Präsidium hat den Erfolg mitgefördert, mitgestaltet, steht als Vereinsspitze dafür.
Abgang von Reis und Schindzielorz kann man nicht allein Villis anlasten
Dass mit Thomas Reis und Sebastian Schindzielorz zwei der drei führenden Erfolgsgaranten – der allseits hoch angesehene Finanzchef Kaenzig hat seinen Vertrag bis 2025 verlängert – nicht gehalten werden konnten, den „Misserfolg“ also, kann man umgekehrt nicht Villis allein anlasten. Über Reis und Schalke ist alles gesagt. Zu Schindzielorz’ Kündigungs-Motiven sind weiterhin nicht alle Fragen geklärt. Aber er hat, das ist Fakt, mit dem VfL Wolfsburg mittlerweile einen nicht gerade kleinen Arbeitgeber gefunden. Im Profifußball kommen und gehen erfolgreiche Aktive, ob auf dem Rasen oder in der Führung.
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Bauers Team kam insgesamt zu spät mit seinem Vorstoß. Es bot in den großen Sachthemen keine großen Unterschiede an, es blieb als Team im Vorfeld und am Abend zu blass. Dass Andreas Bobon bekannte, die vielzitierte VfL-DNA noch gar nicht zu haben, kam dann noch zur Unzeit für das Team Bauer. Wahlentscheidend war es nicht.
Viele einflussreiche Gremien, Fanklubs, Mitglieder hatten sich längst ihre Meinung gebildet. Auch die Ultras Bochum, oft genug als teils scharfe Villis-Kritiker aufgetreten, hatten sich vorab gut informiert und wohl abgewägt, was sie über ihren Capo den Mitgliedern verkündeten. Es war kein Pro-Bauer-Statement.
Deshalb war die Kandidatur vom Team Bauer gut und mutig
Dennoch: Es war mutig und gut, das Team Villis herauszufordern, Denkanstöße zu geben, das schadet nie in einer Demokratie. Bauers Kernkritik bleibt ja auch haften: „Der VfL Bochum hat keine offene Diskussionskultur“, sagte er.
Villis sieht das anders. Er betont den Teamgeist intern, räumt in der Kommunikation nach außen aber Fehler ein. Den Auftrag, dies zu verbessern, nahm er nach eigenen Worten an. Zudem sei er weiterhin offen für die Meinungen und Ideen von Dr. Bauer und seinem Team – und der Geschlagene will weiter für den VfL da sein. Nicht nur als Vereinsarzt. Geht das? Man wird sehen.
Kommunikations-Offensive auch dank Dr. Reinhardt?
Jetzt muss Villis – neben der elementaren Fortführung der erfolgreichen Arbeit – auch seine angekündigte Kommunikations-Offensive umsetzen. Seine neue Kollegin Dr. Christina Reinhardt, die RUB-Kanzlerin, könnte helfen. Sie betonte bei ihrem ersten VfL-Kurz-Auftritt, „kommunikationsstark“ zu sein.
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Weitere Präsidiums-Mitglieder sollten öffentlich sichtbarer werden
Wünschenswert wäre es aber auch, wenn etwa Dr. Reinhardt oder Uwe Tigges, ein auch bei Villis-Gegnern geschätzter Mann, neben Villis die Positionen des Präsidiums mit nach außen transportieren würden. Natürlich vertritt der Vorstandsvorsitzende den Klub zuerst, daran sollte sich nichts ändern. Mit mehr Präsenz weiterer Mitglieder aber würde das Gremium den vielzitierten Teamgedanken öffentlich sichtbarer machen.