Thomas Letsch ist der neue Trainer des VfL Bochum. Ein erfahrener Mann – aber ein Bundesliga-Neuling. Das ist auch ein Risiko. Ein Kommentar

Thomas Letsch übernimmt beim VfL Bochum das Kommando als Trainer. Der 54-Jährige soll mit seinem Co-Trainer Jan Fießer den Tabellenletzten der Bundesliga ans rettende Ufer führen – im Zweifel über die Relegation.

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Unmöglich ist das nicht, es sind ja erst sieben Partien absolviert. Wahrscheinlich ist es aber momentan auch nicht. Einen Punkt hat Bochum erst. Um mal eine Rechnung aufzumachen: Sollten (nur) 35 Punkte zumindest für Rang 16 reichen, benötigt der VfL noch 34 Zähler aus 27 Partien. Zum Beispiel zehn Siege und vier Remis – bei nur 13 Niederlagen. Und einige eher machbar erscheinende Aufgaben hat Bochum bereits hinter sich. Aus den Heimspielen gegen Mainz, Bremen und Köln gab es nur einen Punkt, auf Schalke gar keinen.

Die Entscheidung von VfL Bochums Sportchef Fabian verdient Respekt

Patrick Fabian ist erst seit September Sport-Geschäftsführer. Er beweist zum zweiten Mal Mut, zieht seine Linie durch. Er entscheidet. Das verdient zunächst Respekt.

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Natürlich entscheidet er in Absprache mit dem Geschäftsführer-Kollegen Ilja Kaenzig (Schwerpunkt Finanzen) und dem Präsidium. Für den sportlichen Part, für den Trainerposten aber ist Fabian verantwortlich. Die Trennung von Thomas Reis ist daher vor allem seine Entscheidung. Und Thomas Letsch ist sein Mann.

Die Ablösesumme für Letsch spricht für Fabians Überzeugung

Dass der VfL für den Neuen sogar eine – wenn auch überschaubare – Ablösesumme zahlt, spricht für Fabians Überzeugung von Letsch, für klare Vorstellungen von der nahen und auch ferneren Zukunft „seines“ VfL, für den er seit 22 Jahren aktiv ist. Fabian ist bereit, Gegenwind und Druck standzuhalten: Ein Trainer, der dem bekanntlich klammen VfL eine Ablösesumme wert ist, sollte schon zügig liefern. Zumal Bochum ja aktuell neben Reis und dessen ebenfalls freigestellten Co-Trainer Markus Gellhaus (jeweils bis Saisonende laut Vertrag) auch Ex-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz (bis Jahresende) bezahlen muss. Das schränkt den Handlungsspielraum, im Winter nachzulegen, zumindest ein.

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Beide, Fabian und Letsch, haben nun die Chance verdient zu zeigen, dass der Kader des VfL stärker ist, als es die Ergebnisse der ersten sieben Spiele zeigten. Einsatz und Leidenschaft stimmten auch bisher, vom Bayern-Spiel abgesehen. Letsch muss mehr aus dem Team herausholen, damit die Hoffnung auf den Klassenerhalt in der langen Winterpause erhalten bleibt.

Das Programm des VfL Bochum bis zur WM-Pause ist enorm schwer

Das Programm bis zur WM-Pause könnte kaum schwerer sein mit fünf Auswärtspartien und nur drei Heimspielen. Los geht es in Leipzig und gegen Frankfurt. Es folgen Partien in Stuttgart, gegen Union Berlin, in Wolfsburg, in Dortmund, gegen Mönchengladbach und in Augsburg. Hinzu kommt das Zweitrunden-Pokalspiel beim Drittliga-Ersten Elversberg.

Auch Letsch muss dabei zunächst auf zahlreiche Stammkräfte verzichten, auf Takuma Asano definitiv noch länger.

Man darf gespannt sein, wie Letsch sein Team ein- und aufstellen wird. Nach Salzburger Schule mit mutigem Offensivspiel? Bochums Kader wurde, federführend von Schindzielorz und Reis, auf defensive Stabilität und schnelles Umschaltspiel ausgerichtet.

Für die Profis des VfL Bochum werden nun die Karten neu gemischt

Klar ist: Bei einem neuen Trainer werden die Karten neu gemischt. Jeder muss sich neu empfehlen. Spieler, die zuletzt außen vor waren, bekommen eine neue Chance. Silvere Ganvoula zum Beispiel könnte vom Trainerwechsel profitieren, wenn er sich entsprechend aufdrängt.

Die Verpflichtung eines Bundesliga-Neulings, vielleicht auch bewusst eines Mannes ohne Bochumer Stallgeruch, als Nachfolger von Thomas Reis ist jedenfalls zunächst weder als richtig noch als falsch zu bewerten. Es gibt eine Erfolgs-Chance – und zugleich ein hohes Fallrisiko für die Verantwortlichen.