Bochum. Die Ära Reis ist beim VfL Bochum beendet. Das Bundesliga-Schlusslicht trennt sich vom Aufstiegstrainer. Die Suche nach einem Nachfolger läuft.

Patrick Fabian ist seit zwölf Tagen im Amt. Am Montagnachmittag erklärte der 34-jährige Geschäftsführer Sport des VfL Bochum auf einer Pressekonferenz eine maximal schwierige, hoch emotional diskutierte Entscheidung. Der VfL Bochum trennt sich von Trainer Thomas Reis. Auch sein Co-Trainer Markus Gellhaus ist freigestellt. Ex-Profi Heiko Butscher (42), U19-Trainer beim VfL, übernimmt als Interimstrainer. Die Suche nach einem Nachfolger für Reis hat begonnen. Vor ein paar Wochen noch ein völlig unvorstellbares Szenario.

VfL Bochum: Fans sind nach Reis-Aus emotional

Die Emotionen bei den Fans kochen bereits hoch. In den sozialen Foren überwiegt teils wütendes Unverständnis. Es gibt aber auch Befürworter. In den letzten Wochen und Monaten seit dem Ende der Geisterspiele unterstützten die Fans im Stadion jedenfalls geschlossen ihre Mannschaft. Auch nach Niederlagen.

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Droht nun Unruhe fürs Team statt erhoffter Ruhe im ganzen Klub? „Dass Fans und Umfeld emotional reagieren, ist verständlich“, sagte Fabian. „Wir können nur mit Sachlichkeit, Argumenten und Kommunikation überzeugen. Dann muss der Blick ganz auf Köln gerichtet sein.“ Auf das Heimspiel am Sonntag (17.30 Uhr).

Reis hat gemeinsam mit Sebastian Schindzielorz, Fabians Vorgänger, den VfL aus den Tiefen der 2. Liga geholt seit seiner Ankunft vor fast exakt drei Jahren. Er war das sympathische, das volksnahe Gesicht der Erfolgsstory.

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Der 48-Jährige hat den VfL zur Zweitliga-Meisterschaft und zum Klassenerhalt in der Vorsaison geführt. Der VfL Bochum bedankte sich dafür in der Pressemitteilung – und erklärte sein Aus mit dem „Hier und Jetzt“.

Viel mehr jedenfalls war nicht zu erfahren vom allein gelassenen Fabian bei der Pressekonferenz. Dabei fiel die Entscheidung, sagte er, nach kontroversen Diskussionen gemeinschaftlich. Fabian, sein Geschäftsführer-Kollege Ilja Kaenzig und das Präsidium mit Hans-Peter Villis an der Spitze hatten am Sonntag und zum Teil noch am Montag getagt. Kerngrund für das Reis-Aus: die „prekäre“ sportliche Lage, betonte Fabian mehrmals. Null Punkte. 4:18 Tore. „Wir waren ein paar Mal nah dran, aber es hat nie gereicht. Das hat Gründe.“

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Für die Gründe hat man Reis hauptverantwortlich gemacht. Fabian sprach auch davon, „in die Kabine“ reingehorcht und beim Training genau hingeschaut zu haben. Welche Erkenntnisse daraus in die „tiefe Analyse“ mit einflossen, blieb nebulös. Dem Eindruck, dass die Mannschaft dem Trainer bis zuletzt folgte, widersprach Fabian jedenfalls nicht.

Fakt ist: Die Vertragsverhandlungen mit Reis um seine Verlängerung beim VfL waren im Sommer gescheitert. Reis erklärte in einem Interview mit dieser Redaktion zuerst, dass die Gespräche ruhen. Tage später stellte er via Pressemitteilung klar, dass es Angebote gab, er sie aber abgelehnt habe. Die Gespräche wurden vertagt in den WM-Winter. Hinzu kam der vor zwei Wochen publik gewordene Wechselwunsch von Reis zum FC Schalke 04 bereits im Juni. Der VfL ließ ihn nicht ziehen. Reis dementierte dies, jetzt sagt er nichts mehr dazu.

Sportchef Patrick Fabian (r.) sucht seinen ersten Trainer für den VfL Bochum.
Sportchef Patrick Fabian (r.) sucht seinen ersten Trainer für den VfL Bochum. © firo

Die wie eine Muster-Ehe daherkommende Beziehung zwischen Reis und der VfL-Führung nahm tiefe Risse. „Es waberte“, sagte Fabian zu diesen „Nebengeräuschen“, die man „herunterfahren musste“ vor den letzten Spielen. „Das ist uns ganz gut gelungen.“ Doch das Ergebnis blieb das Gleiche: 0:2 gegen Aufsteiger Bremen. 1:3 beim Aufsteiger Schalke 04.

Fußball-Lehrer Heiko Butscher (42), der seit 2015 als Co-, Interims- und Jugendtrainer beim VfL Bochum ist, soll nur solange übernehmen, bis ein neuer Mann gefunden ist. Ein klares Zeitfenster nannte Fabian aber nicht.

VfL Bochum: Dimitrios Grammozis mit langer VfL-Vergangenheit

Noch habe er mit niemand gesprochen, versicherte er. Bochum hat wenig Geld, muss jetzt zwei Trainer (Reis und Gellhaus bis Juni 2023) und einen Geschäftsführer (Schindzielorz bis Dezember 2022) zusätzlich bezahlen. Das Profil? Er solle „kein klassischer Feuerwehrmann“ sein, so Fabian, „aber auch keiner, der komplett unerfahren ist. Der Trainer muss davon überzeugt sein, dass er mit dem VfL die Klasse halten kann und dies auch vermitteln können. Er soll eine klare Linie im Spiel haben, eine klare Ansprache.“ Ein Kandidat soll der Ex-Schalker Dimitrios Grammozis (44) sein, einer mit langer Bochumer Vergangenheit. Klar ist: Auf Schalke steht der Ex-Profi nach seinem Aus im Aufstiegsjahr noch bis 2023 unter Vertrag. Eine Anfrage von Seiten des VfL Bochum hat es bei den Schalker Verantwortlichen nach Informationen dieser Redaktion noch nicht gegeben.

Ob Grammozis oder ein anderer: Der Reis-Nachfolger tritt ein schweres Erbe beim VfL Bochum an.