Gais. Der Geschäftsführer Sport des VfL Bochum, Sebastian Schindzielorz, wird den Klub zum Jahresende verlassen. Vorher will er noch etwas bewegen.

Mit seiner Ankündigung seinen Vertrag beim VfL Bochum nicht zu verlängern, hat Sebastian Schindzielorz für Gesprächsstoff gesorgt. Inzwischen hat sich die Lage rund um den Geschäftsführer Sport des Bundesligisten beruhigt. Er kann sich wieder einer seiner Hauptaufgaben, der Zusammenstellung des Kaders, widmen. Schindzielorz ist mit im Trainingslager des VfL Bochum in Gais. Dort fand er die Zeit zu einem Interview. Er äußerte sich zu seinen Plänen nach seiner Zeit beim VfL und auch dazu, ob er seinen Vertrag in Bochum bis zum letzten Tag erfüllt.

In einigen Medien gibt es eine Bewertung der Arbeit des Managements der Bundesligavereine. Der VfL Bochum schneidet da gut ab. Bekommen Sie das mit?

Da gibt es viele Medien, die sich dieser Sache widmen. Wir bekommen das mit, hängen das aber nicht zu hoch.

Sebastian Schindzielorz: Kritik gehört beim VfL Bochum zum Job dazu

Aber gibt es Ihnen nicht dennoch ein gutes Gefühl, positive Rückmeldungen zu bekommen. Sie sind als Geschäftsführer Sport ja eher in der Position, in der sie weniger Lob bekommen, einfach, weil sie so einen hohen Posten haben?

Es liegt nun einmal in der Natur der Sache und meiner Aufgabe, dass man sich der Öffentlichkeit stellen muss. Es ist völlig legitim, dass jeder da seine eigene Bewertung hat. Die einen finden es gut, die anderen finden es weniger gut. Unsere Aufgabe ist es, es aufzunehmen, zu filtern, aus diesen ganzen Dingen die richtigen Rückschlüsse zu ziehen und die Sache nach vorne zu treiben. Es ist natürlich kein Geheimnis, dass Lob anders wahrgenommen wird als Kritik. Beides gehört dazu, beides ist völlig normal. Unsere Aufgabe ist es, bei der Einordnung eine vernünftige Balance zu finden.

Die Bewertung ist an das sportliche Ergebnis gebunden. Wenn der VfL direkt wieder abgestiegen wäre, wäre die Bewertung anders ausgefallen, oder?

Sebastian Schindzielorz  ist auch im Trainingslager des VfL Bochum in Südtirol oft am Telefon zu sehen.
Sebastian Schindzielorz ist auch im Trainingslager des VfL Bochum in Südtirol oft am Telefon zu sehen. © FUNKE Foto Services | Dennis Ewert/RHR-FOTO

Das ist so, weil am Ende im Fußball das Ergebnis zählt. Trotzdem glaube ich, dass es viele Menschen gibt, die die Sache differenzierter betrachten und die Zusammenhänge sowie die Komplexität besser einordnen können und am Ende auch wissen, wo der VfL im Gesamtkontext wirtschaftlich und von den Strukturen einzuordnen ist. Aber klar ist, dass die täglichen Ergebnisse bewertet werden. Und da geht dann der Daumen rauf oder der Daumen runter, das ist normal.

Hatten Sie schon die Ruhe, für sich eine Bilanz zu ziehen. Zumal Sie als ein durch ihren Job als ewig getriebener Mensch wahrgenommen werden.

Natürlich gehört es dazu, sich die Zeit und die Ruhe zu nehmen, auch zurückzublicken und in der Nachbetrachtung zu schauen, wie war die Herleitung der Entscheidungen, war es richtig oder nicht richtig. Im Nachgang wirkt vieles einfacher als in dem Moment, wenn man die Entscheidung treffen muss. Das ist ein permanenter Prozess, den man sehr regelmäßig durchläuft, um vorwärtszukommen. Eine strategische, ruhige, vorausschauende Planung ist immer gut. Dennoch muss man sich die Flexibilität bewahren, auf gewisse kurzfristige Dinge eingehen zu können.

Neun neue Spieler sind da. Wie viele kommen noch?

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Diese Frage ist schwer zu beantworten. Es können Dinge passieren, die man jetzt vielleicht noch nicht sieht. Die Dinge verändern sich manchmal stündlich. Nach einem Spiel kann vieles schon wieder anders sein, als es jetzt ist. Ich hoffe, dass wir keine Verletzungen haben. Aber auch das ist im Fußball etwas, was immer passieren kann. Wenn man sich die Kaderstruktur und die Anzahl der Spieler jetzt ansieht, dann könnten einige Positionen noch besetzt werden. In der Gesamtbetrachtung – wir haben keine Zweite Mannschaft, die eine oder andere Position ist etwas dünn besetzt – müssen wir schauen, dass vielleicht noch zwei, drei Spieler dazu kommen.

Dann reden wir über eine Kaderstärke von 24 Spielern?

Es kommt immer darauf an, welche Spieler dazu kommen. Konstantinos Stafylidis kann mehrere Positionen spielen. Wenn wir jemanden finden, der flexibel einsetzbar ist, sind es eher zwei. Wenn wir Spezialisten für Positionen finden, sind es vielleicht eher drei. Vielleicht sind aber auch in Kürze alle fit und die Gruppe findet sich so super zusammen, dass sie in der Konstellation zusammenbleibt. Wir wollen flexibel bleiben und uns nicht zu früh festlegen.

Also über welche Positionen diskutieren sie intern?

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Jetzt ist Anfang Juli. Da gibt es auf dem Transfermarkt diesen oft zitierten Domino-Effekt, wenn ein Club anfängt und die anderen nachziehen. Wir hatten viel zu tun. Wichtig war, dass wir uns auf bestimmten Positionen frühzeitig aufstellen und auch das Trainingslager dazu nutzen, die Integration voranzutreiben. Aber noch einmal: Man muss sich Flexibilität bewahren. Und wenn sich Dinge auftun, die jetzt noch keiner erwarten kann, dann muss man von der Kadergröße und der wirtschaftlichen Ausstattung in der Lage sein, etwas tun zu können. Ziel ist es nicht, so früh wie möglich fertig zu sein, sondern so gut wie möglich.

Ihr Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Werden Sie Ihren Vertrag erfüllen? Wie sieht da Ihre Planung aus?

So wie im Vertrag niedergeschrieben. Ich habe schon gesagt, dass für mich der VfL Bochum eine besondere Geschichte ist und ich es auch als Herzensangelegenheit gesehen habe, den Klub wieder zurück in die Bundesliga zu bringen. Das haben wir geschafft. Dann haben wir den Klub in der Liga gehalten. In den letzten Monaten habe ich für mich aber auch innerlich gespürt, dass es an der Zeit ist, diesen Zyklus zu beenden und eine neue Herausforderung, ein neues Projekt zu suchen. Ich habe alle meine Verträge vom ersten bis zum letzten Tag erfüllt und ich gehe davon aus, dass das auch hier der Fall sein wird. Das ist der Status quo.

Welche Rückmeldungen haben Sie erreicht, nachdem die Nachricht raus war, dass Sie den VfL Bochum verlassen?

Es gab viele Rückmeldungen, in denen sich die Menschen für den gemeinsamen Weg bedankt haben und dass es eine sehr erfreuliche Entwicklung beim VfL Bochum gibt. Die Mitgliederzahl ist gestiegen, die Anzahl der verkauften Trikots, Dauerkartenverkäufe, die sportliche Entwicklung innerhalb dieser viereinhalb Jahre. Natürlich blickt man da mit Stolz drauf und freut sich, wenn das Feedback ist, dass man gerne zusammen die Entwicklung noch weiter vorangetrieben hätte. Es war keine einfache Entscheidung. Aber ich bin fein damit. Ich bin dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, dankbar für die Unterstützung der Mitarbeiter, Fans, Mitglieder. Es war ein guter Weg und der ist auch noch nicht zu Ende. Es liegen ja noch ein paar Monate vor uns. Ich freue mich auf diese Zeit und dann werde ich mich meinen neuen Herausforderungen widmen, aber auch gleichzeitig den VfL Bochum als Fan weiterhin begleiten.

Dass hört sich nicht danach an, als würden Sie sich Ende des Jahres zur Ruhe setzen.

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Nein. Das könnte ich nicht und es hat in meinen Gedanken auch nie eine Rolle gespielt. Wichtig war und ist, dass ich meine Arbeit in Bochum zu einem guten Ende bringe. Es gibt noch Sachen zu tun und zu regeln, da sind wir dran. Und dann werde ich schauen, wo wieder ein Projekt für mich ist, zu dem ich eine gewisse Identifikation entwickeln kann. Mal sehen, wo das sein wird. Die jetzige Entscheidung ist aus den Prozessen beim VfL Bochum entstanden, und nicht, weil da ein Dritter reingefunkt hat. Ich bringe die eine Sache erst zu Ende, bevor ich mit einer neuen auseinandersetze.

Gibt es Neues beim Talentwerk? Da steht noch kein neuer Sportlicher Leiter fest.

Ja, da gibt etwas Neues. Das Talentwerk ist wichtiger Bestandteil des Klubs. Wir haben uns intensiv mit den Dingen auseinandergesetzt. Sowohl personell als auch von der Struktur her. Wir haben daraus dann gewisse Szenarien entwickelt. Wir wollen ein Stück weit in die Struktur eingreifen und es ein bisschen anders aufstellen. Wir haben auch eine Idee, mit welchem Personal wir das tun. Jetzt müssen wir nur die ganzen Komponenten in den Einzelgesprächen und in der Aufgabenverteilung zusammenbringen und abschließen. Auch da sind wir auf einem guten Weg. Ich glaube, dass wir eine sehr gute Lösung hinbekommen, um das komplexe Thema zu entzerren, sodass sich dann die Mitarbeiter auch spezifisch auf Gebiete konzentrieren können. Generell geht im Fußball die Entwicklung dahin, dass es keine One-Man-Show ist und es nur über Kompetenz-Verteilung geht.

Sebastian Schindzielorz, Geschäftsführer Sport beim VfL Bochum, im Interview mit WAZ-VfL-Reporter Markus Rensinghoff
Sebastian Schindzielorz, Geschäftsführer Sport beim VfL Bochum, im Interview mit WAZ-VfL-Reporter Markus Rensinghoff © FUNKE Foto Services | Dennis Ewert/RHR-FOTO

Der 1. August wurde von der DFL bei der Lizenzierung als Termin genannt, wo der VfL Bochum einen neuen Leiter des Talentwerkes präsentieren muss. Klappt das?

Wir sind im Austausch mit der DFL. Wenn man signalisiert, dass man an Lösungen arbeitet, dann gibt es immer Möglichkeiten, den Anforderungen gerecht zu werden, auch außerhalb des vorgegebenen Zeitfensters. Dann gibt es Aufschub, wenn wir am 1. August noch keinen neuen Leiter präsentieren können. Es geht immer im Dialog. Wir wollen natürlich gerne vor der Saison das Thema von der Agenda streichen können. Im Talentwerk liefen auch ohne Alex Richter die Prozesse weiter. Wir haben dort qualifizierte Mitarbeiter, die wissen was sie tun, die Struktur hat gepasst. Wir planen eine Fokussierung auf Teilbereiche. Da wird es keine 180-Grad-Kehrtwende oder eine komplette Neuausrichtung geben. Die ist nicht nötig, wie die Beispiele Armel Bella Kotchap, Maxim Leitsch und Tim Oermann zeigen.