Bochum. Kein VfL-Spieler hat mehr Bundesliga-Einsätze in dieser Saison – Fan-Liebling war Sebastian Polter aber anfangs nicht. Das hat sich geändert.

Sebastian Polter ist mit acht Saisontreffern der beste Torschütze des VfL Bochum in der Bundesliga. Er ist Mittelstürmer, eine echte Neun. 1,92 Meter, kantig. Aber das ist natürlich nicht alles: „Ganz klar: Der zentrale Stürmer ist in vorderster Front der erste Verteidiger. Wir definieren uns als Mannschaft auch darüber, vorne immer gut anzulaufen. Das ist unsere Philosophie, die Gegner vorne schon so zu stressen, dass sie Fehler machen“, sagt Polter vor dem Spiel bei Borussia Dortmund am Samstag. „Wenn du stehst und passiv bleibst, dann wartest du nur auf das Tor. Das solltest du nicht tun.“

Am Mittwoch war der VfL-Angreifer beim Talk „WAZ Live anne Castroper“ zu Gast und beantwortete eine Dreiviertelstunde lang die Fragen von Reporter Ralf Ritter, Moderator Christopher Kremer und WAZ-Leserinnen und Lesern – zu seiner Karriere und zu seinen Einstellungen, zum Derby, zur Saison des VfL Bochum, die eine Erfolgsgeschichte ist, in der Polter eine der Hauptrollen spielt.

VfL Bochum: Das Murren der Kurve über Polter ist verstummt

Mit seiner körperlichen Erscheinung, aber auch seiner Erfahrung war Polter genau der Stürmer, den die VfL-Verantwortlichen nach dem Aufstieg gesucht hatten. Als Ergänzung und Gegenstück zu Simon Zoller, dem auch als „Pressing-Anführer“ gefeierten Torschützen der Vorsaison. Die Kombination klappte perfekt: erstes Bundesliga-Heimspiel: Flanke Zoller, Kopfball Polter, Tor. Mainz geschlagen, der VfL selig. Nach Zollers Verletzung wurde Polters Rolle aber größer als geplant – und der gebürtige Wilhelmshavener füllte sie voll aus und überwand auch schwierige Phasen.

Ein Bild, wie gemalt: Sebastian Polter nach seinem Führungstreffer im Hinspiel gegen Borussia Dortmund. Es war das 1:0 für den VfL Bochum.
Ein Bild, wie gemalt: Sebastian Polter nach seinem Führungstreffer im Hinspiel gegen Borussia Dortmund. Es war das 1:0 für den VfL Bochum. © Getty Images | Joosep Martinson

Nicht immer hatte Polter die Fans geschlossen hinter sich. Das Murren der Kurve war in der Hinrunde kaum zu überhören, wenn Polter der Ball beim Stoppen versprang oder ein Pass ungenau kam. Trainer Thomas Reis und Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz stärkten ihm den Rücken – und Polter verdiente sich die Zuneigung der Fans. Er wurde eins der Gesichter der Mannschaft. Mit Einsatz auf dem Platz und direktem, ehrlichem Auftritt in Interviews nach dem Spiel.

Im Rückspiel gegen Mainz gab es dann (mal wieder) Diskussionen um einen Strafstoß: Polter stritt sich mit Milos Pantovic, gewann die Diskussion, verschoss aber den Elfmeter. Im Nachhinein sagt er, das habe in der Außenwirkung nicht gut ausgesehen. Nun seien die Schützen immer fest eingeteilt. Abgehakt und draus gelernt.

Bochumer Mannschaft muss sich

Die Mannschaft habe sich an die Liga gewöhnen müssen, erklärt Polter, für viele Profis war die Bundesliga Neuland. „Da wurden wir oft bestraft“, so Polter. „Wir haben untereinander zugehört, haben Kritik angenommen und auf das Wesentliche konzentriert, was uns stark macht. Die Punkte haben uns gefestigt. Das haben wir über lange Phasen der Saison bravourös gemacht.“

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Polter war in fast allen Phasen dabei, hat in 30 von 31 Spielen auf dem Platz gestanden, keiner spielte beim VfB häufiger. Simon Zoller war verletzt, Silvére Ganvoula und Soma Novothny nicht auf Polters Niveau. Auch Jürgen Locadia konnte ihn nicht dauerhaft verdrängen. Jetzt ist Simon Zoller aber zurück, gegen Augsburg saß Sebastian Polter nur auf der Bank.

„Man hat gesehen, dass Zolli nicht nur auf dem Platz wichtig ist, er ist vor allem in der Kabine wichtig. Er war einige Monate aufgrund seiner Verletzung morgens nur selten in der Kabine. Dass er jetzt wieder da ist, spricht für seinen Charakter“, antwortet Polter auf die Frage von WAZ-Leser Stefan.

In Dortmund will er in die Startelf

Er freut sich. Auch, wenn er auf die Bank muss, was ihn wurmt. „Ich bin dann für mich selbst sauer“, sagt Polter, „aber das würde ich nie in der Mannschaft oder am Trainer rauslassen. Wir sind im Teamsport, sonst hätte ich mich für Tennis entscheiden müssen.“ Ob er in Dortmund wieder spiele, „das liegt an mir, wie ich reagiere und trainiere. Ob ich dem Trainer absolut zeige, dass ich in die Startelf gehöre.“

In Dortmund kann der VfL den Klassenerhalt endgültig perfekt machen. Für Polter ist das ein Erfolg „wie die Champions League für Dortmund oder Leipzig.“

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Natürlich steht gegen Haaland, Co. das Verteidigen an erster Stelle. Auch für Polter: „Was sehr besonders ist, ist die Spielweise von Dortmund. Viele Spieler spielen viele verschiedene Positionen, wechseln immer wieder. Sie sind gar nicht richtig greifbar. Es ist wichtig, dass wir aus unseren Positionen heraus gut verteidigen und unsere Umschaltmomente sehr effizient ausnutzen.“

Das gelang im Hinspiel einmal. BVB-Torwart Gregor Kobel foulte Christopher Antwi-Adjei, den Strafstoß verwandelte Polter zur Bochumer Führung kurz vor der Pause. Am Ende blieb ein Derbypunkt, der sich anfühlte wie drei – und das Bild von Mittelstürmer Sebastian Polter, der vor den VfL-Fans seinen Jubel herausschreit.