Bochum. Nach dem 4:2-Sieg über den FC Bayern München waren Spieler und Verantwortliche des VfL Bochum begeistert. Es wurde auch zur Vorsicht gemahnt.

Mit 4:2 hat der VfL Bochum Bayern bezwungen und dabei nicht nur mit Leidenschaft, sondern auch mit Spielfreude geglänzt. „Das war ein Wahnsinnsspiel an der Castroper Straße“, sagte Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz. „Nach dem Rückstand sind wir sehr gut zurück gekommen, haben fantastische Tore erzielt, unser Herz wirklich auf dem Platz gelassen, uns in die Bälle geschmissen und darüber hinaus auch ansehnlich gespielt. Wir haben viele schöne, gefährliche Angriffe kreiert“, analysierte der Manager. „Es ist eine Halbzeit, es ist ein Spiel, das in den Geschichtsbüchern des VfL Bochum auftauchen wird.“

VfL Bochum lässt Bayern-Serie gegen Aufsteiger reißen

Allerdings. Bayern kassierte erstmals seit 46 Jahren vier Tore in der ersten Halbzeit. Bayern verlor erstmals nach 23 Siegen und einem Remis zuvor ein Bundesliga-Spiel gegen einen Aufsteiger. Bochum erzielte erstmals vier Tore in einer Halbzeit gegen den FCB und gewann erstmals seit 18 Jahren gegen den Rekordmeister. Auch in 90 Minuten waren Bochum vier Bundesliga-Tore lange nicht mehr geglückt. Letztmals gelang dies in der Bundesliga im November 2007, als der VfL Wolfsburg sogar fünf Stück kassierte beim Bochumer 5:3-Sieg.

Anthony Losilla gewann zahlreiche Zweikämpfe gegen Leroy Sané.
Anthony Losilla gewann zahlreiche Zweikämpfe gegen Leroy Sané. © Udo Kreikenbohm

VfL Bochum: Schindzielorz mahnt und blickt bereits auf Stuttgart

Doch nach der historischen Einordnung gab es auch den mahnenden Blick voraus, das Einschwören auf weiter harte Arbeit im Kampf um den Klassenerhalt. „Wir freuen uns über die drei Punkte, die uns weiterhelfen“, sagte Schindzielorz. „Wir können den Sieg genießen, aber wichtig wird es sein, dass wir uns dann auch wieder sammeln und das sehr wichtige Spiel in Stuttgart fokussiert angehen.“ Beim VfB, der am Samstagabend mit 2:4 in Leverkusen verlor, steigt die nächste von noch zwölf Bundesliga-Partien am kommenden Samstag. Stuttgart hat als Siebzehnter bereits zehn Punkte Rückstand auf den Tabellenelften Bochum (28). Vor Relegationsrang 16 (FC Augsburg) beträgt der Vorsprung Bochums nun sechs Punkte. „In der Bundesliga werden keine Fehler verziehen, auch in den nächsten Wochen müssen wir an das Leistungsmaximum kommen“, sagt Schindzielorz. „Die Saison geht in die heiße Phase, in der man körperlich und mental voll da sein muss. Das waren wir heute, das müssen wir auch in der kommenden Woche sein.“

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Im Fokus an diesem denkwürdigen Samstag aber stand letztlich erst einmal die Freude, der Stolz auf eine kämpferisch und spielerisch eindrucksvolle Leistung gegen die Bayern – und auch der Dank an die Fans. 8.500, mehr durften wegen der Coronaregeln nicht hinein, sorgten für eine fantastische Stimmung im Ruhrstadion. „Es ist beeindruckend, welche Leistung unsere Fans bringen. Wir merken, wie sie uns pushen, das bringt uns unheimlich viel Power“, meinte etwa Kapitän Anthony Losilla, der mit dem Realisieren des Geleisteten mehr Probleme hatte als mit Leroy Sane und Co. auf dem Platz. „Das war ein krankes Spiel, eine kranke erste Halbzeit. Nach der Führung von Bayern haben wir richtig gut reagiert. Wir haben Traumtore erzielt, es hat einfach alles geklappt“, so der Kapitän.

Losilla berichtet von einer konzentrierten Stimmung in der Pause

Zur Pause in der Kabine, nach dem 4:1, war die Stimmung entsprechend dem Resultat – aber auch weiterhin konzentriert. „Wir wussten in der Halbzeit, wie stark Bayern ist, dass sie immer ein Spiel noch drehen können. Wir haben weiter alles reingeworfen und sind für unsere Leidenschaft belohnt worden“, meinte Losilla.

Auch Vfl-Trainer Thomas Reis erklärte die hoch gehaltene Spannung in der Kabine zu einem von vielen Schlüsseln zum Erfolg. „Wir haben eine tolle erste Halbzeit gespielt, Bayern vier Tore eingeschenkt und super verteidigt mit Mann und Maus. Das Gegentor hat uns nicht umgeworfen, wir haben weiter aktiv Fußball gespielt“, sagte der Trainer. „Dann passt vieles zusammen, auch zwei Sonntagsschüsse, die nicht alle Tage passieren. Aber wir haben in der Halbzeit gesagt, dass Bayern immer in der Lage ist, ein Spiel zu drehen, wenn du sie angepiekst hast. Wenn wir ein fünftes Tor gemacht hätten, wäre es vielleicht etwas ruhiger verlaufen. Aber wir haben fast immer einen Fuß dazwischen gehabt, weiter sehr gut verteidigt.“

Leitsch war erst kurz vor dem Schluss vom Sieg überzeugt

Innenverteidiger Maxim Leitsch war erst kurz vor Schluss endgültig überzeugt, dass „was gehen kann“ heute, wie er meinte. „In der Halbzeit war Euphorie da, aber wir mussten uns auch bremsen, weil jeder weiß, dass Bayern auch in einer Halbzeit drei Tore schießen kann“, sagte der 23-jährige. „Das haben wir geschafft, auch wenn Bayern noch ein paar Chancen hatte. Es war eine Megastimmung im Stadion, das hat uns auch gut angetrieben.“

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Jetzt gelte es, so der Tenor allüberall, nächste Woche auch in Stuttgart mit dieser Energie aufzutreten. Gerrit Holtmann, mit seinem Tempo selten zu bändigen vom FC Bayern, gab die Richtung schonmal vor: „Keiner ist mit 28 Punkten in der Liga geblieben, wir dürfen uns nicht ausruhen. Wir wissen, was nächste Woche los sein wird in Stuttgart, die stehen mit dem Rücken zur Wand. Wir müssen voll dagegen halten.“