Bochum. Er ist Bochums Rekordspieler und eine Ikone ohne Allüren. Ata Lameck hat lange um den VfL gezittert, jetzt schwärmt er von dem aktuellen Team.
Wenn am Sonntag das vorletzte Heimspiel der Saison angepfiffen wird im Ruhrstadion, wird auch sein Stammplatz wieder leer bleiben. Wie bei allen Geisterspielen in dieser Saison. Michael „Ata“ Lameck, Rekordspieler und Vereinslegende des VfL Bochum, wird im Wohnzimmer eines Freundes vor dem Fernseher mitfiebern, wenn sein Herzensklub gegen den SSV Jahn Regensburg (13.30 Uhr/Sky) einen ganz großen Schritt machen will zum Bundesliga-Aufstieg.
„Wir haben die Spiele jetzt immer zu zweit geguckt. Es gibt frische Würstchen, die besten der Welt“, sagt Lameck mit einem Schmunzeln. „Das hat doch bisher gut geklappt.“ Allerdings! Bochum ist Spitzenreiter. „Man muss ja vorsichtig sein“, sagt der 71-Jährige drei Partien vor dem Saisonende. „Aber wenn wir gewinnen, sind wir zu 80 Prozent durch.“ 63 Punkte hätte der VfL dann, Platz drei sicher – und den Aufstieg vor Augen. „Warum sollten wir jetzt einen Knacks kriegen? Die Mannschaft ist stabil.“
Die VfL-Fans tun Ata Lameck gerade sehr leid
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Natürlich: Lameck wäre gern im Stadion dabei, aber mit tausenden Anhängern zusammen. „Für die Fans“, sagt er, „tut es mir unheimlich Leid. Endlich spielen wir so eine erfolgreiche Saison, und keiner darf hin.“ Lameck ist ja immer einer von ihnen geblieben, eine Ikone ohne Alllüren und Fan seines Klubs zugleich – auch als Rekordspieler. Ein Nachkriegsjunge aus Essen, der früh zu schätzen lernte, wenn er ein paar Pfennige übrig hatte für die Majo zur Pommes. Einer, der gerne sagt, dass er doch früher nur seinen Job erledigte wie andere ihren. Und einer, dem der Fußball am Herzen liegt. Als Sport, nicht als Geschäft.
Bis zum ersten Lockdown verpasste er ja nur ganz selten mal ein Training der Profis des VfL, er scherzte über Fehlschüsse, hauchte sein typisches „klasse“ in die Luft bei einer starken Aktion, bei jedem Wetter. Lameck kümmert sich mit Herzblut um die Kinder der VfL-Fußballschule, ist Teamchef der Traditionsmannschaft – wenn er wieder ran darf. Die Coronakrise hat neue Regeln gesetzt.
Ata Lameck gehörte zu den Unabsteigbaren
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Aber Lameck jammert nicht, das hat er nie getan. Er hofft, dass es bald aufwärts geht. „Ich bin gesund, mir geht es doch blendend“, sagt er. Und zweifellos noch besser, wenn es klappt mit dem ersehnten Aufstieg nach elf Jahren in der zweiten Klasse. „Das ist schon eine lange Zeit“.
Lameck spielte in einer anderen Liga. Er ist der Größte der einst Unabsteigbaren. Von 1972 bis 1988 hielt er in 518 Bundesligaspielen seine Knochen hin, immer für den VfL Bochum. Er zählt zu den elf Klub-500-Spielern der Bundesliga. Gegen Borussia Mönchengladbach feierte der Mittelfeld- und Abwehrspieler einen seiner emotionalsten Siege, mit dem 3:0 zur Einweihung des Flutlichts. Unvergessen auch das 6:0 gegen den FC Schalke 04 vor 40 Jahren oder das legendäre 5:6 gegen den FC Bayern nach einer 4:0-Führung. Schalke ist mal abgestiegen zu seiner Zeit und Dortmund auch. „Wir nicht.“
Später, nach seiner Karriere, änderte sich das. Auf fünf Abstiege folgten fünf Aufstiege und 2010 ein Schnitt: Seitdem mutierten die Bochumer zu den Unaufsteigbaren. Oft ging es gar gegen den Sturz in die Drittklassigkeit, zitterte Lameck um den Klub, um Arbeitsplätze. Vor 15 Monaten noch stand der VfL tief im Abstiegskampf.
Der VfL Bochum steht auf Platz 13 der ewigen Bundesliga-Tabelle
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Eine harte Zeit. Lameck will Gegner wie Regensburg oder Sandhausen nicht kleinreden, das verbietet ihm sein Respekt vor der Arbeit dort. „Aber wenn man dann den Fernseher einschaltet und Dortmund gegen Bayern oder Gladbach sieht im ausverkauften Stadion, dann tut das schon weh.“ Und wenn Lameck eher beiläufig erwähnt, dass der VfL Bochum immer noch auf Rang 13 der ewigen Bundesliga-Tabelle steht, ahnt man: Die Zweite Liga, sie schmerzt. Lameck sagt tapfer: „Es bringt nichts, der Vergangenheit hinterherzuheulen. Man muss in der Zweiten Liga hart arbeiten, in jedem Spiel, gegen jeden Gegner. Dann wird man belohnt.“
So wie in dieser Saison, meint Lameck, der sich hochgekämpft hat als Spieler mit seiner Einstellung, der mit Hermann Gerland, Jupp Tenhagen, Walter Oswald und Lothar Woelk gegen Gerd Müller vom FC Bayern spielte oder Kevin Keegan vom HSV.
Applaus von Lameck für den Trainer, das Team und die Klubführung
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Heute heißen die Hauptdarsteller des VfL Anthony Losilla, Manuel Riemann, Simon Zoller. Die Zeiten, man könne sie nicht vergleichen, betont Lameck, und findet doch Grundsätzliches, das wichtig bleibt für den Erfolg, für Anerkennung gerade in Bochum. „Die Mannschaft rackert gemeinsam“, sagt er, und Teamwork sei „das A und O. Wir hatten damals ein festes Gerippe von sieben, acht Spielern, wir waren ein echtes Team.“ Auch Trainer Thomas Reis hat einen festen Stamm, strahle Ruhe aus und wisse als Ex-Profi „wie die Spieler ticken“.
Ein weiterer Faktor für den Erfolg: Ruhe im Klub. Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz, Finanz-Geschäftsführer Ilja Kaenzig, Trainer Thomas Reis, „das passt. Es gibt kein Theater, alle arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen.“ Erfolgreich. Sein Wunsch? Ata Lameck zögert keine Sekunde: „Aufsteigen und dann drinbleiben.“