Bochum. Der VfL Bochum hat nach ganz schwacher erster Halbzeit in Paderborn mit 0:3 verloren. Trotzdem steigt er am Ende auf. Ein Kommentar.
Kein Zugriff, keine Entschlossenheit, keine Aggressivität, kein Tempo, keine Geschlossenheit. Im ersten Durchgang fehlte dem VfL Bochum so ziemlich alles, was ihn ausgezeichnet hat in dieser Saison. „Wir waren wirklich nicht im Spiel, von vorne bis hinten“, sagte Innenverteidiger Maxim Leitsch treffend. Und Trainer Thomas Reis hatte die schwächste erste Halbzeit seines VfL in dieser Saison gesehen.
Es war ein gebrauchter Tag. Dazu passte ja auch der Chancenwucher im besseren Durchgang zwei. Es gab Spiele in dieser Saison, die hat der VfL mit dieser Zahl an Möglichkeiten souverän gewonnen.
Nicht immer aber darf man sich auf das Matchglück verlassen, im rechten Moment effektiv zu sein. Und auch wenn es eine Binse ist: Glück muss man sich halt verdienen. In Paderborn hatte sich das der Gastgeber verdient.
Robert Zulj ist nicht zu ersetzen - aber der Grund für die Niederlage ist sein Fehlen nicht
Die Niederlage des VfL auf das Fehlen von Robert Zulj zu schieben, wäre auch deshalb viel zu einfach. Thomas Eisfeld übernahm Zuljs Position. Ersetzen kann er den Österreicher in der Form dieser Saison nicht, das kann nur über das Kollektiv funktionieren, wenn überhaupt. Das Kollektiv aber versagte in Durchgang eins seinen Dienst in fast jeder Beziehung. Eisfeld war über die 90 Minuten gesehen sogar noch einer der besseren Bochumer.
Richtig ist: Zulj ist ein Unterschiedsspieler, den Bochum über die Distanz betrachtet dringend in guter Form braucht für den Aufstieg – und zwar in einem Team, das als Team funktioniert. Wie so oft in dieser hervorragenden Spielzeit, denn genau diese mannschaftliche Geschlossenheit und Stabilität zeichnet den VfL ja aus. Individuell exklusiver, zumindest teurer besetzt sind andere. Wie der HSV, Hannover oder Düsseldorf.
Bisher hat Bochum nach Niederlagen immer eine gute Reaktion gezeigt
Bochum aber ist Spitzenreiter und bleibt dies auch, wenn Kiel und Fürth ihre Nachholspiele gewinnen sollten. Hamburg liegt weiterhin vier Punkte zurück bei nur noch sechs Spielen. Bochum hat den Aufstieg in der eigenen Hand. Und die Konkurrenz wird weiterhin sicherlich auch nicht jedes Spiel gewinnen. Zumal Kiel vom Coronavirus - leider - schwer gebeutelt ist, erneut in Quarantäne ist bis zum 20. April und sich nicht auf sein Mammutprogramm im Saisonfinale vorbereiten kann.
Kiel in Quarantäne: Die gesamte Liga hat schon jetzt ein großes Problem
Es bleibt zu hoffen, dass Kiel es überhaupt schafft, sein Programm zu Ende zu bringen bis zum 23. Mai. Sonst hat nicht nur der KSV Holstein, sondern die gesamte 2. Liga, der gesamte Profifußball ein riesiges Problem mit Fragen, auf die es bisher keine seriösen Antworten gibt. Stand jetzt ist „nur“ sicher, dass Kiel einen immensen Wettbewerbsnachteil hat.
Was losgelöst von der Coronavirus-Problematik noch für den VfL-Aufstieg spricht? Die Mannschaft ist sehr erfahren, sie kann mit Druck umgehen. An einer Aufstiegs-Nervosität scheiterte der VfL in Paderborn jedenfalls nicht. Und bisher ist es Bochum immer gelungen, nach Aussetzern erfolgreich zurückzukehren. Nach dem 0:2 gegen Fürth zum Beispiel gab es ein 3:1 beim Hamburger SV. Nach dem 0:2 in Hannover ein 3:0 gegen Heidenheim. Nach dem 0:1 in Aue ein 3:0 gegen Würzburg.
Aggressivität in den Zweikämpfen ist die Basis
Dass allerdings ein Erfolg nach vorheriger Pleite keine Selbstverständlichkeit ist, sondern der Lohn für Präsenz in den Zweikämpfen, für ein konzentriertes Auftreten von Beginn an, das wird Trainer Thomas Reis seinen Spielern in der kommenden Woche sicherlich noch einmal vor Augen führen, dies muss der VfL gegen Hannover beherzigen. Wenn zudem der unberechenbare, leider prägende Faktor dieser Spielzeit, das Coronavirus, nicht dazwischen grätscht: Dann spricht weiterhin viel dafür, dass der VfL Bochum am späten Nachmittag des 23. Mai dort steht, wo er jetzt steht. Ganz oben.